- Teil 2

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„Nein, nicht der schon wieder.", murmelte Oikawa und stellte sich vor mich als Kuroo hinter einer Hausecke hervor gesprungen kam. Er suchte weiter nach seinem Schlüssel.
„Schön, dich wieder zu sehen.", sagte Kuroo, dem ein paar Öhrchen gewachsen waren und seine Finger spitz wie die Krallen einer Katze waren. Seine Eckzähne stachen dezent hervor. Er ignorierte Oikawa, der mich vor ihm schützen wollte.
„Was willst du denn hier?", zischte er und ließ mich keine Sekunde antworten, was mir gerade Recht war.
„Ich war gerade in der Nähe und- ach, sieht nur da kommen Wakatoshi und Bokuto!", meinte er während er in den Himmel sah und grinsend auf die beiden Schatten weit oben zeigte, die sich uns plötzlich näherten. Ich schluckte schwer und bekam es mit der Angst zu tun.
Oikawa war seinem Blick gefolgt und ballte die Fäuste.
„Bildet euch bloß nicht ein, dass wir hier ein Päuschen veranstalten.", meinte er arrogant, um seine Unsicherheit zu überspielen, was er sogar richtig gut konnte. Doch Kuroo lachte nur herzhaft in die kühle Luft.
„Ein Päuschen? Nein nein, das haben wir sicher nicht vor.", entgegnete er sarkastisch und warf seinen Blick hinter uns, wo Bokuto und Ushi gelandet waren. Ihre Flügel verschwanden innerhalb weniger Sekunden, was mich stark beeindruckte. Das wollte ich auch.
„Was dann?", fragte Oikawa und schob mich vor sich und legte seine Hände auf meine Schultern. Er wollte nicht, dass einer der Drei die Möglichkeit bekamen sie aus seinen Armen zu reißen.
„Wir sind an das kleine Ding interessiert.", brummte Wakatoshi moton von hinten und stoppte mit Bokuto, der über die Situation nicht gerade erfreut war, wenige Meter hinter uns. Ich schwieg immer noch, da ich nichts falsches sagen wollte.
„Angie-chan? Nein, wir sind verabredet und ihr stört. Da könnt ihr sie nicht einfach mitnehmen." Oikawa wollte an Kuroo vorbei, der nur bedrohlich fauchte und seine funklenden Augen strahlen ließ. Wir schreckten zurück. Ich wusste, wir steckten in der Klemme. Ein Versuch ins Auto zu kommen, war nun zwecklos. Ich dachte angestrengt nach, um zu entkommen ohne dabei großartig verletzt zu werden.
„Gib' sie uns.", forderte Ushikovski und streckte seinen Arm nach mir aus. Ich hasste seinen gleichgültigen Blick. Poppte er auch so desinteressiert oder was?
„Niemals. Ich weiß, was ihr vor habt.", meinte Oikawa, der umso fester meine Schultern drückte. So hatte ich den Kapitän noch nie erlebt.
„Na denn stell' dich nicht so an und gib' uns Angie. Sonst müssen wir leider Gewalt anwenden.", mischte sich Bokuto ein dem ich tief in die Augen sah und merkte, dass er es nicht so meinte wie er es sagte. Auch seine etwad zittrige Stimme zeigte, dass er keine Eier besaß oder ihm quälte was anderes. Wir beide blieben stumm und warfen uns alle nur komische Blicke zu. Es war totenstille, weil niemand etwas sagte.
„Los, wir haben nicht ewig Zeit. Ich muss noch meine Kitten füttern, wisst ihr?", meinte Kuroo ungeduldig und verdrehte die Augen. Wie konnte ich mich nur mit so einem Stück Scheiße abgeben. Dann sollte er doch einfach abhauen und gut war.
„Tz, dann lasst uns vorbei und du kannst deine Tierchen füttern gehen.", sagte Oikawa und musterte den Nekoma-Typ.
Ich presste meine Lippen aufeinander und sah hilflos zu Boden. Es gab nur einen einzigen Ausweg aus dieser Situation, doch es könnte gefährlich werden. Für mich als auch für Oikawa, den ich unbeschadet nach Hause bringen musste.
„Ich werde ungeduldig.", sagte Wakatoshi und kam mit einem starken Schritt auf uns zu. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und erinnerte mich an die Flugstunde mit Ukai, wo ich an Daichi dachte, der mir das Gefühl der Nähe und Geborgenheit gegeben hatte. Diesmal lösten sich meine Flügel nicht aus, was mich kurz verzweifeln ließ. Ich dachte nach. Letztes Mal war keine Bedrohung in der Nähe, weshalb das Gefühl der Liebe gereicht hatte und jetzt brauchte ich ein ganz anderes, was die Kraft in mir entfaltete.
„Wir auch.", entgegnete Oikawa pissig und schreckte von mir weg als sich meine Flügel blitzartig über meinen Rücken und an mir vorbei erstreckten. Ich atmete erleichtert aus. Gut, diesmal war das mein Wille dem Zwang zu entkommen und die Freiheit zu erhaschen, die greifbar nahe war.
„Wow, klasse.", klatschte Kuroo gespielt und warf Wakatoshi einen Blick zu, der einen Moment inne hielt. Diesmal sah er zum ersten Mal, was für eine gewaltige Spannweite meine schwarzen Flügel aufwiesen. Oikawa trat wieder an mir heran und ich legte seine Arme um meinen Hals.
„Es reicht.", knurrte der Kapitän der Shiratorizawa und spannte seinen Körper an während auch er seine Flügel zur Show stellte.
„Oikawa, festhalten!", rief ich als ich in die Luft startete dabei vergaß ich die zusätzliche Last, die es mir erschwerte und wir etwas holperig auf Kuroo zuflogen, der uns mit großen Augen entgegen sah. Ich brauchte einen kleinen Anstoß, um in die Luft aufzusteigen, sodass wir gut fliegen konnten. Ein kurzer überraschter Schrei entglitt Oikawa als er sich an mich festklammerte und auf meinen Rücken lag, weshalb die Bewegung meiner Flügel leicht eingeschränkt waren.
„Sorry, Kuroo!", rief ich als ich ungehindert und schnell auf ihn zuflog und sein Gesicht als Sprungbrett nutzte. Mit Wucht trat ich gegen seine Wange und sprang in die Höhe. Er knurrte nur schmerzerfüllt und rief uns undeutlich etwas hinterher.
„Angie-chan, was-was machst du?!", schrie Oikawa, der sein Gesicht fast neben meines hatte und krallte sich in meine Arme. Ich schlang meine Beine um seine, damit er nicht so doll hin und her rutschte und er einen festeren Halt hatte.
„Halt dich einfach fest. Es werden starke Turbolenzen erwartet!", sagte ich amüsiert und stieg hoch auf. Wie aus dem Nichts konnte ich mich gut in der Luft bewegen und wusste instinktiv, was ich zu tun hatte.
„Scheiße!", brüllte Ushikovski, der uns dicht an den Fersen hing.
„Mist.", sagte Bokuto, der zögerlich Ushi folgte und Kuroo am Boden zurück ließ, der sich jedoch zu helfen wusste und mit seiner Schnelligkeit über den Asphalt fegte. Er behielt sie von unten aus im Auge und versuchte heraus zu finden, was als nächstes getan wurde.
Ich versuchte mit schnellen Flügelschlägen den Kapitän der Shiratorizawa abzuhängen, der sich unglaublich flink auf uns zu bewegte und mit gestreckten Armen durch die Luft glitt. Ich musste mir unbedingt etwas einfallen lassen und schaute mir das Industriegebiet von oben an. Oikawa, der regungslos auf meinem Rücken lag und sich immer noch fest gekrallt hatte und mir blieb wenig Spielraum sie abzuhängen. Lange Strecken konnte ich in der Geschwindigkeit nicht fliegen, dafür war ich zu schwach. Also mussten wir sie hier abhängen.
„Oikawa?", sagte ich laut, damit er mich durch die Luftströmung hörte.
„J-Ja?", stotterte er ängstlich.
„Hör' mir zu, du musst dich jetzt ganz doll festhalten.", fing ich an und legte meine Hände an seine Arme, die um meine Kehle geschlungen waren, „Und wenn ich ‚Jetzt' sage, dann löst du dich von mir, oke?!"
„Was hast du v-vor? Angie-chan?!", brüllte er mir ins Ohr, doch ich antwortete nicht und stürtzte mich kopfüber in die Tiefe. Als ich merkte, dass er anfing über meinen Rücken zu rutschen, hielt ich seine Beine umso fester mit meinen fest. Er schrie nur vor Angst und schnürrte mir durch seinen festen Halt ein wenig die Luft ab, was mir in diesem Augenblick egal war.
„Ihr Gören, ich kriege euch!", rief Ushijima hinter uns, der für einen Moment über den Sturzflug überrascht war, aber es gleichtat und wieder dich hinter uns klebte. Ich fiel mit Oikawa zwischen den hohen verlassenden Häusern und fing uns etwas ruppig auf. Eigentlich bin ich bisher nie Parcour geflogen, aber wie aus dem Nichts konnte ich meine Bewegungen perfekt steuern und wusste genau, wieviel Kraft und Schläge ich brauchte, um flink hin und her zu schwingen. Dadurch, dass Ushi groß und schwer war, fiel er nach hinten, denn er kam nicht so schnell um die Häuserecken wie ich. Außerdem nutzte ich die Höhen und Tiefen, um auch ihn in seiner Ausdauer zu schwächen, was mir selbst zum Nachteil wurde.
„Aaaaah, scheißee!", jammerte Oikawa als ich mich mit ihm auf die Seite drehte und er mir fast vom Rücken plumpste als wir einen engen Häuserspalt durchquerten.
„Festhalten habe ich gesagt!", brummte ich und erblickte plötzlich Bokuto, der parallel zu uns flog. Er kundschaftete uns aus, aber kam nicht näher. Sicher wollte er es dem Adler überlassen, der uns still folgte. Doch einen kurzen Augenblick der Unaufmerksamkeit kostete uns einen heftigen Stoß von dem Fukurodani-Typen, der unerwartet von der Seite auftauchte und mir unsanft in die Hüfte trat, weshalb er uns durch die Luft schleuderte. Dabei rutschte mir Oikawa hinunter, dem ich nach kurzer Benommenheit hinterher eiferte. Ich hörte nur, wie böse Bokuto lachte und unten Kuroo auf ihn wartete, der seine Zähne fletschte und die Krallen ausfuhr.
„Angie-chaaaaan!", rief der große König und blickte zu mir hoch. In seinen Augen konnte ich die pure Angst erkennen und sein Gesicht war erstarrt als wollte er sich auf den harten Aufprall vorbereiten, der ihn gleich erwartete.
„Ich komme!", antwortete ich hoffnungsvoll und streckte meinen Arm nach seiner Hand aus, die sich nach meiner sehnte. „Ein Stück noch." Der Asphalt kam immer näher, so schnell wie sonst nie zuvor. Unsere Finger berührten sich, wir verschränkten sie ineinander doch das reichte nicht, um ihn sicher zu halten und ihn unversehrt zu Boden zu bringen. Ich biss meine Zähne aufeinander.
„Tooru!", meinte ich verzweifelt und wollte unbedingt verhindern, dass er hier in diesem scheiß Industriegelände durch meine Unachtsamkeit gegenüber Bokuto sein Leben lassen muss. Wie sollte ich das nur Sarah erklären, dass ich ihren Freund nicht retten konnte? Wie nur? Was war ich für ein Mensch ihn einfach hängen gelassen zu haben? Er war doch auch nur jemand, der sich nach Liebe sehnte.
„Angie-chan.", sagte er leise und lächelte mir plötzlich entgegen als wir nur noch wenige Meter über den Straßen des Geländes waren. Kuroo hatte schon seine Hände ausgebreitet, um sich Oikawa wie ein hungriges Tier zu schnappen.
„NEIN!", brüllte ich und verdrückte einige Tränen als mir ihn jemand aus den Händen riss. Ich sah nur eine dunkle Gestalt, die mit ihm in einen der Häuser durch die kaputten Fenster verschwand. Es war definitiv niemand der Kerle gewesen. Kurz bevor ich Kuroo erreichte, bog ich ab und suchte meinen Fluchtweg durch die breite Straße. Ich blickte über meine Schulter zurück und sah Ushijima, der nicht von mir abhielt. Bokuto hatte sich zu der Nekoma-Katze gesellt und überließ den Rest nun dem, der mich mit einem Todesblick ansah.
Schnell, denk nach. Was kannst du machen?, fragte ich mich und schweifte mit meinem Blick umher. Irgendetwas musste es doch geben.

RED EYES - HQ!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt