- Teil 5

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„Du siehst gut aus, Noya.", sagte Asahi und klopfte auf seine Schultern. Er blickte über Noya's Kopf zu ihm in den Spiegel und bemerkte seine starke Anspannung.
„Meinst du, das gefällt ihr? Seh' ich cool genug aus?", fragte er nervös und zupfte weiter an seinen Klamotten rum, die er mit seinem besten Kumpel Asahi einige Tage vorher einkaufen war. Er wollte nicht nur mit seinem guten Herzen sondern auch mit gutem Aussehen punkten. Die großen Hände von Asahi fuhren von Noya's Stirn seinen Kopf hoch, dabei hielt er seine schwarzen Haare in die Höhe.
„Was ist mit deiner alten Frisur? Die fetzt." Er lachte.
„Ach, lass das! Ich will sie lieber glatt tragen.", brummte Noya und wedelte die Hände von seinem Teamkollegen weg und strich sich die Haare wieder glatt und ordentlich hin.
„Warum das denn? Deine alten Haare haben deinen verrückten Charakter unterstrichen und du siehst nicht so langweilig aus wie Kageyama.", erwiderte Asahi und blieb standhaft. Diesmal strich er provisorisch eine Seite seiner Haare zurück und strich die anderen zur anderen Seite, somit entstand der Effekt eine Undercuts.
Beide sahen sich schweigend im Spiegel an.
„So?"
„Nein, hör' auf." Noya schüttelte seinen Kopf, sodass sich seine alte Frisur legte.
„Dann eben nicht." Asahi verschränkte die Arme und sah zur Uhr. „Es wird langsam spannend."
Noya krümmte sich ein wenig nach vorn und hielt sich den Bauch.
„Ich glaube, mir ist schlecht."
„Reiß dich zusammen. Sie ist nur ein Mädchen.", sagte er und drehte den Libero zu sich rum.
„Genau das ist das Problem.", entgegnete Noya und drückte sich die Hand vor dem Mund.
„Wehe du kotzt!", warnte Asahi und schaute ernst, während er die Sachen nochmal zurecht legte und kurz durch Noya's Haare wuschelte, damit sie nicht so platt am Kopf lagen.
„So, jetzt bist du fertig. Ich bringe dich bis zur Kreuzung wie versprochen."
Noya nickte leicht und hielt sich immer noch den Bauch. Ihm plagten üble Magenschmerzen vor Aufregung, die er nicht einmal vor einem wichtigen Spiel hatte. Die beiden Freunde machten sich bei schönem Wetter, warmen Wind und hellblauen Himmel auf den Weg zum verabredeten Ort. Der Libero dachte ständig darüber nach, ob er gut genug war und was er sagen sollte. Für ihn war es das erste Date. Sofern es Angie ebenso als eines sah, das er sich innerlich vom Herzen wünschte. Sie liefen schweigend die Straße hinunter.
„Wir sind gleich da.", bemerkte Asahi und blieb an der Ampel stehen. „Bis hier her. Den Rest musst du allein gehen."
„Aber-..."
„Kein aber. Du kriegst das schon hin, Nishinoya. Nun scheiß' dir mal nicht in's Hemd." Ashai grinste ihn breit an und drückte den Kleinen kurz bevor er ihn winkend stehen ließ. Noya war so unentschlossen wie nie zu vor. Am Liebsten hätte er genau jetzt abgesagt, aber es war seine einzige Möglichkeit mit ihr ein wenig Zeit neben der Schule zu verbringen. Also lief er mit gesenktem Blick weiter und fühlte in seiner Hosentasche sein Handy, um zu jeder Zeit erreichbar für ihr zu sein und das gab ihm Sicherheit.

Mir fiel die Auswahl passender Klamotten wirklich nicht leicht, was mich überraschte. Am Morgen hatte ich im Spiegel eine weiße dicke Strähne im Nacken entdeckt und wunderte mich noch immer, ob ich an irgendeiner Pigmentstörung litt oder es etwas mit meinen roten Augen zu tun hatte. Denn die sind mir sofort aufgefallen. Auch die Blicke von Daichi und Kageyama sind wir nicht entgangen als man sich mal ansah. Ich hatte mich deshalb für offene gelockte Haare entschieden, die leicht wippend bei jedem Schritt über meinen Schultern lagen. Die blaue Jeans passte perfekt zum Himmel und meine weiße, in der Taille enger zulaufende mit Rüschen an den Ärmelm, Bluse strahlte in der Sonne. Etwas verklemmt hielt ich den schmalen Lederriemen meiner kleinen Tasche, wo hauptsächlich mein Handy und das Portemonnaie drin verstaut war. Ich folgte meinen Füßen, die mich über den Asphalt trugen.
Ein etwas stärkerer Windstoß kam tauchter vor einem großen modernen Haus auf und bließ gegen meinen Körper. Meine lockigen Haare wehten sanft
im Wind während ich mir eine einzelne Strähne aus dem Gesicht strich, die sich dort verirrt hatte. Als ich aufsah, stand auf der anderen Straßenseite Noya, dem ebenso der Wind streifte und seine dunkeln Haare zerzausten. Ich lächelte ihn an und winkte kräftig bevor ich die Straße rasch überquerte.
„Hi, Noya!", sagte ich und umarmte ihn ganz kurz zur Begrüßung. Ich merkte seinen starrenden Blick.
„Mund zu." Ich drückte leicht sein Kinn nach oben, damit sich seine Lippen berührten. Er sah ihr ins Gesicht, dass sie sich hübsch zurecht gemacht hatte. Auf ihren Wangen funkelte ein zartes Rosé, ihre Wimpern waren schwungvoll nach oben getuscht. Ihre Augen betonte sie mit einem zarten Lidstrich, die aus ihrer schon etwas schmalen Form ein verruchten Cateye-Look machte. Er bewunderte ihre Haare, die ihr eher eckiges Gesicht umscheichelten und ihre kleinen Hamsterbäckchen versteckten.
„Äh, hi.", erwiderte er und fuhr sich nervös durch seine verwuschelten Haare.
„Gut siehst du aus.", sagte ich und stieß ihn mit dem Ellenbogen an. „Komm, die Eisdiele ist gleich um die Ecke."
Er folgte ihr schnell und konnte zuerst nicht antworten bevor er wieder seinen ganzen Mut zusammen nahm.
„Du auch.", murmelte er. Ich sah zu ihm.
„Was meinst du?"
„Du siehst auch g-gut aus.", sagte er und lächelte schüchtern. Ich grinste ihn breit an und zog ihn in die nächste Seitenstraße.
„Danke, Noya." Ich zerrte den kleinen Libero hinter mich her bis wir die Eisdiele erreicht hatten. Ich wollte einen coolen Abend mit ihm verbringen und eine nette Unterhaltung führen. Er stand mit gesenktem Blick neben mir. Ihm ging der Anblick nicht aus dem Kopf. Als der Wind durch ihre braunen Haare gestreichelt hat und sie auf der anderen Seite wie ein kleiner Engel aussah. Am Liebsten hätte er davon ein Foto für die Unendlichkeit gemacht.
„So, was willst du?", fragte ich und holte mein Portemonnaie raus. Ich schaute die vielen Sorten an Eis durch und hatte schon meine Favoriten rausgesucht.
„Ähm, Erdbeer.", sagte er etwas unentschlossen.
„Noch was?"
„Und Vanille."
„Okay, ich hole dir eins.", sagte ich und lief in die Eisdiele rein, wo ich uns einen Eisbecher bestellte. Als Überraschung ließ ich für Noya noch einen spritzer Sahne mit bunten Streuseln auf die zwei Kugeln machen. Sie erinnerten mich an seine tolle Art, die genauso vielfältig bunt strahlten. Ich hatte nur ein wenig Sahne on top, das reichte für mich. Während ich wartete, sah ich nach draußen, wo Noya durch das Fenster zu mir sah, aber schnell den Blick abwand als ich seinen erwiderte. Warum
war er nur so schüchtern? Auf dem Spiefeld war er ein anderer Mensch.
Als die Becher fertig waren, ging ich zurück zu den Libero, der große strahlende Augen bekam als er sein Eis zu Gesicht bekam.
„Guck mal, mit Streusel und Sahne. Ich dachte, das magst du vielleicht.", sagte ich lächelnd und setzte mich an den Rand der Reihe an einen noch freien Tisch.
„Ja, sehr sogar!", sagte er und setzte sich mir gegenüber. Ich ignorierte die gaffenden Blicke um uns herum und fing an mein Eis zu schleckeryn. Für einige Momente waren wir ruhig. Ich beobachtete Noya wie er wie ein kleines Kind seim Eis aß. Er schlang wie ein hungriger Tiger und hatte Sahne um seinen Mund und seiner Nasenspitze. Mit vollen Wangen blickte er in meine Augen. Ich erwiderte seinen Blick.
„Du hast da Sahne. Warte... ."
Ich nahm eine Serviette und wischte ein bisschen über seinen Mund und stupste seine Nasenspitze an. Seine Wangen färbten sich leicht rot, was ich süß fand und kicherte ein wenig. Er schluckte den Rest runter.
„D-Danke." Noya führte den nächsten Löffel zum Mund wobei er ein bisschen Eis verlor, das ihn auf sein helles Oberteil getropft war. Auch noch Erdbeere. Schnell nahm er den Kleks auf sein Finger und leckte den ab. Den Rest versuchte er wegzuwischen, was nicht so gut klappte.
„Ach, Noya.", sagte ich grinsend und sah ihm
dabei zu wie verzweifelt sein Versuch endete das rote Erdbeereis aus seinem Pullover zu bekommen. „Das geht nicht weg.", murmelte er und sah hilfesuchend auf.
„Ist doch nicht schlimm. Ich klecker auch oft.", ermutigte ich ihn. Er lächelte kurz bevor er den Rest auf aß.
„Wollen wir dann zu den Feldern?", fragte er plötzlich. Ich war gerade mit dem Eis fertig geworden und nickte.
„Klar, wenn du willst.", sagte ich und schmiss meinen leeren Pappbecher in den Mülleimer, der auf dem Weg zur Kreuzung lag. Noya war mir still gefolgt. Wir unterhielten uns ein wenig, wodurch wir mehr voneinander erfuhren und ich merkte, dass er lockerer und entspannter wurde. Wir mussten eine Weile laufen, da die Felder genau in die andere Richtung waren.
„Du hättest mir das Eis nicht bezahlen brauchen.", fing der Libero an. Ich winkte sofort ab.
„Ach, das habe ich doch gern gemacht.", sagte ich lächelnd und erblickte von weitem den Stadtrand, wo nur noch vereinzelt Einfamilienhäuser standen. Dahinter weite Felder und hohe Berge an den die Sonne schon allmählich kratzte. Ich genoss die letzten warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut.
„Ich bin gern in der Natur.", murmelte Noya schüchtern und lief mit etwas Abstand zu mir auf dem Gehweg, der schon bald endete.
„Wirklich?"
Er nickte. Ich betrat die leere Straße gemeinsam mit ihm.
„Und du?"
„Ja, ich auch. Ist viel besser als in der Stadt.", sagte ich und bemerkte seinen Blick, den ich erwiderte. „Wieso läufst du eigentlich soweit weg von mir? Stinke ich?", fragte ich lachend und holte mein Handy aus der Tasche.
„N-Nein, du riechst super.", antwortete er schnell und lief wieder rot an. Ich lachte nur und durchquerte eine dichte Hecke, wo ein schmaler Weg hindurch führte. Ich pickste mich an den Ästen und hielt welche für Noya beiseite, der wie ein
Wirbelwind auf das Feld stürmte. Hier wuchs gerade der Weizen hoch gegen den Himmel, weshalb die dünnen Halme ihm bis zur Brust reichten. Ich lächelte ihm zu.
„Scheinst aber Spaß zu haben.", sagte ich und folgte ihm ins Feld. Man musste ein wenig aufpassen, dass man bei den harten großen Erdbrocken nicht
umknickte. Aber der Libero sprang wie ein junges Reh vor und ebnete für mich schon einen kleinen Weg.
„Klar!" Wir beide hielten gleichzeitig an als wir etwas weiter weg der Wohnsiedlung waren und trampelten zusammen einen kleinen Kreis nieder sodass man nicht auf der puren Erde sondern den Weizenstängeln saß. Es stach ein wenig, aber damit musste man rechnen. Ich setzte mich hin und sah in den Himmel, der durch die untergehende Sonne im purpurroten Rot und satten Lila erstrahlte. Noya stand direkt vor mir und war meinem Blick gefolgt. Das war ein schönes Fotomotiv, weshalb ich mein Handy nahm und die Kamera auf ihn richtete. Er
drehte sich rum, bemerkte mein Vorhaben und grinste über beide Ohren. Ich machte das Foto und betrachtete es eine ganze Weile.
„Zeig mal!" Er ließ sich etwas unsanft neben mich fallen und schaute auf mein Handydisplay. Durch den knallroten Himmel erschien das Spiegelbild seiner Augen genauso. Es sah etwas gruselig aus.
„Ist schön geworden.", sagte ich und lächelte sanft.
„Jetzt wir beide." Er sah mir ins Gesicht.
„Wir beide?"
„Ja!", wiederholte Noya mit Nachdruck und schnaufte kurz. Keine Sekunde später hielt ich das Handy vor uns hoch. Er kam meinem
Gesicht sehr nahe, sodass ich seinen Atem auf meiner Haut spürte.
Während ich ein bisschen lächelte, machte ich ein Foto. Beim nächsten drückte er seine Wange gegen meine und lächelte ganz süß. Wir machten mehrere Bilder und mussten lachen als wir auf die Idee kamen Grimassen mit einzubauen. Ich fühlte mich in diesem Moment total wohl und wäre am Liebsten die ganze Nacht mit Noya hier sitzen geblieben.
Er sah sich die Bilder an und schickte sich die über unseren Chat. Ich merkte wie glücklich er war, das machte mich ebenso glücklich.
„Sind eigentlich ganz lustig geworden.", bemerkte ich und schaute mir das erste Foto an, wo sein Gesicht meines nahe war. Auf seinen Lippen trug er ein sanftes Lächeln und schaute mich an.
„Ja, finde ich auch.", sagte er und lächelte freudig. Wir sahen uns wieder in die Augen.
„Wie fühlst du dich?", fragte ich leise und bemerkte, dass er über meine direkte Frage sehr überrascht war. Er suchte nach Worten.
„Glücklich, denk ich."
„Bin ich auch."

RED EYES - HQ!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt