Vor 3 Jahren
Der Geruch von Schokolade erfüllte das Haus, als ich hungrig, meine Hände in riesigen türkisfarbenen Ofenhandschuhen gepackt, den Ofen öffnete. Im Hintergrund peitschte der Regen laut an das Küchenfester, der Himmel hang wie ein graues Zelt über Edinburgh. So wie es das 70 Prozent der Zeit tat. Mein Blick fiel auf die ovale, graue Wanduhr, dessen leises Ticken, sich mit dem Geräusch des Regens verschmolz. Aiden's Flieger würde erst in ein paar Stunden landen.
Kurze Besorgnis türmte sich in mir auf, als ich erneut auf den weinenden Himmel blickte. Ich rief mir in Erinnerung, dass der Wetterbericht nur kurzweiligen Regen angesagt hatte. In ein paar Stunden hätte sich das Meer von Wolken verschoben. Der Regen würde aufhören, da war ich mir sicher. Aiden würde sicher landen. Es kam nun immer öfter vor, dass er sich auf Geschäftsreisen befand. Iren, Engländer, Amerikaner, aber vor allem Schotten liebten Whisky. Liebten es Aiden zuzuhören, wie er von der Lagerung des Whiskys bis zur Reifung sprach.Es würde nicht mehr lange dauern, bis er die Firma übernehmen würde. Bis sein alter Chef ihm die Firma überschreiben würde. Da war ich mir sicher. So sehr ich mich auch für Aiden freute, gleichzeitig machte es mir eine Heiden Angst. Ich wusste nicht, was es für uns bedeutete, wenn er die Firma leiten würde.Eins wusste ich aber:
Ich wollte nicht aus Schottland weg.
Es war merkwürdig, dass ich mich nun so fühlte, dass ich aus dem Land, das einst nicht meine Heimat gewesen war, nicht mehr weg wollte. Ich redete mir ein, dass es daran lag, dass ich das Vertraute nicht abermals hinter mich lassen wollte, aber tief in mir drin wusste ich, woran es lag. Es konnte Zeit vergehen, es konnte sich so viel Schmerz in mir ansammeln, dass es teilweise weh tat zu atmen. Ich konnte Aiden, so sehr lieben wie ich wollte, dennoch war dort immer noch tief in mir drin, dieses klitzekleine Gefühl, dass nach ihm schrie. Dass mich dazu veranlasste immer mindestens einmal die Woche, seine Briefe anzuschauen, mit den Fingern über seine Worte zu streichen und mir zu wünschen, dass es ihm gut ging. Dass er noch am Leben war. Er musste noch am Leben sein. Sonst hätte ich von ihm gehört.
Ich wand mich meinen Keksen wieder zu. Mit einer präzisen Bewegung zog ich das volle Blech aus dem Ofen, als plötzlich ein helles, gleißendes Licht über dem Himmel zusammenzuckte Erschrocken schnappte ich nach Luft, als von der einen bis auf die andere Sekunde das Haus in vollkommende Dunkelheit getaucht wurde. Keine zehn Sekunden später hörte ich ein lautes Donnergrollen über unserem Haus.Ich stöhnte leise auf.
„Fuck!", fluchte ich, biss mir aber sofort wieder auf die Lippen.
Wo kam das denn jetzt her?
Ich schüttelte den Kopf, zog meine Backofenhandschuhe von meinen Fingern und versuchte mich in der Dunkelheit hervor zu tasten. Der Regen prasselte immer noch laut auf das Dach unseres Hauses. Plötzlich innehaltend, versuchte ich mich daran zu erinnern, wo sich der Stromkasten unseres Hause befand. Ich schloss meine Augen und versuchte mich an Aidens Worte zu erinnern.Der Gedanke schoss plötzlich, wie ein Pfeil durch mein Gedächtnis und augenblicklich wusste ich wieder, wo er sich befand. Vor dem Haus!
Ein Stöhnen verließ meinen Mund, während ich mich gleichzeitig in der Dunkelheit nach vorne tastete. Meine Hände bewegten sich nahtlos an der Wand vor, bis ich fast an der großen Tür angekommen war. Meine Hände fielen auf die nun kalte Oberfläche der Holztür. Erschrocken zuckte ich zusammen, fiel beinahe nach hinten, als urplötzlich ein Klopfen durch das Haus drang. Mein Herz pochte wild und laut in meiner Brust als ich hektisch nach dem nächstbesten Utensil griff. Meinem Tastsinn nach, musste es einer unserer Regenschirme sein.
Das Klopfen wurde nun lauter, dringlicher, brannte sich wie ein permanentes Geräusch in meinen Kopf. Ich schluckte, während ich mit zittrigen Händen nach der kalten, eisernen Türklinke griff, sie herunterdrückte, den Regenschirm wie eine Pistole nun in meiner Hand.
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Oceans Apart ✔
RomansFünf Jahre ist es her, als Ella Taylor nach Schottland gezogen ist. Als Ella das Herz von Macaulay gebrochen wurde. Mittlerweile ist sie mit einem anderen Mann verheiratet, doch sie hat ihn niemals vergessen. Den Mann, der sie die Bedeutung von wahr...