Kapitel 74

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Präsens

Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, während ich auf der Straße, direkt hinter Macaulay's Wagen stehe und auf Aiden warte. Ich vermute, dass es schon nach neun sein muss, da sich inzwischen der Himmel dunkel gefärbt hat. Im Sommer begann es immer relativ spät zu dämmern. Einzelne Laternen gehen an. Die Straße auf der ich liegen geblieben bin, ist nun verlassen. Ein Schauer rennt meinen Rücken herunter. Trotz der fünf Jahre, in denen ich hier lebe, war mir Edinburgh bei Nacht immer noch nicht geheuer. Besonders verlassene Straßen wie diese hier machten mir Angst.

Plötzlich fühle ich mich auf merkwürdige Art und Weise, fünf Jahre zurück versetzt. Fühle mich, wie an dem Tag an dem ich Macaulay... Finlay das erste Mal begegnet war. Es kam mir vor, wie in einem anderen Leben. Ich beginne vor mich hinzuzählen, versuche die Stille um mich herum mit meiner Stimme zu kompensieren. Alles war besser als Stille.

„23, 24, 25..."

Meine Schuhe hallen auf dem Straßenasphalt wider.

Klack, Klack, Klack. 

Das Geräusch meiner Schuhe beruhigt mich. Ich laufe weiter, konzentriere mich gleichzeitig auf das Zählen und das Geräusch meiner Schuhe. Zählen war seit ich denken kann etwas das mich beruhigte. Inzwischen befinde ich mich ein gutes Stück entfernt von Macaulay's Wagen. Ich bleibe stehen, drehe mich langsam um, um zurück zum Wagen zu laufen. Eine Laterne am Straßenrand beginnt zu flackern. Ein Schauer läuft mir den Rücken herunter. Ich beschleunige meine Schritte, Macaulay's Wagen kommt immer näher. Nur noch ein paar Schritte und ich war da. Erleichterung überflutet mich, die Spannung in meinen Schultern löst sich. Ich atme erleichtert auf.

Ich bin fast da.

„Schau mal an, wen haben wir denn da?" Eine dunkle, krächzende Stimme dringt plötzlich an mein Ohr. Ein erschrockener Laut dringt aus meinem Mund, gleichzeitig steigt ein beißender Geruch von Whiskey in meine Nase. Ich weiche zurück.

Es ist als ob man mir einen eiskalten Kübel Wasser über den Kopf gegossen hätte. Die Stimme kam mir seltsam bekannt vor.  Meine Hand ist in einer beschützenden Geste auf meinen Bauch gepresst, meine Augen sind erschrocken geweitet, als ich die dunkle Gestalt in mich aufnehme, die nun auf mich zukommt. Panisch wandern meine Augen umher, suchen nach einem Fluchtweg. Doch bevor ich abwägen kann, wohin ich am Schnellsten flüchte, umschließt etwas mein Handgelenk. Kalte Finger drücken es zu. Das flackernde Licht der Straßenlaterne erlischt endgültig, um uns herum nichts Anderes als Dunkelheit.

Schmerz zuckt durch meinen Körper, ich unterdrücke einen erneuten Aufschrei, schlucke ihn herunter. Es ist fast stockfinster um uns herum, doch es muss nicht hell sein, um die Silhouette zu erkennen, die sich nun vor mir auftürmt. Der beißende Geruch von Whiskey und die leichte gekrümmte Haltung, lässt mich meinen Angreifer sofort erkennen.

Obwohl ich ihn nur einmal gesehen hatte.

„Damit hast du wohl nicht gerechnet, oder?"Seine Stimme bewirkt, dass erneut ein eiskalter Schauer meinen Rücken herunterläuft.

Meine Beine zwingen mich dazu nach hinten zu stolpern, doch sein Griff ist zu fest an meinem Handgelenk. Er schnalzt missbilligend mit der Zunge.

„Du kannst versuchen was du willst, du kleines Miststück, aber du entkommst ihm nicht."

Ihm?

„Waaa. Was wollt ihr von mir?"Meine Stimme zittert, mein Körper ebenfalls.

Ein unangenehmes Lachen dringt durch die Straßen.

„Ich? ...Ich will nur sehen, wie der kleine Bastard leidet! Und du bist seine größte Schwäche." Seine Stimme ist nah an meinem Ohr.

„Weißt du, so sehr es mir Spaß gemacht hat, ihn körperlich leiden zu sehen, dieses Mal wird es um Längen schlimmer sein, denn es wird ihn innerlich zerstören. Es wird ihm das genommen, was er am Meisten in seinem Leben begehrt...", ein Lachen, dass mir einen Schauer über den Rücken fahren lässt, dringt aus seiner Kehle.

„Er, nun... er hat viel größere Pläne. Bedank dich bei deinem Vater, Kleines."

Ich nehme nur noch kurz wahr, wie Buzz Macaulay's freie Hand zu mir herüberwandert. Ich spüre etwas Spitzes an meinem Nacken, gefolgt von einem Schmerz, bevor es plötzlich dunkel um mich herum wird und ich jegliche Wahrnehmung verliere. 

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Ich wünsche euch einen schönen Start ins Wochende :) genießt die Sonne :D 

Ich hoffe ich habe euch mit dem Kapitel nicht zu sehr traumatisiert ....


Oceans Apart ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt