Kapitel 95

283 33 12
                                    


Mein Herz schlägt wild in meiner Brust, als ich in die Augen von Finlay blicke, der nun keine zwei Meter von mir entfernt steht. Es war das erste Mal in Wochen, dass ich wieder draußen war und drei Tage her, seit ich ihn gesehen hatte. Seit meinem Zusammenbruch. Schmerz zieht sich durch meine Brust an den Gedanken. Ich atme schwer aus und wende schließlich meinen Blick ab. Meine Augen landen auf dem Boden. „...und dann haben Fin und ich Farbe gekauft und jetzt malen wir Superhelden an meine Wand. Magst du auch Superhelden?"

Ich habe fast vergessen, dass der Junge immer noch neben mir ist. Als mein Blick das erste Mal auf sein Gesicht gefallen war, hatte ich fast angefangen zu weinen. Es tat weh Kinder zu sehen. So verdammt weh. Es erinnerte mich an alles was ich je verloren hatte. Daran, dass ich nie welche haben würde.

Vielleicht war ich einfach nicht dazu gemacht, Mutter zu werden... Vielleicht....

Ich spüre, wie Tränen in meine Augen steigen.

„Es ist nicht schlimm, wenn du keine kennst! Ich kann dir welche zeigen. Warte einfach hier."

„FIIIIN!", schreit er plötzlich und rennt plötzlich neben mir los. Direkt auf Finlay zu.

Finlay.

Fin.

Erschrocken hebe ich meinen Kopf und blicke auf das was sich nun direkt vor mir abspielt. Der kleine Junge rennt auf Finlay, meinen Finlay, zu und redet wild gestikulierend auf ihn ein. Finlay hat seine Augen immer noch auf mich gerichtet. Ein Flattern breitet sich in meiner Brust aus, welches Scham in mir auslöst. Hier befand ich mich mit einem beschissenen Flattern in meiner Brust, obwohl ich doch zwei Kinder verloren hatte. Zwei Kinder. Was war ich für ein Mensch, dass obwohl ich doch gerade das Kind meines Ehemannes verloren hatte, Gefühle für einen anderen Mann hatte? Gefühle für einen Mann, den du liebst. Und der dich liebt.

Ich hatte auf diese Worte fünf Jahre gewartet und vor drei Tagen hatte ich sie endlich bekommen. Finlay liebte mich. Er. Liebte. Mich.

Mein Herz beginnt höher zu schlagen und ich habe plötzlich den Drang zu ihm zu rennen. Doch das konnte ich nicht. Aiden war das erste Mal seit Wochen arbeiten und das Erste was ich tun wollte, war mich in Finlay's Arme zu stürzen? Was war los mit mir? Doch es fühlt sich einfach so richtig an... Ich wollte nicht mehr... Ich wollte einfach nicht mehr mit diesem Schmerz leben..

Finlay nickt plötzlich und wendet seinen Blick kurz von mir ab und blickt nun auf den Kleinen vor sich. Ich beobachte, wie seine Hand in der Innentasche seiner Lederjacke verschwindet und er etwas, was aussieht wie Spielzeugfiguren aus seiner Tasche rausholt. Plötzlich schenkt er dem Kleinen ein Lächeln und fährt ihm mit seiner Hand liebevoll durch die Haare. Ich habe das Gefühl, dass mir der Boden unter den Füßen weggerissen wird. Mir wird schlecht, denn plötzlich ist der Kleine nicht mehr braunhaarig, sondern blond und sieht aus wie eine Miniversion von Finlay mit meinen Augen und heißt Angus. Ein leiser Schluchzer dringt aus meinem Mund und in einer hastigen Bewegung drehe ich mich um. Ich musste hier weg! Ich musste weg. Weg. Weg. Weg.

„Hey!", erklingt plötzlich die Stimme des Kleinen hinter mir. „Ich hab doch gesagt, du sollst hier warten.", sagt er mahnend.

Ich schlucke, bleibe stehen und wische mir einmal übers Gesicht.

Du schaffst das Ella, es ist nur ein Kind. Es ist nur ein kleines Kind.

Ich drehe mich um und versuche dem Kleinen ein Lächeln zu schenken.

„Tut mir leid", sage ich „Was hast du denn da in deiner Hand?", presse ich hervor, obwohl es weh tut den Kleinen anzusehen.

„Superhelden.", ruft er aus und hebt plötzlich drei Figuren hoch.

Oceans Apart ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt