Kakyoin-Kun

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Ich verlor das Gefühl in meinen Beinen, mir standen die Haare zu Berge. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich konnte mich nicht bewegen, war starr vor Angst. Mein Magen verkrampfte. Eine sanfte Stimme sprach mit mir.

"Kakyoin-kun.. Fürchte dich nicht."

Ich schluckte schwer.

"Lass uns Freunde sein."

fuhr er fort. Ein erleichtertes Lächeln verließ mich. Doch als ich meinen Blick hob, sah ich einen schmalen Tentakel mit einem spitzen Ende langsam vor mir emporsteigen. Nun allerdings blitzschnell, schoss er auf mich zu.

Schweißgebadet schreckte ich aus dem Schlaf auf. Ich fasste mir an den schmerzenden Kopf. Hierophant Green, mein treuer grüner Begleiter, meine Fähigkeit, mein sogenannter 'Stand', schwebte schützend in Abwehrhaltung vor mir. Ich hatte ihn scheinbar aus Reflex im Schlaf beschworen. War das nur ein Traum? Nachdem ich mich mit einem Blick durch mein Hotelzimmer dessen versichert hatte, stand ich seufzend auf. Weiter schlafen könnte ich so nun eh nicht mehr. Was solls. Ich strich mir meine rote Haarsträhne aus dem Gesicht und ging ins Bad um mich frisch zu machen. Mein Blick fiel auf die Uhr. Bald würde das Frühstücksbuffet öffnen. Meine Eltern würden sicher wieder pünktlich dort sein.
Dort angekommen sah ich sie bereits am Tisch sitzen. Ich packte mir schnell mein Tablett voll und gesellte mich zu Ihnen.

"Guten Morgen!"

"Guten Morgen mein Junge. Du siehst müde aus. Hast du gut geschlafen?"

"Ja.."

antwortete ich nur knapp. Ich hatte nun wirklich keine Lust von diesem bizarren Traum zu erzählen. Als mein Vater sich noch Nachschlag holte, stieß meine Mutter mich an.

"Ist alles in Ordnung bei dir? Du bist so still heute und schaust die ganze Zeit so gedankenverloren vor dich her.."

"Ja Mutter, es ist alles gut. Ich habe vielleicht nur etwas zu wenig geschlafen. Ich bin diese Hitze nicht gewohnt."

Sie nahm mir die Ausrede ohne weiter nachzufragen ab. Wir machten nämlich momentan Urlaub in Ägypten. Japan war meine Heimat. Hier war es nun wirklich deutlich heißer als zu Hause.

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Mittlerweile waren wir zurück in der Heimatstadt. Der Urlaub war sehr schön und erholsam, jedoch habe ich diesen Albtraum seitdem noch immer nicht aus dem Kopf bekommen. Zudem gab es öfters mal kleine Momente, ich denen ich mich nicht gut fühlte. Als wäre ich nicht ich selbst; ich konnte es gar nicht genau beschreiben. Ich versuchte es zu verdrängen, denn heute hätte ich wichtigeres im Kopf: Mein erster Tag an der neuen Schule. Vor Ägypten waren meine Eltern und ich nämlich erst hier her gezogen. Nun begann das neue Schuljahr. Ich war gerade auf dem Weg zur Schule, da ich aber sehr früh dran war, hatte ich mir ein ruhiges Plätzchen am Wegesrand gesucht und mich meinem Hobby gewidmet. Ohne nachzudenken ließ ich dem Pinsel auf der Leinwand freien Lauf. Hier ein Pinselstrich, dort einer... Und es ergab das Bild einer Person. Eine junge Person in einem schwarzen langen Mantel, schwarzer Hose, und einer Mütze, die in die ebenso schwarzen Haare nahtlos über ging. Wen sollte das darstellen, woher kam dieses Bild in meinem Kopf? Ich schaute hinter mich und erschrak. Mein Blick fiel wieder auf das Gemälde und dann wieder zurück. Die Person, die ich soeben gemalt hatte, kam den Gehweg entlang gelaufen, umgeben von einer Horde schwärmender Mädchen. Wie konnte es sein, dass... Ich hatte diesen Jungen noch nie in meinen Leben gesehen! Plötzlich war es als legte sich ein Schalter in meinem Kopf um. Ich lächelte höhnisch, tunkte den Pinsel in etwas rote Farbe und wartete, bis der umschwärmte Kerl die erste Treppenstufe hinunter stieg. Dann strich ich einmal quer mit dem Pinsel über das Gemälde und zog so eine rote Linie über die gemalte Person. Zeitgleich ließ ich Hierophant die Beine des Jungen attackieren. Er keuchte auf, als sein Bein aufriss und das Blut nur so heraus schoss, und fiel die Treppe hinunter. Allerdings schoss vor dem Aufprall der Arm eines Stands hervor, der nach einem Ast griff und ihn so ein wenig abfing.

"Er kann einen ziemlich starken Stand beschwören. Verstehe... Deshalb soll ich ihn also loswerden. Gegen meinen Stand hat er allerdings keine Chance. "

murmelte ich vor mich hin und stieg die Treppe zu ihm hinab. Bei ihm angelangt, zog ich ein Tuch aus der Tasche und hielt es ihm mit steifer Miene hin.

"Du hast dich scheinbar am linken Bein verletzt. Du solltest die Wunde mit diesem Tuch verbinden. Alles in Ordnung?"

fragte ich ihn in einer für mich ungewohnt monotonen und gefühlskalten Stimmlage.

"Ja. Ist nur ein Kratzer."

Er richtete sich wieder auf und steckte cool eine Hand in seine Hosentasche, während er mich misstrauisch betrachtete. Meine Güte, der Kerl war riesig... Ich drehte mich um und ging. Als er mich mit einem bestimmten 'Warte' aufhielt, blieb ich wieder stehen.

"Danke. Ich habe dich hier noch nie gesehen. Gehst du hier zur Schule?"

"Ich bin Kakyoin Noriaki... Ich habe gestern die Schule gewechselt. Nett, dich kennen zu lernen."

Mit diesen Worten drehte ich mich erneut um und ging weiter.
Als ich weit entfernt war von ihm, hatte ich wieder dieses Stechen im Kopf.

"Aah..."

stöhnte ich mit schmerzverzerrtem Gesicht und hielt mir den Kopf. Schon wieder hatte ich dieses Gefühl von Kontrollverlust und ich musste mir meine Erinnerungen an die letzten Minuten erst wieder zusammen sammeln, sie waren nicht mehr einfach so da. Was war passiert? Ich habe gemalt... Und dann? Ich habe einen neuen Schulkollegen kennen gelernt. Er war gestürzt, auf der Treppe gestolpert. Richtig? Ja, so war es. Ich schüttelte den Kopf und setzte meinen Weg zur Schule fort. Vielleicht sollte ich mir die Tage mal einen Termin beim Arzt besorgen...

In Your Arms - Last Train Home [Jotakak] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt