*20* Lunaqualitäten

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Jesley's P.o.V:

Hellwach liege ich schon seit Stunden in meinem Bett und kralle meine Finger in die Kissen.

Mit jedem Tag, den ich in Clayden's Nähe verbringe, fühle ich mich ein Stück mehr zu ihm hingezogen.

Und genau deshalb kann ich nicht schlafen, jeder Zentimeter dieses Hauses riecht nach ihm und ich spüre seine Präsenz, seine Anwesenheit und sie macht mich verrückt.

Ich schaue auf die Uhr, es ist bereits zwanzig nach neun, zwei Minuten später seit ich das letzte Mal auf die Uhr geschaut habe.

Geschlafen habe ich keine Sekunde und das werde ich spätestens wenn ich aufstehe bereuen.

Es klopft an meiner Tür und ohne auf Antwort zu warten tritt Cole ein. Sofort springe ich aus dem Bett - und bereue.

Kleine schwarze Punkte fangen an vor meinen Augen zu tanzen und ich setze mich rasch aufs Bett, zum Glück verschwinden die Punkte wieder.

»Guten Morgen Sonnenschein... Ähmm... Oder soll ich lieber gruseliger Zombie sagen? Ist schon wieder Halloween? Also ich hätte dir ja vorgeschlagen dass du als Sensenfrau oder so gehst, dann kannst du ein paar Leute verhauen oder so aber Zombie ist auch völlig...«

Er scheint meinen 'WTF ich Schlag dich gleich!-Blick' bemerkt zu haben denn er verstummt plötzlich und schaut mich zerknirscht grinsend an.

»Ich hätte zwei Sätze vorher aufhören sollen, oder?«

Ich nicke und setze einen finsteren Blick auf.

»Was willst du?«

»Dich zum Essen holen. Es ist Sonntag, da frühstücken die Familie vom Alpha und die Familie vom Beta immer zusammen und da du die Mate vom zukünftigen Alpha bist gehörst du quasi schon zur Familie, auch wenn du weder Markiert bist, noch mit ihm geschlafen hast, ihn noch nichtmal geküsst hast und ihn auch nicht akzeptiert hast, was du doch hoffentlich machst weil sonst hat dieses Rudel bald keine Luna mehr und das wär echt...«

Er muss Luft holen und zieht unter meinem strengen Blick ein wenig den Kopf ein.

»Schon wieder zu viel? Ich sollte meine Klappe besser halten, also komm einfach mit.«

»Ich will nichts Frühstücken und die Familie geht mir am Arsch vorbei.«

Widerspreche ich ihm und lasse mich gelangweilt zurück in die weichen Kissen fallen.

»Aber du musst mit, Anweisung von Clay und der hat die Anweisung von seinem Vater, der zufällig der Alpha ist!«

»Dann sagst du eben Clayden und seinem Vater dass die allerliebste Mate eine kurze Nacht hatte und sich deswegen gerne ausruhen möchte. Allein!«

»Aber du...«

»Muss ich mich deutlicher ausdrücken?!?«

Eine seltsame Dominanz schwingt in meiner Stimme mit, was dem Gesagten einen gefährlichen Touch verleiht, was wiederum Cole so sehr einschüchtert, dass er einen Kopf kleiner wird.

»Ja Luna«

Murmelt er tonlos und dreht sich um.

»Nenn mich nicht so! Ich bin keine Luna!«

»Ja Jesse«

Korrigiert er sich und geht ohne weiteres hinaus. Wow, ich bin wohl doch beängstigender als ich angenommen habe!

Zufrieden kuschle ich mich in die weichen Kissen und schließe für ein paar Sekunden die Augen.

Leider gehen diese Sekunden viel zu schnell vorbei und meine Zimmertür wird heftig aufgerissen.

Ich brauche gar nicht hinzuschauen um zu wissen dass es Clayden ist, der mit wutverzerrtem Gesicht in meinem Zimmer steht und gleich platzt vor Wut.

»Was soll das? Du willst dich schon wieder in deinem Zimmer verkriechen?!? Ist das dein Ernst?!?«

»Sieht so aus«

Murmele ich schläfrig und schließe meine Augen wieder.

»Jesse das kannst du nicht bringen. Wir sind Mates, ich werde Alpha und du Luna, du musst es irgendwann akzeptieren!«

»Ach ja? Ich muss? Ich sag dir was, ich muss gar nichts, ich bin ein freies Wesen, habe kein Rudel, unterwerfe mich niemandem, gehöre nur mir allein! Du hast keinen Anspruch auf mich und du sollst mir verdammt nochmal nicht sagen was ich zu tun oder zu lassen habe!«

Knurre ich böse und schon wieder schwingt diese Dominanz mit, doch im Gegensatz zu Cole beeindruckt das Clayden Recht wenig.

Zwar schaut er anfangs etwas bedröppelt, doch kurz darauf ziert ein seeliges Lächeln sein hübsches Gesicht.

»Ich wusste du hast das Zeug zur Luna!«

Verwirrt setze ich mich auf. Warum fangen ständig alle von diesem Luna Scheiß an??

»Habe ich nicht! Lass mich in Ruhe damit!«

»Ich höre es doch! Deine Stimme, dieser Befehlston, das ist sowas ähnliches wie meine Alphastimme. Du zwingst deinen Gegenüber sich dir zu unterwerfen, nur klappt das bei mir nicht weil ich gleichrangig bin. Deshalb hat meine Alphastimme bei dir auch nicht angeschlagen.«

Wie ein kleines Rehkitz sitze ich auf dem Bett und schaue Clayden aus ziemlich großen Augen an.

Er hat Recht. Verdammt. Cole hat sich mir unterworfen, er hat mich mit Luna angeredet und auf meinen Wunsch diese Bezeichnung unterlassen.

Anscheinend habe ich doch mehr Lunaqualitäten als mir lieb ist.

»Wie auch immer, du siehst ziemlich fertig aus. Ruh dich aus, es macht jetzt keinen Sinn dir irgendein Gespräch aufzuzwingen. Wir sprechen uns später.«

Verabschiedet er sich und verlässt leise das Zimmer. Ich bleibe noch ein wenig sitzen und denke über das Gesagte nach. Aber wie ich es auch drehe und wende, es läuft immer darauf hinaus, dass er nicht gut für mich ist.

Schlafen kann ich jetzt sowieso nicht mehr, deshalb ziehe ich mir eine schwarze Jeans und einen XXL Pulli an und Bürste mir kurz durch mein dunkles Haar.

Da die beiden Familien unten essen und ich nicht unbedingt gesehen werden möchte klettere ich kurzerhand aus dem Fenster und springe hinunter.

Nach einer perfekten Landung mache ich mich auf den Weg... Auf den Weg... Oh man, ich hab keine Ahnung wo ich hin soll!

Zögerlich gehe ich etwas in Richtung der Blockhütten, in denen vermutlich die anderen Werwölfe wohnen. Irgendwann werde ich schon jemanden treffen, der mir sagen kann wo dieser Raum 047 ist.

Eine ganze Weile schlendere ich suchend um die Blockhütten umher, doch keine Menschenseele ist in Sicht.

Wahrscheinlich ist das Sonntagsfrühstück im gesamten Rudel Tradition, das würde bedeuten dass ich freie Bahn habe.

Eine einsame Joggerin kommt in ziemlich flottem Tempo angerannt, sie riecht stark nach Wolf.

Wild winkend Stelle ich mich ihr in den Weg und sobald sie vor mir steht nimmt sie die Kopfhörer von den Ohren und schaut mich belustigt und neugierig an.

»Hi, ähm, sorry wenn ich dich störe oder so aber ich kenne mich hier noch nicht so gut aus«

Sage ich und die grinst mich freundlich an.

»Das hab ich mir schon fast gedacht. Bist wohl ein neues Rudelmitglied, was?«

»So ähnlich, ähm, ich bin Jesse.«

»Ich heiße Em. Also eigentlich Emily aber der Name ist absolut grauenhaft.«

Ich muss grinsen. Em ist mir sofort sympathisch.

»Ich wohne da vorne in der Hütte, vielleicht willst du ja mit mir und meiner Familie frühstücken?«

»Ähm... Würde ich voll gerne aber ich suche etwas. Kannst du mir vielleicht helfen?«

»Klar, kein Problem.«

»Ich suche Raum 047«

One and a half wolves [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt