II. Zaubertränke

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In den folgenden Tagen mieden sie sich, so gut es ging. Zu Saphiras Missfallen hatte sich Pansy auf Dracos Seite gestellt, sodass Saphira lediglich Blaise und Tracey geblieben waren, die sich nicht ausstehen konnten und den halben Tag über gegenseitig angifteten.
Zwar hatte Draco sich schnell wieder den Respekt seiner Mitschüler verschafft und tat so, als stünde er gelassen über den vereinzelten Kommentaren, die Flint und Montague ihm ab und an noch hinterherriefen, denn er war niemand, der gerne Schwäche zeigte, trotzdem war er nach wie vor extrem wütend auf Saphira und auch irgendwie enttäuscht von ihr. Sowas hätte er ihr nicht zugetraut.
Obwohl die junge Black immer noch überzeugt davon war, dass Draco es nicht anders verdient hatte, stimmte sie das eisige Schweigen zwischen ihnen traurig; aber sie wollte nicht die Erste sein, die einen Schritt auf den anderen zuging, um sich zu entschuldigen. Schließlich hatte er mit diesen Spielchen angefangen. Eher würde sie Astoria Greengrass die Freundschaft anbieten als zuzugeben, wie kindisch ihre Rache gewesen war.

*

Nach einer äußerst einschläfernden Stunde Zaubereigeschichte ging es für die Slytherins hinaus auf die Ländereien, wo sie zusammen mit den Gryffindors Pflege magischer Geschöpfe hatten.
„Was ist das denn?“ Saphiras angewiderte Stimme war schon von weitem zu hören, als Draco sich mit Vincent und Gregory dem Gehege näherte, vor dem die Klasse sich versammelt hatte. Harry und Hermione warfen der Blonden einen vorwurfsvollen Blick zu. Die meisten anderen Gryffindors schienen jedoch ebenso wenig begeistert von den neuen Viechern zu sein, die Hagrid ihnen vorsetzte, wie Saphira. Nun war auch Draco nahe genug, um die kleinen, schleimigen Tierchen, die an Krebse erinnerten, betrachten zu können. Die Kreaturen wirkten grotesk mit ihren Beinen, die ihnen an den unmöglichsten Stellen aus dem Körper herauswuchsen. Noch dazu besaßen manche von ihnen Stacheln, die in regelmäßigen Abständen einfach explodierten, wodurch einige Schüler leichte Brandverletzungen erlitten.
„Anzeigen sollte man diesen Hornochsen! Endlich von der Schule verweisen! Der ist doch gemeingefährlich!“, beschwerte sich Draco und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Alleine dafür, dass er dieses Ungeheuer von einem Hippogreif letztes Jahr hat entkommen lassen, bevor es seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, sollte er in Askaban verrotten...“ Er konnte nur zu gut verstehen, weshalb Saphira strikt dagegen war, sich den „Knallrümpfigen Krötern“, wie Hagrid die ekelerregenden Monster nannte, auf mehr als fünf Meter zu nähern. Der Lehrer hingegen war offensichtlich anderer Meinung und überhaupt nicht angetan davon, dass Saphira, Draco und viele der anderen Slytherins sich seinen Unterweisungen schamlos widersetzten. Das Gespräch, welches er im vergangenen Jahr mit Professor Snape über die ungehorsamen Schüler geführt hatte, hatte keinen der Slytherins dazu bewegen können, sich mehr für den Unterricht zu interessieren. Im Gegenteil. Da Snape voll und ganz hinter ihnen stand und für Kritik gegen die Schüler seines Hauses taub zu sein schien, glaubten nun vor allem Malfoy und Black, sich jede Frechheit erlauben zu können.

„Was kommt wohl als nächstes? Dreiköpfige Monsterhunde? Riesenspinnen?“, giftete Saphira und duckte sich schutzsuchend hinter Pansy, als einer der Kröter funkensprühend in die Luft flog.
„Halt die Klappe, Black!“, zischte Harry wütend. So eine ignorante, blöde Zicke hatte er selten erlebt. Sie würde sich bestimmt bestens mit Dudley verstehen, dachte er. Zwar war sie nicht ganz so dumm und mopsgesichtig wie Parkinson, aber menschlich mindestens genauso schlimm. Die Behauptung des Sprechenden Hutes, man könne in Slytherin wahre Freunde finden, hielt er für den größten Schwachsinn, den er je gehört hatte. Arrogant, schleimig und selbstbezogen waren sie allesamt, doch vom Wert der Freundschaft wussten sie rein gar nichts! Wieder einmal beglückwünschte er sich zu seiner Entscheidung, auf keinen Fall in das Haus der Schlangen einsortiert werden zu wollen.

*

Vor dem Abendessen lief Draco in die Eingangshalle, rief „Weasley, hey, Weasley!“, und wedelte mit dem Tagespropheten, in dem sich ein Artikel über Rons Vater befand, den der junge Malfoy mit lauter Stimme vorlas. Dadurch erlangte er die Aufmerksamkeit aller Umstehenden, was jedoch unweigerlich zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Potter führte, der Weasley verteidigte. Als das Narbengesicht schließlich anfing, Dracos Mutter zu beleidigen, war für diesen der Spass vorbei. Wutentbrannt schleuderte Draco seinem Erzfeind einen Fluch entgegen, der die Brillenschlange nur um Haaresbreite verfehlte. Dann überschlugen sich die Ereignisse.
Ein weiterer, heller Lichtstrahl flog wie aus dem Nichts durch die Eingangshalle, Professor Moody erschien, und dort, wo eben noch Draco gestanden hatte, saß nun ein kleines, weißes Frettchen zitternd auf dem Boden. Es dauerte einen Moment, bis die Schüler begriffen, was geschehen war. Zunächst herrschte eine beängstigende Stille, dann fingen alle an, wild durcheinander zu sprechen. Einige Gryffindors kicherten verhalten, die Slytherins wirkten entsetzt und manche beschwerten sich lauthals über die raue Erziehungsmaßnahme, doch als der erste Schock überwunden war, brachen die meisten in lautes Gelächter aus. Saphira empfand eine hämische Schadenfreude, die sie jedoch nicht offen zeigte.
Das war einfach zu schön, um wahr zu sein! Zum zweiten Mal in diesem Schuljahr wurde Draco nun schon vor versammelter Mannschaft bloßgestellt. Und das in der ersten Woche nach den Sommerferien. Das konnte noch ein interessantes Schuljahr werden …

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