Kapitel 1

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"Wir sind gleich da"

Ich antwortete nicht. Meinen Blick starr aus dem Fenster gerichtet, betrachtete ich wie Autos und Häuser vorbeizogen, alles nur ein grauer Schleier durch den Regen.

"Mach dir keine Sorgen, es wird bestimmt alles gut gehen", an der Ampel wandte mein Vater sein Gesicht zu mir und schenkte mir ein Lächeln, von dem er vermutlich dachte, es würde mich aufbauen. Ich nickte nur, mir war nicht zum Reden zumute. Im Augenwinkel sah ich, wie sein Lächeln etwas verblasste, als es nicht den gewollten Effekt erreichte, aber es tat mir nicht leid. War es ja schließlich seine Schuld, dass ich nun in dieser Situation steckte. Mein etwas schmuddeliges Samsung Handy vibrierte in meiner Jackentasche und ich fischte es heraus, um die Benachrichtigung zu lesen. Sie war von Jonah.

Viel Glück in der Schule, Em

Das erste kleine Lächeln an diesem Tag, stahl sich auf mein Gesicht und ich tippte schnell eine Antwort ein, während das Auto bereits in eine Einfahrt abbog, die geradezu nach "Privatschule", schrie. Als der Wagen endlich stand, stieg keiner von uns beiden aus. Ich war immer noch zum Fenster gewandt und starrte den nassen Asphalt an, in dessen Pfützen die Regentropfen kleine Kringel bildeten. Neben mir hörte ich das Seufzen meines Vaters, als er mit den Fingern auf dem Lenkrad trommelte, unentschlossen was er nun sagen sollte.

"Findest du alleine zum Klassenzimmer?", fragte er schließlich.
Meine Laune hätte schlechter nicht sein können nach fünfstündigem Schlaf und schlechtem Wetter, auch wenn bereits ein paar wenige Sonnenstrahlen durch die dichte Wolkendecke brachen.

"Mhm", machte ich also, während ich mich bereits dafür verfluchte, keinen Regenschirm mitgenommen zu haben.

"Ok... dann sehen wir uns nachher...ja?"

Missmutig nickte ich und stieß die Beifahrertüre auf. Viel zu laut fiel sie hinter mir wieder zu. Ich rannte über den Parkplatz, der Regen trommelte unaufhörlich auf meine Kopfhaut und bei jedem Schritt, spritzte das schlammige Wasser hinauf bis zu meinen Knien.
Vor dem Haupteingang meiner neuen Schule befand sich ein Vordach, mit einigen Pfeilern, auf das ich geradewegs zusteuerte. Ich spürte bereits, wie meine Kondition mich im Stich ließ und verlangsamte mein Schritttempo, schnell trat ich unter das metallene Dach.
Ich zog einige Hefte aus meiner Tasche und blätterte sie durch, in eines hatte ich gestern den Stundenplan gleiten lassen. Immer mehr Hefte aus meiner durchtränkten Tasche herausziehend, zuckte ich bei dem Klang eines Hupens zusammen.

Ich blickte auf. Ein silberner Mercedes parkte soeben ein und die nassen Tropfen auf der sauberen Motorhaube, blitzten mir reflektiertes Sonnenlicht in mein Gesicht und blendeten mich einen Augenblick lang. Ich kniff die Augen zusammen und für einen Moment schien der Regen wie stillzuhalten. Ich sah wie sich die Fahrertür öffnete und ein Fuß, der in einem schwarzen Absatzschuh steckte, auf den nassen Asphalt abgesetzt wurde. Daraufhin stieg die Frau aus dem Wagen und spannte einen schwarzen Regenschirm.

Ein Knall.

Die Autotüre wurde energisch zugeschlagen, doch weder dieser Lärm noch das Aufleuchten der Autoscheinwerfer, als die Fremde den Mercedes abschloss, befreiten mich aus der Starre. Mein Blick folgte der Person, die mit einer solchen Eleganz und Anmut nun über den Parkplatz schritt, dass es mir beinah den Atem verschlug. Die schwarzen Pumps, wie ich nun erkennen konnte, verursachten surreale Hallgeräusche in meinem Kopf und sogar das Prasseln des Regens auf ihrem schwarzen Schirm, schien mir der Lautstärke her beinahe greifbar. Sie hatte ihren Schlüssel immer noch in der Hand und zog den Mantel enger zu, um sich vor dem kühlen Windzug zu schützen, der mir nun angenehm über die erhitzte Wange strich. Erst als sie wenige Meter nur noch von mir entfernt war und das stetige Klick-Klack ihrer Absätze so nah und laut und doch so langsam in mein Bewusstsein einsickerten, platzte die Seifenblase um mich herum und ich blinzelte irritiert. Sie stand vor mir und jetzt, da sie unter dem Vordach stand, senkte sie endlich den Regenschirm.

Haselnussbraune Haare, fielen ihr in seichten Wellen über die Schultern und als mein Blick in ihr Gesicht schweifte, musterten mich ein Paar, dunkler Augen, umrahmt von langen, vollen Wimpern. Schweigend ließ ich ihren Anblick auf mich einwirken.

Wir starrten uns an. Ich, gefangen in einem art Nebel der es mir unfassbar schwer machte, einen klaren Gedanken zu fassen und sie, mich eingehend betrachtend.

"Alles in Ordnung?", ihre klare Stimme riss mich endlich aus der Trance. Ein amüsiertes Lächeln zierte ihre vollen Lippen und mir wurde bewusst, wie lange ich sie angestarrt haben musste. Eine leichte Röte schlich sich auf meine Wangen während ich mich zu einem knappen Nicken überwand. Das Lächeln der Frau wurde zu einem wissenden Grinsen. Die Sekunden verstrichen langsamer denn je und schließlich überwand ich mich doch dazu, den Blick fragend in die Augen der fremden Frau zu lenken. Kurz dachte ich, ein verzücktes Funkeln wäre einen Herzschlag lang in ihnen erschienen, dann war ihre Miene wieder neutral.

"Kann man dir helfen?", sie blickte herab auf die aufgeweichten Hefte in meiner Hand.

"Nein ähm... ich denke ich schaffe das, danke", murmelte ich beschämt und stopfte die Papiere wieder zurück in die Schultasche. Als ich dabei kurz nach oben blickte, sah ich, wie die Fremde ihre Atemluft ausstieß, wie bei einem tonlosen Seufzer, sich mit der freien Hand durch die braunen Wellen fuhr und dabei fast so wirkte, als hätte sie meine Anwesenheit schon wieder vergessen. Sie schüttelte den nassen Regenschirm etwas und ehe ich wegschauen konnte, zwinkerte sie mir noch lächelnd zu und ging dann mit zügigen Schritten Richtung Eingang.

Noch einige Minuten stand ich dort, unter dem Vordach, irgendwie aufgelöst durch diesen merkwürdigen und doch auf seltsamerweise magischen Moment der sich gerade ereignet hatte und selbst als ich schließlich das Gebäude betrat, drehten sich meine Gedanken noch um diese eine, mysteriöse Frau. Wer war sie?

Hi, vielen Dank fürs Lesen und willkommen zu meiner ersten Geschichte auf Wattpad :)

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