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"Du solltest dich eher freuen. Wenigstens ist diesmal keiner ermordet worden.", versuchte Jaques seinen Freund aufzuheitern. Cassian ignorierte ihn und starrte weiter aus dem Fenster. Die Sonne begann bereits unterzugehen und tauchte die Stadt in orange rotes Zwielicht. Seine Gedanken wanderten immer wieder zurück zu Angeline. Ihr Lächeln, das Funkeln in ihren Augen, wie sie ihr Haar zurück warf, doch dann änderten sich die Bilder, und er sah ihre wütende Miene, den Schimmer des Verrates in ihren Augen, diese unglaubliche Enttäuschung. "Ich hab es diesmal echt vermasselt.", murmelte er mehr zu sich selbst, was Jaques eine Augenbraue heben ließ. "Die Frau in die du dich verliebt hast lebt noch, anders wie die ganzen Anderen, aber diesmal hast du es vermasselt? Deine Logik würde ich gerne verstehen." Cassian drehte sich zu Jaques, der mit verschränkten Armen auf der Couch saß und ihn beobachtete. "Du verstehst das nicht!", knurrte er und Jaques sprang auf. "Dann erklär es mir bitte. Denn du hast Recht, ich verstehe es nicht. Ich verstehe einfach nicht, was an Angeline so besonders ist. Doch du führst dich bei ihr auf, als wärst du ein blutiger Anfänger. Verdammt, wo ist der Casanova den ich kannte?" Cassian seufzte. "Ich kann dir keine Antwort darauf geben. Ich weiß nur das Angeline anders ist als jede Frau die ich in den Jahrhunderten meines nicht enden wollenden Lebens getroffen habe. Doch nun ist es zu Ende. Sie hasst mich, und meine Lüge wird sie mir wohl nie verzeihen. Pack deine Sachen, wir verschwinden von hier. Ich will Chicago hinter mir lassen.", murmelte er entschieden. Jaques sprang alarmiert auf. "Jetzt warte mal Cassian, übertreibst du jetzt nicht etwas?", rief er seinem Freund hinterher, doch der war bereits in seinem Zimmer verschwunden. "Verdammt.", knurrte Jaques ehe er sein Handy heraus zog und hastig eine Nummer wählte.

"Die Polizei hat die Leiche gefunden. Habe ich nicht ausdrücklich gesagt, du sollst keine Spuren hinterlassen?", knurrte Dorian wütend und Cedric zog schuldbewusst den Kopf ein. "Es tut mir leid, ich war in Eile. Ich wollte die anderen so schnell wie möglich finden, deshalb habe ich möglicherweise vergessen, die Leiche zu verbrennen.", gestand er. Dorian massierte sich genervt die Schläfe. "Du führst dich auf als wäre das dein erster Mord gewesen." Cedric zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Zugegeben, ich habe keine Übung darin hinterrücks zu meucheln. Ich bin Ritter, ich weiß wie man in einer Schlacht kämpft, nicht wie man jemanden in einer dunklen Gasse absticht. Ich meine, die Mörder unter uns sind Jackson und Vladimir, und Lucien hat auch Übung darin, es wäre vielleicht besser wenn du einen von ihnen auf diese Frau ansetzen würdest." Dorian sah ihn entnervt an. "Würde ich ja, aber es gibt immer noch keine Spuren von ihnen. Denn im Gegensatz zu dir, wissen sie ganz genau wie man unentdeckt bleibt.", knurrte er, doch als Cedric zu einer Antwort ansetzte, wurde er von Dorians Handy unterbrochen. Mit einem letzten düsteren Blick in Cedrics Richtung ging Dorian ran. "Jaques, alles in Ordnung?", fragte er und zwang sich seine Stimme möglichst gelassen klingen zu lassen. "Dorian, wen auch immer du auf Angeline angesetzt hast, du kannst deine Hunde zurück pfeifen.", kam Jaques gleich zur Sache. Dorian verdrehte die Augen ehe er ein Lächeln aufsetzte um seine Stimme möglichst unschuldig wirken zu lassen. "Ich sagte doch schon, das ich nicht weiß wovon du redest.", begann er, doch Jaques unterbrach ihn. "Schon gut, schon gut, ich weiß das du weißt das ich es weiß, also hör auf mit dem Spielchen. Und hör auf Angeline töten zu wollen, du hast gewonnen. Sie hat Cassian abserviert. Er ist am Boden zerstört, er will sogar Chicago verlassen. Also wenn es einen Zeitpunkt gibt, in dem er bereit wäre, mit dir zu Reden, ist es jetzt." Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Dorians Lippen. "Großartig.", flüsterte er ehe er auflegte. Cedric, der das Gespräch mit angehört hatte, grinste. "Das heißt dann also Mission erfüllt! Du redest mit Cassian, ich trommle die anderen zusammen, und dann verschwinden wir alle von hier." Er wollte sich schon auf den Weg zur Tür machen, doch Dorian hielt ihn auf. "Nicht so schnell Bruder. Sie mag vielleicht jetzt wütend auf ihn sein, doch du kennst die Unbeständigkeit der Menschen. Wenn sie ihre Meinung ändert, verfällt ihr unser kleiner Bruder sofort wieder aufs Neue. Wir müssen sicher gehen, das dies nicht passiert. Insbesondere wenn sie die ist für die ich sie halte." Er sah vielsagend zu Cedric der seufzte, doch ergeben nickte. Dorian ging noch einen Schritt auf ihn zu und sah ihn warnend an. "Und diesmal, sorgst du dafür, das es die Richtige ist, und das ihre Leiche niemals gefunden wird."

Er sah auf die alte Frau herab die vor ihm kniete. Sie zitterte am ganzen Körper, als er sich zu ihr hinunter beugte. "Wo ist sie?", fragte er leise die kauernde Gestalt. "Ich weiß nicht von wem Sie reden, Herr.", flüsterte die alte Frau mit jammervollen Ton. "Doch das weißt du. Sag es mir, und ich verschone dich vielleicht." Die Frau stieß einen Klagelaut aus, der ihn aber völlig kalt ließ. "Letzte Chance altes Weib, wo versteckt sie sich?", fragte er nun lauter. In diesem Moment wurde er von einer Stimme hinter ihm abgelenkt. "Kommandant! Kommen Sie schnell!" Genervt drehte sich Dorian zu Laurin um, der in voller Rüstung und gezogenen Schwert auf ihn zueilte. "Was ist los?", knurrte er, ohne den Blick von der kauernden Frau vor sich abzuwenden, die wie ein Häuflein Elend vor sich hin schluchzte. "Wir haben eine ganze Gruppe von ihnen erwischt. Sie alle tragen das Zeichen der dunklen Religion.", rief Laurin ihm triumphierend zu. Ein kaltes Lächeln erschien auf Dorians Lippen. "Das kommt wie gerufen.", flüsterte er leise, bevor er sich zu der alten Frau umdrehte. "Scheint so als wäre ich auf deine Hilfe nicht mehr angewiesen, Hexe." Ohne ein weiteres Wort hatte er seine Klinge gezogen und sie der hilflosen Frau in die Brust gerammt. Ihre Augen weiteten sich noch ein letztes Mal, ehe sie reglos zusammen sackte. Dorian zog die blutige Schneide aus ihrem Körper. "Du solltest mir dankbar sein, dass ich dir den Scheiterhaufen erspart habe.", wisperte er der reglosen Gestalt vor ihm noch zu, ehe er sich zu Laurin umdrehte, der die Szene schweigend beobachtet hatte. "Führe mich zu den Häschern der Dunkelheit. Vielleicht können sie ja meine Frage beantworten."

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