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"Haben wir denn einen Plan?" "Dorian aufhalten." Jaques runzelte kritisch die Stirn. "Das klingt eher wie ein Endziel als ein Plan.", warf er ein, was ihm einen bösen Blick Cassians einbrachte. "Hast du einen besseren Plan?", gab er zurück und aus Jaques Schweigen schloss er, das sein Freund ebenso ratlos war wie er. Resigniert lehnte sich Cassian gegen die Wand. Die Wahrheit war doch, sie saßen in der Patsche. Dorian würde nicht aufgeben sie zu finden und Angeline zu töten, und er hatte neun Unsterbliche auf seiner Seite. Und was hatten sie? Rein gar nichts. "Was ist mit den Anderen, kann uns vielleicht einer von ihnen helfen?", mischte sich nun Angeline ein die lautlos näher gekommen war. Jaques lachte auf und schüttelte den Kopf. "Keine Chance das sie sich gegen Dorian stellen. Niemals. Manche von ihnen mögen zwar ein Problem mit Autoritätspersonen haben, so wie Levin zum Beispiel, doch nicht einmal er würde es wagen, sich gegen Dorian zu stellen. Verdammt, selbst ich bereue es bereits, mich gegen ihn gestellt zu haben." Cassian zog eine Augenbraue hoch. "Du kannst gerne zurück zu ihm rennen, wenn du Angst hast.", knurrte er seinen Freund an, der beschwichtigend die Hände hob. "So war das nicht gemeint, und das weißt du auch. Alles was ich damit sagen will, ist, dass wir kaum Hilfe von einen der Anderen erwarten dürfen. Das war alles. Wir sind zwar unsterblich, aber nicht unbesiegbar, und das weiß Dorian." Bei dem Wort unsterblich zuckte Angeline kurz zusammen, doch sie hatte sich schnell wieder gefasst. Allem Anschein nach schien sie sich langsam mit dem Gedanken, Unsterbliche gibt es wirklich, angefreundet zu haben. Oder jedenfalls hat sie es akzeptiert, denn sie war aus ihrer Starre erwacht, und versuchte sich sogar aktiv daran zu beteiligen, eine weitere Vorgehensweise zu entwickeln. "Aber das gilt dann doch auch für Dorian. Ihr könnt ihn vielleicht nicht töten, aber aufhalten. Ich meine, ihr müsst ihn aufhalten. Dieser Irre plant das Ende der Welt.", sprach sie weiter, woraufhin Jaques und Cassian bloß zweifelnde Blicke wechselten. "Hör mal Angeline, ich weiß, dass alles ist vollkommen neu für dich, doch eines solltest du dir schnell klar machen. Man widersetzt sich Dorian nicht. Die Letzten die das versucht haben, landeten am Scheiterhaufen. Und in der Neuzeit haben sich die Möglichkeiten, jemanden umzubringen, verdoppelt. Ich meine, Waffen, Bomben, Granaten. Wurdest du schon einmal von einer Granate zerfetzt. Das tut verdammt weh.", widersprach Jaques ihr und Angeline sah ihn mit großen Augen an. "Wurdest du etwa schon einmal, naja, von einer Granate zerfetzt?", fragte sie heiser. Jaques nickte. "Ja, das muss während des Vietnamkrieges gewesen sein, wenn ich mich nicht irre.", antwortete er beiläufig und Angelines Augen weiteten sich noch mehr. "Wie funktioniert das? Ich meine, ich kann verstehen wie eine Schusswunde heilt, das Gewebe muss sich bloß selbst regenerieren. Aber wie kommt ihr wieder wenn euer Körper vollkommen zerfetzt wurde. Da ist dann doch nichts mehr über das sich regenerieren könnte." Cassian und Jaques sahen sie sprachlos an, keiner der beiden wusste eine Antwort darauf. "Naja, also, ich wurde damals nicht völlig zerfetzt, bloß zu 50 Prozent, etwa.", murmelte Jaques nachdenklich. "Das heißt, ihr wisst nicht was passiert wenn gar nicht mehr genügend über ist, um euch zu regenerieren. Vielleicht bleibt ihr dann tot.", warf Angeline ein. "Ich weiß nicht ob mich diese neue Seite an dir ängstigt oder beeindruckt.", murmelte Jaques leise. Cassian hörte gar nicht auf ihn sondern begann nachdenklich auf und ab zu tigern. "Nun ja, dann müsste der Körper aber wirklich völlig zerfetzt werden. Denn du musst denken, wir erholen uns von so einigem. Wir wurden schon verbrannt, und denk nur an die Flugzeugturbine.", erinnerte er seinen Freund, der das Gesicht verzog. "Lieber nicht, ich versuche das immer noch zu verdrängen. Das war auch damals der Grund, warum ich den Frauen abgeschworen habe." Angeline sah fragend zwischen den beiden hin und her, doch Jaques winkte bloß ab. "Jetzt stellt sich nur die Frage, wie bringen wir eine Granate nahe genug an Dorian heran, um unsere Hypothese zu testen.", redete Cassian weiter, er schien so im Gedanken versunken zu sein, das er die anderen beiden gar nicht mehr wahrnahm. "Das ist vollkommener Wahnsinn.", warf Jaques ein. Angeline hob eine Augenbraue. "Was? Das wir uns darüber unterhalten, wie man am besten einen Unsterblichen tötet?", meinte sie sarkastisch. Jaques schüttelte den Kopf. "Nein, das ist eine völlig normale Konversation für unsere Verhältnisse. Es ist Wahnsinn darüber zu reden, Dorian mit einer Granate zu töten. Er hat uns schneller erschossen, in die Luft gejagt, und was weiß ich was noch, ehe wir auch nur annähernd nahe genug wären, um sie zu zünden. Außerdem haben wir keine Ahnung, ob ihn das auch wirklich tötet.", fügte er hinzu. "Nein, würde es nicht.", ertönte es plötzlich vom Eingang her. Alle drei wirbelten zeitgleich herum und Cassian stellte sich reflexartig vor Angeline. "Levin? Wie hast du uns gefunden?", rief Jaques überrascht, als er einen breit grinsenden Levin entdeckte, der lässig an der Wand lehnte und die drei beobachtete. "Ich habe deine Identifikationsnummer geklaut.", antwortete er und wedelte mit seinem Handy herum, wo ein roter Punkt aufblinkte. Jaques stöhnte auf. "Verdammt, geschlagen von meinen eigenen Waffen.", murmelte er zu sich selbst, ehe er stirnrunzelnd aufsah. "Warte mal, was heißt hier, das würde es nicht? Woher weißt du das?" Levin steckte das Handy weg. "Wisst ihr, mit jedem Jahrhundert das verging, wurde mir langweiliger. Mit der Zeit macht es einfach keinen Spaß mehr, Aristokraten zu provozieren und dafür dann vor ein Erschießungskommando gestellt zu werden. Da habe ich dann angefangen nachzudenken, wie weit wir gehen könnten, ehe unsere Unsterblichkeit an ihre Grenzen kommt. Daher wurde ich dann kreativ. Ihr wisst schon, Bungeejumping ohne Seil vom Mount Everest, Köpfler in den Fleischwolf, solche Sachen. Ich habe mir sogar eine Bombe in meinen Körper hinein operieren lassen, die ich daraufhin gezündet habe. Aber da ich nun hier vor euch stehe, lässt sich nur Schlussfolgern, dass selbst wenn wir in tausend kleine Fetzten zerfetzt werden, wir nicht sterben können." "Du bist vollkommen wahnsinnig.", murmelte Cassian leise. Levin zuckte mit den Schultern. "Sind wir das nicht alle? Wenn ihr mich fragt, ist das eine Konsequenz der Unsterblichkeit. Ich meine, sind wir doch mal ehrlich, niemand kann so lange leben ohne den Verstand zu verlieren. Es gibt schon einen Grund warum die Lebensspanne der Menschen begrenzt ist. Damit genau das verhindert wird." Er zeigte zuerst demonstrativ auf sich, und dann auf Jaques und Cassian, die ihn immer noch ungläubig ansahen. "Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte, es hat keinen Sinn, Dorians Tot zu planen. Es gibt keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten, und erst recht keine, ihn zu töten. Findet euch damit ab."

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