- Teil 3

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Jemand stieß die Tür ohne ein Klopfen auf, doch man sah nichts weiter als unsere Beine, denn den Rest verdeckten meine riesigen Flügel, die mich viel Kraft kosteten aufrecht sitzen zu bleiben. Ich spürte wie sie mich auf den harten Fußboden des Zimmers katapultieren wollten.
„Oh, was macht ihr da?", fragte Noya, der erschrocken im Türrahmen stehen blieb. Ich löste mich von Daichi's unglaublich anziehenden Lippen und steuerte meine Flügel so, dass sie schlapp zu Boden fielen. Ich sah über meine Schulter zum Libero, der mit purpurroten Wangen stumm in der Schwelle stand.
„Nishinoya!", sagte ich freudig und wollte mich auf den Weg ihm machen, doch sie waren zu groß als dass ich mich ordentlich drehen konnte und rutschte erstmal aus Daichi's körperlichen Nähe weg.
„Du kannst ruhig reinkommen.", erwiderte unser Kapitän, der aufstand und meine Flügel irgendwie zusammen falten wollte, damit man sich im Raum
bewegen konnte.
„Ich wollte mal nach dir sehen. Wie es dir so geht und so.", sagte er schüchtern und kam auf mich zu. Ich lächelte ihn freundlich an.
„Danke, das bedeutet mir viel.", sagte ich ehrlich und streckte meine Arme nach ihm aus. Er krabbelte unter meinen Federn hindurch und fiel mir in die Umarmung. Ich schlang meine Arme um seinen zarten Körper und drückte ihn fest.
„Angie gehts gut. Du brauchst dir keine Sorgen machen.", sagte Daichi, der zu uns rüber sah. Ich wusste nur leider immer noch nicht wie ich meine Flügel steuern konnte und ob ich sie jemals wieder los wurde. Ich wusste im Moment gar nichts mehr.
„Ja, das sehe ich. Und deine Flügel...", murmelte Noya, der sie von nahen betrachtete.
Ich grinste: „Sind riesig, oder? Ich habe keine Ahnung ob ich jemals wieder aus diesem Zimmer komme." Zum Glück hatte ich noch nicht meinen Humor verloren.
„Hinata meinte, du siehst aus wie ein gefallender Engel.", meinte der Libero und zupfte an ein paar Federn herum.
„Wirklich?", fragte ich skeptisch nach und beobachtete ihn dabei wie er mit neugierigen Augen mein Federkleid musterte.
„Na gut, ich gehe dann mal. Es ist schon spät und morgen ist Abreise. Macht nicht mehr so lang.", mischte sich Daichi ein, der lächelnd zu mir runterblickte und kurz zwinkerte, bevor er das Zimmer verließ. Ich musste mich für einen Moment an unseren ersten Kuss erinnern und fasste mir unbewusst an den Mund. Plötzlich rollte sich der Flügel mit Noya ein und drückte den Jungen an mich ran. Er schaute mich erschrocken an und konnte sich nicht mehr bewegen. Auch ich blickte verwundert drein.
„Alles okay?", fragte ich und merkte wie sich die Kraft des Flügels lockerte und der Libero sich befreite. „Tut mir Leid, ich wollte das nicht."
„A-Alles gut.", sagte er und fuhr sich durch sein Haar. „Ich-Ich gehe dann mal wieder. B-Bis morgen." Ich glaubte, ihn zu sehr verängstigt zu haben und saß nun ganz allein im Zimmer. War das die richtige Entscheidung gewesen Daichi's Kuss erwidert zu haben? Er hatte mir seine Liebe gestanden, doch war ich nicht doof gewesen und habe seinen Knutschfleck am Hals gesichtet gehabt. Den hatte er am Morgen vor dem Strandausflug noch nicht und auch seine Klamotten rochen nach einem weiblichen Parfüm, was für mich nur bedeuten konnte, dass er wieder was mit Sophia am Laufen hatte und die Blöße besaß sich direkt an mich ran zu machen. Ich verzog wütend mein Gesicht und fühlte mich unwohl bei dem Gedanken ihm morgen unter die Augen zu treten. Mühsam stämmte ich mich auf die Beine und stützte mich am Bettrand. Die Flügel fühlten sich wie tonnenschwere Säcke an, die man mir um die Schultern gelegt hatte. Ich hatte nicht einmal mein Handy hier, um nach Hilfe zu rufen, wenn etwas geschah. Stattdessen schob ich meine Schwingen aus dem Weg und wälzte mich zur Zimmertür, die plötzlich von Coach Ukai aufgestoßen wurde.
„Oh, alles gut? Wo willst du denn hin?", fragte er und schob mich zurück. Er schloss die Tür hinter sich.
„Ich-äh, wollte nur kurz raus.", stotterte ich.
„Mit den großen Dingern? Ne, vergiss' es.", sagte er sofort und schüttelte den Kopf. Ich hatte den Coach noch nie ohne sein Haarband gesehe. Er sah mit seinen offenen Haaren viel jünger aus, wie ein kleiner Rabaucke.
„Du hast ja alles runter geschmissen.", meinte er außer sich und sammelte alles auf, was vorher noch auf den Regalen gestanden hatte. Ich fühlte mich schlecht und setzte mich wieder hin.
„Tut mir Leid.", murmelte ich schuldig und spielte mit meinem Oberteil rum.
„Sowas wie heute machst du nie wieder, verstanden?", schimpfte er.
„Ich habe doch-."
„-du machst das nie wieder! Du bist fast ertrunken." Der Coach schüttelte den Kopf und stand mit den Händen in den Hüften gestämmt direkt vor mir als er alles wieder eingeräumt hatte. Ich seufzte nur.
Wenn er nur wüsste, wie ich mich gefühlt hatte als ich selbst die Chance nicht mehr hatte von allein an die Wasseroberfläche zu dringen und dann noch seine Lippen auf meine zu spüren. Das war der Horror!
„Denkst du ich habe das mit Absicht gemacht? Ich wusste selbst nicht, was mit mir passiert ist.", sagte ich ernst, „Um deine Hilfe habe ich nicht gebeten."
„Wie bitte?! Ohne meine Hilfe wärst du ertrunken.", warf er harsch zurück und hockte sich vor ihr hin.
„Das hättest du auch anders lösen können.", murmelte ich als ich mich wieder daran erinnerte wie seine Lippen fest meine umschlungen. Unter Wasser fühlten sich Küsse sowieso komisch an.
„Es gab keine andere Möglichkeit und jetzt zieh' nicht so ein Gesicht!", sagte er und fasste mir etwas unsachte an meine Flügel. Ich zuckte zusammen.
„Wir haben viel Arbeit vor uns.", began er, „Du musst unbedingt lernen sie kontrollieren zu können." Er kratzte an seinen Kinn.
„Was? Aber ich will die doch gar nicht.", erwiderte ich.
„Du hast sie und damit musst du jetzt klarkommen."
Ich hasste ihn manchmal für seine scheiß direkte Art. Aber etwas dagegen tun konnte ich nicht, da er schon Recht hatte.
„Okay. Und wie soll ich das anstellen? Also wie lerne ich sie zu kontrollieren?", fragte ich nach und blickte in seine Augen.
„Morgen reisen wir wieder ab. Umso schneller wir trainieren, desto besser wirst du vorbereitet sein."
„Vorbereitet auf was?"
Der Coach sah kurz weg.
„Das erkläre ich dir später.", sagte er und winkte ab.

RED EYES - HQ!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt