11

95 6 0
                                    

"Schön zu sehen das wenigstens du zur Vernunft gekommen bist, Bruder." "So weit wollen wir noch nicht gehen. Ich bin nur hier weil ich wissen will, was du hier zu suchen hast Dorian, nicht irgendwelche nicht vorhandenen familiären Bindungen wieder aufleben zu lassen, auf die du dich so versteift hast." Jaques verschränkte vielsagend die Arme und sah seinen Gegenüber stoisch an, der bei seinen Worten das Gesicht verzog. "So harsche Worte bin ich von dir gar nicht gewohnt, Jaques. Du warst doch immer der fröhlichste von uns allen." Jaques hob eine Augenbraue. "Ach, nun war ich also der Fröhlichste, früher nanntest du mich immer den Übermütigsten, was hat deine Meinung geändert?" Dorian seufzte und sah in die Ferne. "Die Zeit. Ich gebe zu, deine unerschütterliche positive Art und die nervtötende Angewohnheit von dir, nichts ernst zu nehmen, hat mich oft dazu verleitet dir gegenüber etwas zu harsch zu werden. Doch trotzdem bist du mein Bruder, so wie ihr alle. Ich bin mit euch Seite an Seite in die Schlacht geritten, habe mein Leben in eure Hände gelegt, und eures in die meinen genommen. Das hinterlässt eine tiefe Bindung, das macht uns zu Familie. Außerdem, sind wir alles was wir haben. Alles um uns herum, jeder Mensch, jede Stadt, ja sogar jeder Stein vergeht, doch wir bleiben bestehen, wir werden auf ewig hier sein. Auf ewig eins sein. Wir sind die Unsterblichen, Jaques, erinnere dich an dein Schicksal. Wir wurden nicht dazu auserwählt unter den Menschen zu leben, zu sein wie sie. Wir wurden dazu auserwählt, größer zu sein als sie es jemals werden würden." "Dir ist doch hoffentlich klar wie fanatisch du dich anhörst.", unterbrach ihn Jaques trocken und Dorian warf ihm einen flüchtigen Blick zu ehe er eine Augenbraue hob. "Du magst es fanatisch nennen, andere würden es visionär nennen." Jaques lachte leise. "Du konntest schon immer gut mit Worten umgehen, Dorian. So hast du uns auch schon damals gebracht dir zu folgen. Doch was willst du diesmal bezwecken? All die Jahre ließt du uns unseren eigenen Weg gehen, doch nun tauchst du hier auf, und willst uns wieder vereinen? Wozu? Es geht dir wohl kaum um ein lang überfälliges Familientreffen. Gilt es vielleicht einen neuen Feind zu bekämpfen?" Dorian lehnte sich in seinem Stuhl zurück, beinahe so, als würde er über Jaques Worte nachdenken müssen, ehe er leise antwortete. "Ein Feind, ja, doch kein greifbarer. Noch nicht. Ich werde alles zu seiner Zeit erklären, doch zuerst müssen wir uns wieder vereinen, unsere Bruderschaft neu aufleben lassen. Neun habe ich bereits überzeugt, es fehlen nur noch du und Cassian. Das ich mich auf dich verlassen kann, bin ich mir sicher. Du wirst kommen wenn ich zum Konklave rufe, doch um Cassian mache ich mir Sorgen. Jaques, er jagt der Liebe hinterher obwohl er doch weiß, wie sinnlos dieses Unterfangen ist. Er zwingt sich selbst menschlich zu sein, und verleugnet dadurch sein wahres Ich. Wir müssen ihn wieder daran erinnern, wer er ist, was er sein kann, wenn er die Ketten der Menschlichkeit die er sich selbst auferlegt hat, endlich abstreift. Auf mich wird er nicht hören, er gibt immer noch mir die Schuld an unserem Schicksal, sieht es als Fluch anstatt als den Segen das es ist. Doch auf dich hört er. Du bist sein engster Vertrauter, sein bester Freund, euer Band ist über die Jahre immer stärker geworden, es gibt Brüder die distanzieren sich voneinander, so wie wir, und es gibt Brüder die wachsen zusammen, so wie ihr. Auf dich wird er hören. Also sag mir, Bruder, wirst du mir helfen unseren kleinen Bruder wieder auf den rechten Pfad zu führen?" Jaques sah sich selbst in einer Zwickmühle wieder. Dorians Worte waren zu ihm durchgedrungen, hatten in erinnert an eine Zeit, wo er alles für ihn getan hat, wo er ihm bedienungslose Treue geschworen hat, doch andererseits würde er Cassian, seinen ältesten Freund, verraten müssen, um Dorians Wunsch nachzukommen. Cassian, der all die Jahre über immer für ihn da war. Der ihn zumeist vor größerem Unheil bewahrt hatte, wenn er wieder mal so töricht war, eine Revolte anzuzetteln, die in einen Krieg ausartete, einen Monarchen beleidigte um daraufhin dem Henker vorgeführt zu werden, ja selbst damals als er sich in den Kopf gesetzt hatte Piratenkapitän zu werden, war Cassian als sein Adjutant an seiner Seite gewesen, und die beiden haben so manche Marineschiffe das fürchten gelehrt. All die Jahre über war es Cassian gewesen, der an seiner Seite war, und doch schien die Erinnerung an alte Zeiten alle anderen zu überschatten. Erinnerungen daran, wie sie nicht zu zweit waren, sondern zu zwölft. Wie sie nebeneinander her geritten waren, das Gefühl der Dazugehörigkeit durchströmte ihn, ein Gefühl, als wäre er zuhause, dass diese Männer, seine Familie waren. Das Gefühl, das Richtige zu tun, das sie eine Mission hatten, die größer war, die wichtiger war, als jeder Einzelne von ihnen. Jaques blickte zu Dorian der ihn mit diesem wissenden Lächeln beobachtete, ganz so als wüsste er ganz genau, was gerade durch seinen Kopf ging. Vielleicht erging es ihm genauso. Vielleicht wurde auch er von alten Erinnerungen eingeholt, Erinnerungen die sie alle versucht hatten zu verdrängen, die jedoch tief in ihnen verankert waren, ein Teil von ihnen waren, ihr Sein bestimmten. "Ich habe bereits versucht mit ihm zu reden, doch du kennst ihn, hat er sich erst einmal was in den Kopf gesetzt, lässt er sich nicht davon abbringen. Und im Moment hat er sich in den Kopf gesetzt, dich zu hassen und keines Falles mit dir zu reden." Dorians Lächeln blieb während er sich nach vorne beugte und Jaques verschwörerisch zuzwinkerte. "Dann müssen wir dafür sorgen das er diesen Hass vergisst. Unser lieber Cassian mag stur sein, ist er schon immer gewesen, doch was er niemals war, war nachtragend, weshalb es mich auch so verwundert das er mir nach all den Jahrhunderten immer noch böse ist. Aber zusammen finden wir bestimmt einen Weg seine vergebende Seite zu erwecken. Doch das wichtigste ist, das uns dabei nichts in die Quere kommt. Oder besser gesagt, niemand." Jaques hob fragend eine Augenbraue ehe ihm ein Licht aufging. "Angeline.", flüsterte er leise. Dorian nickte leicht, das Lächeln war verschwunden und in seinen Augen lag ein kaltes Funkeln. "Angeline. Sie muss verschwinden. Koste es was es wolle."

Never Ending Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt