Kapitel 25

31 8 5
                                    

Ich stoße einen wehmütigen Seufzer aus, als ich aus dem Flugzeugfenster hinunter auf den Atlantik sehe. In ein paar Stunden werde ich wieder den Boden von Ponville betreten und es fühlt sich so an, als würde damit das ganze Drama wieder von vorne anfangen. Naja, vermutlich wird es das auch.

Ich schaue zu Lu neben mir, die in ein Buch vertieft ist. Wahrscheinlich will sie sich von dem Streit mit ihrem Vater ablenken. Als wir gestern in der Nacht nachhause gekommen sind, hat er uns gesagt, dass er uns sofort in den nächsten Flieger stecken wird und wir unsere Sachen packen sollen.

Ich werfe einen Blick auf die Plätze hinter mir, wo Kai und Luke sitzen. Kais Mütter haben sie auch rausgeworfen, weil sie einfach abgehauen sind.

Unser Flieger ist diesmal kein Privatjet sondern ein normales Passagierflugzeug. Dass die Familie King Geld hat merkt man aber trotzdem, wir sitzen in der ersten Klasse.

Der Flug vergeht dieses Mal noch langsamer als vor ein paar Tagen. Ich schlafe viel, rede ab und zu mit den anderen, zeichne (obwohl ich keine Inspiration habe) und lese ein bisschen. Das Essen an Bord schmeckt furchtbar und meine Stimmung sinkt immer weiter.

Rom war so eine schöne Auszeit von all unseren Problemen gewesen. Nicht nur war da die Gewissheit, dass unser Erpresser endlich hundert tausende Kilometer von uns entfernt gewesen war, ich bin auch von dem normalen Highschoolleben befreit gewesen. Und sind wir mal ehrlich: Die Highschool an sich ist schon anstrengend genug, auch ohne verrückten Erpresser.

Deshalb ist meine Laune so gut wie im Keller, als ich aus dem Flugzeug steige und wieder amerikanische Luft rieche. Die anderen sehen nicht weniger unglücklich aus, als wir durch den Flughafen stapfen und uns von einer Fahrerin abholen lassen.

Zuerst lässt sie Luke raus. Er lebt in einem kleinen Haus am anderen Ende von Ponville.

„Tschüss!", verabschieden Lu und ich uns traurig und sehen ihm nach, wie er mit seinem Koffer zur Haustüre trottet.

Kai ist der nächste. Er knallt die Tür des Autos zu und schenkt uns ein Grinsen zum Abschied, das seine Augen jedoch nicht erreicht. Ich habe den anderen natürlich nichts von seinem Geheimnis erzählt, aber ich hoffe, dass er das selbst bald tun wird.

Mein Haus ist nach ihm dran. Ich spüre, wie meine Mundwinkel nach unter fallen, als ich unsere Einfahrt sehe. In Rom war es sonnig, warm und glücklich. Hier ist es bewölkt und obwohl es Sommer ist, weht eine kühle Brise, weshalb ich in meine Jeansjacke schlüpfe bevor ich aussteige.

-

Drinnen angekommen begrüße ich meine Eltern und setze mich mit ihnen und einem Glas Orangensaft auf das Sofa. Eigentlich möchte ich einfach nur hinauf in mein Zimmer gehen und mich wegen dem Jetlag hinlegen, doch meine neugierige Mutter besteht darauf, dass ich mich mit ihnen unterhalte.

Nachdem ich ihnen grob den Ablauf des Urlaubs erzählt habe, zieht Mum interessiert die Augenbrauen hoch:

„Und wie war es mit den Kings?"

Ungewollt verdrehe ich die Augen und nippe an meinem Orangensaft.

„Gut." Ich habe meine Auseinandersetzung mit ihr vor meiner Abreise nicht vergessen und habe nun sicherlich nicht vor, ihr irgendetwas zu erzählen. Lu würde mich hassen, wenn der Streit mit ihren Eltern an die Öffentlichkeit gehen würde.

„Ist etwas Interessantes passiert?"

„Nein.", antworte ich scheinheilig und lehne mich zurück in ein Kissen. „Und ist inzwischen in Ponville etwas Wichtiges passiert?"

Meine Frage ist beiläufig und soll eigentlich nur vom Thema ablenken, doch dann antwortet mein Dad, der bis jetzt nur wenig gesagt hat:

„Wir haben einen neuen Fall. Dieser Thymon wird vermisst."

our little secretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt