- Teil 5

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Er ballte seine Hände zu Fäuste. In ihm brodelte pure Wut, die er für Ushijima empfand. Wie konnte man nur so gewissenlos sein? Nach kurzem Zögern stürmte Bokuto dem Ace hinterher, der schon auf dem Weg war an die nächsten Seitenstraße einzubiegen.
„Wakatoshi!", brüllte er und rannte auf ihm zu, der hinter sich schaute, aber keine Anstalten machte für Bokuto stehen zu bleiben. Wieso denn? Sie hatten nichts mehr miteinander abzumachen.
„Habe ich dir nicht deutlich genug gezeigt, dass ich nichts mehr mit dir zu tun haben will?", entgegnete Ushi wütend und fasste sich an seiner Hosentasche. Gut, das hatte er eingesteckt.
„Was zur Hölle hast du mit ihr gemacht? Ich glaube dir deinen scheinheiligen Move nicht.", sagte Bokuto, der sich entschlossen vor Ushi stellte und ihm somit den Weg abschnitt. Doch der desinteressierte Blick des Adlers traf die vor Wut sprudelnden Augen der Eule.
„Was denn für einen Move? Ich war nur nett und sie war nur müde. Da habe ich sie zu Bett begleitet. Weiter nichts.", erklärte Ushijima ausgesprochen ruhig und setzte sein unechtes Lächeln auf, das nichts weiter bedeutete. Er wollte an Bokuto vorbei, der ihn nicht weiter gehen ließ: „Du lügst. So würdest du nie handeln."
„Ach, nein? Darf ich denn gar keine Gefühle zu lassen? Muss ich immer das harte Ace der Shiratorizawa sein?" Bokuto ging die Scheinheiligkeit gewaltig gegen den Strich genau wie seine provokante Art sich ins rechte Licht zu stellen.
„Tzz.", zischte er, „Was wolltest du bei ihr?"
Ushi rollte genervt mit den Augen.
„Nur mal ‚Hallo' sagen. Was sonst?", gab er kühl zurück und schubste ihn beiseite, um seinen dummen Fragen zu entkommen. Er musste die Sachen von Angie unbedingt unbemerkt nach Hause bringen und sie auskundschaften. Ihm wurmte es sehr, dass sie mit so viel Sachen ausgestattet wurde und er nur mit seinen Klamotten schon fast leer ausging. Was war nur in Silver gefahren einer Unbekannten so viel Vertrauen zu zu schreiben? Er schnaufte.
„Sie ist stärker als du, Wakatoshi.", rief Bokuto ihm ruhig hinterher, „Du wirst verlieren. Dieses Mal ist der Adler nicht das stärkste Tier auf dem Feld." Als er die Worte ausgesprochen hatte, bemerkte er zwei Gestalten auf der anderen dunklen Straßenseite, die ihn aufgeregt anstarrten.
„D-Das ist Bokuto-san!", rief Hinata und zeigte auf ihn.
„Was macht der denn hier?", fragte Kageyama, der an seiner Milchpackung schlürfte.
Er fuhr sich nervös durch die Haare und war sichtlich beschämt, dass er sich auf offender Straße mit dem Ace der Shiratorizawa stritt. Er hatte sogar vergessen, dass sein Gesicht nich mit seinem getrockneten Blut zugesetzt war. Die beiden kamen auf ihn zu.
„Na, Hinata. Alles okay?", fragte er, doch der Rotschopf machte ein entsetztes Gesicht als sie ihm näher kamen.
„Was ist mit dir passiert?"
„Mit mir?"
„Ja, du hast Blut im Gesicht.", bemerkte Kag und zeigte auf ihn. Er fasste sich an seine Stirn, die ziemlich schmerzte.
„Oh, ähm, lange Geschichte.", sagte Bokuto und wandte seinen Kopf in die Richtung ihres Apartments. Er wollte unbedingt wieder zurück zu ihr und für sie da sein.
„Wo gehst du jetzt noch hin?", fragte Hinata, der nervös vor ihm hin und her hüpfte. Er war wirklich ein energiegeladenes Kerlchen.
„Ähm, zu Angie."
„Zu Angie?!", fragten beide gleichzeitig und schauten noch doofer drein als sie es schon taten. Er unterdrückte sich ein Augenrollen.
„Was willst du denn mit so einem Gesicht bei ihr?"
„Wie gesagt, lange Geschichte. Ich muss dann wieder.", verabschiedete sich Bokuto und zog sich seine Kaputze über damit man ihn nicht so schnell erkannte.
„Warte, wir kommen mit!" Hinata zog Kageyama hinter sich her und folgte Bokuto, der mit schnellem Schritt voran lief. Er wollte nicht, dass die beiden Deppen mit kamen, denn es war mittlerweile schon spät und niemand sollte so früh rausbekommen, dass er vor hatte die Nacht über bei ihr zu bleiben.
Aber er war ja ein nettes Persönchen und ließ es zu, dass sie mit kamen. Vielleicht schaffte es der Coach die beiden abzuwimmeln.

Wenig später trafen sie an ihrem Apartment ein. Als sie an der Tür klingelten, machte der Coach auf.
„Was macht ihr denn hier?", fragte er den beiden Chaoten und ließ Bokuto rein, der sofort ins Wohnzimmer lief, wo Angie niedergeschlagen auf dem Sofa saß. Er setzte sich dicht neben sie.
„Wir haben Bokuto getroffen und da hat er erzählt, dass er zu ihr geht. Da wollten wir gucken, was hier los ist.", meinte Hinata und wollte rein, doch Ukai stellte sich ihnen in den Weg.
„Nein, ich fahre euch jetzt nach Hause. Es ist viel zu spät." Er schnappte sich seine restlichen Sachen.
„Ich gehe jetzt!", rief er Angie zu.
„Ja, kommt gut nach Hause.", antwortete ich traurig und hörte wie die Tür ins Schloss fiel. Ich vermied es Bokuto mit meinen verheulten Augen anzusehen. Wieso passierte nur mir so ein Scheiß?
Ich schniefte und wischte mir über die Augen. Natürlich war er nicht doof und legte plötzlich einen Arm um meine Schulter. Ich zuckte zusammen.
„Wieso weinst du denn?", fragte er leise und strich behutsam über meine nasse Wange. Es fühlte sich irgendwie schön an, dass er mich soviel Zuneigung spüren ließ. Mein Herz klopfte schneller als er mich an seine Brust drückte. Ich vergrub mein Gesicht gegen seine Brust und heulte seinen Pullover nass.
„Er hat einfach die Sachen von Silver mitgenommen.", murmelte ich und war wütend über mich selbst, dass ich die Sachen so offensichtlich draußen habe stehen lassen und einfach nichts dagegen tun konnte, dass sie nun weg waren. Silver würde sicher ziemlich sauer werden, wenn ich ihm sage, dass Ushijimi sie mir gestohlen hat.
„Was? Wirklich?" Bokuto streichelte beruhigend über ihren Kopf und legte sein Kinn auf ihren Kopf. Sie sollte das Gefühl haben, dass sie nicht allein war.
„J-Ja. Und-Und jetzt habe ich gar nichts mehr außer den doofen A-Anzug!", stotterte ich und stieß mich wütend von ihm weg. Ich stand auf und lief zum
Karton. Das Arschloch hatte meinen Anzug und die Schuhe wieder ordentlich hinein gelegt nachdem er sie so prüde umher geschmissen hatte. Das würde er bereuen.
„Nein, du hast noch so viel.", entgegnete Bokuto, der ebenfalls aufgestanden war und sich hinter sie stellte, „Du hast noch die Anzüge, die schicken Schuhe und... mich."
Ich drehte mich zu ihm um und blickte in liebend schauende Augen. Es fehlte noch etwas.
„Dich?"
„Ja. Mich.", flüsterte Bokuto und wusste nicht genau, wie er ihr besser seine tiefe Zuneigung gestehen sollte. Dazu war er eigentlich zu schüchtern.
Ich musste trotz der Tränen lächeln und trocknete mein Gesicht mit seinem Pullover.
„Du bist süß.", sagte ich und wandte mich dem
Karton zu, „Es ändert leider nichts daran, dass meine Maske und die Prothesen weg sind. Sie sind doch das einzige, womit ich mich einigermaßen verteidigen könnte."
„Da liegst du falsch. Eigentlich brauchst du das gar nicht.", meinte Bokut sofort, „Du bist in der Luft so wendig und schnell, dass Ushijima Probleme hat hinterher zu kommen. Wenn du das wieder zu deinem Vorteil machst, kannst du ihn müde spielen. Er ist im Nahkampf auch nur so gut, weil er Kraft hat. Seine Techniken sind leicht durchschaubar und nicht besonders gut." Ich dachte angestrengt über seine Worte nach und merkte, dass er Recht hatte. Er konnte nur gerade zu schlagen und wenn er was in die Hände bekam, wollte er sein Opfer schnell ausschalten, um sich jegliche Mühe zu ersparen.
„Und wie kriege ich es hin, so gut zu werden, dass ich gegen ihn ankomme?", fragte ich zuversichtlich.
„Übung.", grinste Bokuto und verschränkte die Arme.
„Übung? Aber mit wem denn?", fragte ich und fuhr mir durchs Haar. Der einzige, der eventuell ein wenig kämpfen konnte, war Ukai. Aber mit dem hatte ich schon mein Flugtraining, das jetzt ein paar Mal ausgefallen war.
„Mit mir!", antwortete er und zeigte sich, „Wenn du möchtest, kannst du es an mir versuchen. Aber sei dir bewusst, dass ich nicht so leicht zu knacken bin." Er musste amüsiert lachen, doch vergaß dabei, dass das eine ernste Sache war, in die er viel Zeit stecken musste.
Ich musste ein bisschen schmunzeln: „Ähm, na gut. Vielleicht kannst du ja mit zu den Flugstunden kommen, die ich mit dem Coach habe. Die sind meistens abends. Er zeigt mir wie ich am Besten fliegen kann und dann kannst du gleich mit mir trainieren."
„Ich denke, das kriege ich hin." Er freute sich innerlich mehr Zeit mit ihr verbringen zu können. Er blickte in ihre blauen Augen, die so viel Mut und Zuversicht ausstrahlten.

RED EYES - HQ!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt