Feuer und Eis

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Für einen Moment fühlt es sich so, als wären wir ganz allein. Es ist, als würden wir in einem leeren weißen Raum stehen. Alles um uns herum bewegt sich für einen Moment in Zeitlupe. Wir bewegen uns in Zeitlupe. 

Du schaust mir tief in die Augen. Ich kann meinen Blick nicht von dir nehmen. Es fühlt sich so an, als würden wir uns schon ewig kennen. Als würdest du mich besser verstehen, als jeder andere in meinem Umfeld. Als wüsstest du alles über mich. Deine Eisblauen Augen durchdringen mich.  Dann gefriert mein Körper. Auf meinen Armen breitet sich eine leichte Gänsehaut aus. Dann läuft mir ein wohliger, kalter Schauer über den Rücken. Meine Füße sind wie festgefroren. Für einen Moment genieße ich dieses Gefühl.

Dann hebe ich meine Hand, ohne den Blick von deinen Augen zu nehmen. Mit einer sanften Handbewegung streiche ich eine feuerrote Haarsträhne aus deiner Stirn. In dem Moment wo ich sie berühre, bekomme ich einen leichten Stromschlag. Mit einem Mal wird mir ganz warm. Deine Wärme lässt das Eis in mir wieder auftauen. Meine Wangen glühen. Meine Hände werden warm. Mein Bauch prickelt leicht, als hättest du mich mit einem Funken angesteckt.

Langsam senke ich meine Hand. Streiche über deine weiche Wange, die leichten Grübchen, die dein Lächeln unterstreichen und dein Gesicht zum Strahlen bringen. Dann wandere ich über dein Hals, deinen Arm entlang bis zu deiner Hand. 

Als ich meine Hand wieder senke nimmst du sie behutsam in deine und hälst sie in deinem festen Griff. Dann ziehst du dich leicht an mich heran. Ich kann deinen warmen und flachen Atem an meiner Wange spüren. Deine freie Hand berührt mich leicht am Hals. Langsam schließen sich deine Augen. Mein Herz schlägt stark gegen meine Brust. Ich spüre die Stellen wo mich dein Körper sanft berührt. Leise atme mich ein. Ich bin vollkommen in dem Moment. Vorsichtig senke ich meinen Blick.

Dann berühren sich leicht unsere Lippen. Es ist wie ein kleiner Flügelschlag. Ein kurzer Augenblick, ein kleiner Moment. Es steht alles still. Mein Körper durchfließt gleichzeitig die Kälte deiner Augen. Dann die Wärme deiner Haare. Deine Lippen schmecken süßlich. Du ziehst mich noch näher an dich heran. Meine freie Hand legt sich auf deinen Rücken. Wir sind harmonisch. Im Einklang. Als könnte uns niemand trennen. Kein Blatt könnte sich mehr zwischen uns legen. Leidenschaftlich bewegen sich unsere Lippen aufeinander. Bis wir nach einer Weile wieder zärtlicher werden.

Kurz zögerst du. Dann löst du dich von mir. Langsam öffne ich wieder meine Augen. Ich schaue tief in deine. Ein letztes Mal drückst du deine Stirn sanft an meine. Dann lässt du meine Hand los. Um uns herum verschwindet der leere Raum. Alles bewegt sich wieder in normaler Geschwindigkeit. 

Du bist weg. Es wäre als wärst du nie da gewesen. Du, der Junge aus Feuer und Eis.

long story shortWo Geschichten leben. Entdecke jetzt