- Teil 3

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Coach Ukai hatte mir den Weg zu einem Einkaufsladen beschrieben, weil ich -so gut wie es immer lief- kein Frühstück dabei hatte. Also stiefelte ich los. Uns wurden nach der Landung ein paar Geldscheine in die Hand gedrückt, damit wir uns für's erste mit Lebensmittel eindecken konnten. Den vollen Betrag sollten wir erst nach einer Woche Aufenthalt bekommen. Ich hatte selbst noch meine Euronen im Porte-Monnaie, die ich erst wechseln musste.
Mit einem Apfel und in Plastik eingepackten fertigen Sandwiches betrat ich halb außer Atem das Schulgelände. Asthma kickte. Ich pumpte wie ein Maikäfer, weil ich mich beeilt hatte, um pünktlich vor dem Eintreffen des Teams anzukommen.
„Puuuuuh, leck' mich am Arsch.", schnaufte ich beim Betreten der Sporthalle und stützte mich auf meine Knie ab. Ich brauchte erstmal ein Sauerstoffzelt, bevor ich überhaupt sprechen konnte oder ich sollte einfach abnehmen. Wenn das mal so einfach wäre. Ich strich meine Haarsträhne hinter's Ohr und richtete meinen Oberkörper auf. Meine Tüte ließ ich vor Schreck fast fallen als mich zahlreiche Augenpaare anschauten. Peinlicher hätte das erste Treffen nicht ablaufen können. Erst kam ich fluchend auf deutsch und völlig außer Puste in die Sporthalle, mit Straßenschuhen wohl gemerkt und ohne jegliche Vorwarnung stieß ich auf das Team. Ich stand wie angewurzelt in der Türschwelle mit der Institution einfach genau jetzt wegzurennen und nie wieder zu kommen.

Ich hörte leises Tuscheln und schaute hilfesuchend zu Ukai, der nur wieder sein scheiß schiefes Grinsen aufgesetzt hatte. War das mit Absicht?
„Alles gut?", fragte er mich vor allen anderen auf deutsch, weil ich weniger bemerkt hatte, dass mir die Schamröte ins Gesicht gestiegen war. Ich räusperte mich kurz.
„Ähm, j-...", mich unterbrach ein glatzköpfiger Junge, der in die Luft sprang und seine Fäuste anspannte. Er rief Ukai irgendetwas zu, dass ich nicht verstand. Er winkte aber nur ab.
„Setz' dich kurz hin. Die Jungs spielen den Satz zu ende, dann machen wir weiter." Er klatschte zweimal in die Hände, dann ging es weiter. Ich setzte mich an den Rand auf den nackten Hallenboden und schaute auf meine Hände.
„Hey, ich bin Kiyoko.", sagte eine weibliche helle Stimme und hockte sich vor mich hin. Sie sprach gutes Englisch. Vor lauter Anspannung hatte ich sie vorher gar nicht wahrgenommen. In ihrer Linken hielt sie einen schwarzen Trainingsanzug. Stimmt, davon hatte Coach Ukai gesprochen. Hoffentlich passte er mir.
Ich lächelte das hübsche Mädchen mit der Brille und ihren langen schwarzen Haaren an.
„Ich habe hier einen Trainingsanzug für dich. Wir tragen den nämlich alle beim Sport, weißt du?" Sie erhob sich wieder. „Kommst du mit?"
Ich tat es ihr gleich, warf einen kurzen Blick auf's Spielfeld und folgte Kiyoko zu den Umkleiden. Bevor wir aus der Halle hinaus gegangen waren, fing das laute Tuscheln wieder an. Doch um etwas zu verstehen, waren wir schon zu weit weg.

„NOYA!!" Tanaka brüllte einmal quer über das Spielfeld. „Den hättest du kriegen müssen! Konzentrier' dich endlich. Was ist nur los mit dir?!" Er schüttelte Nishinoya durch, der perplex in Tanaka's Gesicht schaute.
„Ey, lass' gut sein." Daichi trennte die beiden und stützte seine Hände in die Hüfte. „Wir haben nur noch einen Punkt vor uns, dann haben wir gewonnen."
„Ich habe mir Europäer irgendwie anders vorgestellt.", murmelte Tzukishima und streckte seine Arme nach oben. „Mh? Was hast du gesagt?", fragte Kageyama nach.
„Ach, nichts." Er versuchte den Ball zu blocken, der an seiner Hand vorbei den Weg auf's Spielfeld fand.
Fertig.

„Also, hier kannst du dich mit mir umziehen, wenn du willst. Deine Sportschuhe solltest du das nächste Mal mitbringen. Ich entschuldige mich für Tanaka's Reaktion", sagte sie schüchtern und lächelte. Ich erwiderte ihr Lächeln. „Schon gut. Ich habe den Fehler gemacht und nicht er.", erklärte ich und zog den Trainingsanzug an. Also schien Tanaka zu den explosivieren Menschen dieser Welt zu gehören, genauso wie Sarah. Dann müsste das gut gehen. Komischerweise passte mir der Anzug wie angegossen, obwohl ich noch lange nicht so schlank wie Kiyoko war. Das war sicherlich der von Ukai. Egal. Er passte, also sollte ich nicht weiter darüber nachdenken.
„Ich bin Angie." Ich streckte ihr meine Hand entgegen. Typisch deutsch. Ich erkannte ihren verwirrenden Blick, bevor es bei ihr klick machte und sie ganz sachte meine Hand schüttelte.
„Freut mich dich kennenzulernen."
Gemeinsam gingen wir zurück zur Turnhalle.

RED EYES - HQ!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt