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Der braunhaarige Mann setzte einige Schritte vor, entkam eher lustlos dem schützenden Vordach der Eisenbahnhalle, um dem Hogwarts-Express näher zu kommen und für wenige Augenblicke dem strömenden Regen in die offenen Arme zu laufen. Der zuvor aufgekeimte, kleine Fünkchen an Hoffnung, hatte ihn nun wieder im Stich gelassen und ließ ihn mit einem emotional ausgelasteten Gesichtsausdruck in die teilweise leeren Kabinen des Zuges zu stieren. Einige Jahre hatte er an dieser Stelle gestanden, voller Tatendrang und Freude auf das kommende Schuljahr, die er allesamt größtenteils glücklich - selbst wenn es ihm beinahe jedes Jahr fast sein Leben gekostet hatte - durchlebte und letzten Endes noch das höchste Glück der Welt ergreifen konnte.
Es wirkte, als würde die Liebe ein Spielchen mit ihm spielen, das er auf keinen Fall hätte gewinnen können, es hatte ihn gelockt, mit süßlich schmeckenden Worten, ihn ergriffen und erst dann sein wahres Inneres offenbart. Der so wundervoll glänzende Honig, stellte sich als ungenießbar heraus, ließ ihn leiden und trieb ihm den Wohlgefallen am Leben aus den so schwer gewordenen Gliedern - ein schier unmöglich scheinend Unterfangen, in dem zweischneidigen Schwert der Liebe, unendliche Glücklichkeit zu finden. Er hatte sie, für wenige Wimpernschläge, so schien es ihm zurück blickend.

Seine Brille beschlug ein wenig, während die Tropfen ihm ein wenig seine Sicht zurückgaben, um ihm gleichzeitig die Trauer des Himmels vor die Füße zu legen. Langsam legte er seinen Kopf in den Nacken, spürte, wie die Tropfen langsam und sanft seinen Rücken hinunter perlten und schlussendlich vereinzelte Stellen des Hemdes in einem blassen weiß einfärbten, um die Nässe zu porträtieren.
Den Blick in Richtung der dunklen Wolken gerichtet, die sich aufbäumend drohend über den weiten Himmel erstreckten und den Weg nach oben zu hielten - sie wirkten so nah. Sie wirkten, als würden sie ihm die Freiheit nehmen wollen, Gewichte auf seine Lunge drücken, um ihm den Atem zu nehmen, der ihn an sein Leben band - letztendlich war es seine Einbildung die ihm einen Streich spielte, während er sich vollkommen bewusst darüber war, dass ihm Wolken keine Schmerzen bereiten könnten.
Sie waren schwer beladen, wogen Tonnen und wirkten dennoch so leichtfüßig, als wären es kleine, zierliche Balletttänzerinnen, die mit einem sanften Lächeln über die Bühne flogen und nicht den Anschein erweckten, als könnte ihn je etwas unheilvolles, gar boshaftes über den Weg laufen. Wie wünschte er sich diese Zeit zurück, in denen er nicht mit der Liebe zu kämpfen hatte, sondern mit Materie, die er anfassen konnte, die er zerschlagen konnte, um sich schlussendlich feiern zu lassen, doch in der Liebe gab es keine Gewinne, keinen Sieg. So zumindest wirkte es auf ihn.

Seicht richtete er seinen Kopf wieder in die Ausgangsposition und sah so gleich wie sich die malerisch schönen Türen des Zuges öffneten und wortlos die, gerade mal eine Handvoll betragen, Passagiere einzusteigen, um sie wohlbehalten an ihr Ziel zu bringen.
Wenn auch erst in den vergangenen Jahren als wohlbehalten zu bezeichnen, angefangen von Dementoren und anderen schrecklichen Biestern - damals zählte er auch noch das Silberne Trio zu diesen sogenannten 'Biestern' - die ihnen das Leben nicht gerade als Zuckerschlecken bereitet hatten.
Wieder setzte er seine Füße voreinander, um sich kurz darauf auf seinem Platz in dem gebuchten Abteil zu setzen und abermals die Natur, die zwischendurch von hastenden Menschen, deren Mäntel sich durch den leicht blasenden Wind aufbäumten, als hätten sie Luftballons darunter, unterbrochen wurde und das so friedliche Bild von den hinunterrinnenden Tropfen zerstörte.
''Bald... egal wie lange es dauert, ich werde warten...'', hauchte er leise, während sich sein Kinn auf seiner rechten Hand abstützte, dessen Ellenbogen auf dem tatsächlich nun etwas gemütlicher wirkenden Sims des Fensters abzulegen. Die Scheibe beschlug, als sein warmer Atem auf diese fiel, während sich seine Gedanken langsam verflüchtigten und in Richtung erstes Treffen seiner besten Freunde strichen.
Die Glücklichkeit eben diese getroffen zu haben, zog sich in eine schier unendliche Richtung, sie waren neben Draco wohl alles, was er brauchte, wenn er nicht in dieser kapitalistischen Welt umherwandern würde. 
Diese Welt, die selbst die Liebe vermarktete, um so viel Profit wie möglich hinaus zu schlagen und schlussendlich Menschen daran vergehen zu sehen, wie sich selber immer weiter in dieses graue Loch der Emotionslosigkeit stürzten, versuchten sich mit Materialien aufzuheitern, die ihnen im Endeffekt nur das Leben erschwerten - doch nicht anders wurden sie es seit klein auf gelehrt. 

Seufzend strich er über den entstandenen Beschlag des Glases und trennte die zwei unförmigen Kreise von einander, während ein trauriges Lächeln seine Mundwinkel umspielte. Gerade diese zwei ovalen Formen stellten zwischenmenschliche Beziehungen dar: in einem Moment vereint, kaum greift etwas oder jemand ein, werden sie getrennt, egal wie sehr sie sich nacheinander verzehren, vollkommen gleich, was sie ausprobieren werden. Entweder es gab eine höhere Macht, die dies alles kontrollierte und mit einem Schnipsen allem einen Anfang und ein Ende geben könnte, oder die Frage nach dem Schicksal bestand, das sich ohne die Anwesenheit etwas Anderem zeigte. Auch wenn Harry auf etwas anderes hoffte: Ungeschriebenes Leben, das von Nichts verleitet und geleitet wurde. Das einfache Handeln des eigenen Sinn, das sich für die Konsequenzen entschied und für jeden Menschen willkürlich war -fernab von Selektion. Doch auf dieser Gedanke war nicht mit den Naturgesetzen zu vereinbaren, wie es ihm schnell beigebracht wurde.

''Egal wie schlimm zu ertragen die Zukunft wird, dies, was zusammen gehört, wird zusammen kommen und wird zusammen bleiben. Und wir gehören zusammen, Draco.''

''Oh ja, das tun wir.''

Happens • DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt