Guys Weihnachten

26 1 0
                                    

Weihnachten? Seit dem plötzlichen Tod des Sheriffs und Guys Beförderung, um ihn zu ersetzen, hatte dieser durch das zusätzliche Problem des Wintereinbruchs bereits genug zu tun. Wie sollte er sich also auch noch darum kümmern, ob das Volk Geld hatte, um Weihnachten feiern zu können, oder nicht? Nicht, dass es ihn überhaupt interessiert hätte. Ihm selbst lag nichts an diesem Fest. Die Steuereinnahmen waren ohnehin zu niedrig und so war Weihnachten sowohl Geld- als auch Zeitverschwendung.
Es gab kaum mehr jemanden, auf den er sich verlassen konnte. erst kürzlich hatte er Allan aufgehalten, der versucht hatte, Nottingham Castle unauffällig zu verlassen.
"Ich warne dich, wenn du auch nur ein Wort mit den Outlaws wechselst, erwartet dich kurzer Prozess!"
Allan hatte ihm schwören müssen, dass er die Burg nicht verlassen würde, und trotzdem hatte Guy das Gefühl, dass er ihn würde einsperren müssen, damit er sich an seinen Schwur hielt.

Morgen also, am 24. Dezember, war es soweit.
Für Guy würde es ein Tag wie jeder Andere sein, und er würde verdammt nochmal dafür sorgen, dass es dem Rest von Nottingham ebenso erging!
Ein Tag, an dem niemand arbeitete, war ein verlorener Tag. Aber ein Tag, an welchem nicht gearbeitet wurde und zusätzlich noch Geld ausgegeben wurde, war noch schlimmer als das.

In Gedanken versunken, konnte Guy am Abend vor Heiligabend lange keinen Schlaf finden.
Er spürte eine innere Unruhe, als läge Gefahr in der Luft.
Mit einem Mal, so plötzlich und lautlos, dass Guy zusammenfuhr, erschien eine Gestalt in seinem Zimmer.
Es war der verstorbene Sheriff von Nottingham, oder viel mehr dessen Geist, welcher unwirklich und durchscheinend vor ihm stand.
In der festen Überzeugung zu träumen, stand Guy auf und ging zögernd auf die Gestalt zu.
"Weshalb seid ihr hier?", fragte er nach einer Weile.
"Ich muss Euch vor einem schrecklichen Schicksal warnen." Die Stimme des Sheriffs war vollkommen anders, als sie zu Lebzeiten geklungen hatte. Resigniert, traurig, gebrochen.
"Was für ein Schicksal?", fragte Guy, dessen Nackenhaare sich aufstellten.
"Seht Ihr diese Kette, Gisborne?" der Sheriff deutete auf eine Schwere Eisenkette, an welche er gefesselt war.
"Ich habe sie sozusagen selbst geschmiedet, aus Gier und Geiz in meinem Leben auf der Erde."
Guy sah ihn weiterhin an.
"Begeht nicht den selben Fehler wie ich, Gisborne.", warnte der Sheriff.
"Ihr habt noch eine Möglichkeit, Euch zu bessern. Streift eure Kette ab, denn ebenso wie ich seid Ihr dabei, euch eine zu schmieden, mag sie auch jetzt noch nicht sichtbar sein."
"Aber..wie?", fragte Guy, dessen Bewusstsein weit weg zu sein schien.
"Drei Geister werden Euch aufsuchen.", sagte der Sheriff, bevor er verschwand, wie er gekommen war.

~

Es war ein Uhr morgens, als Guy erneut 'Besuch' bekam.
Diesmal war es ein Junger Bursche. Auf Guys Frage, wer er sei, antwortete er, er sei der Geist der vergangenen Weihnacht.
Guy fragte sich inzwischen, wie lang dieser sinnlose Traum noch dauern sollte. Aber er war auch gespannt, was der Geist mit ihm vorhatte.
"Komm mit.", sagte der Junge, und Guys Zimmer um ihn herum verschwand.

Guy trat eine Reise in seine Vergangenheit an.
Er sah sein jüngeres Ich und seine Schwester Isabella, als einsame und verlassene Kinder, da seine Eltern früh gestorben waren. Es war um die Zeit von Weihnachten herum, doch der Zauber dieses Festes war in diesem Jahr von den frierenden, heimatlosen Geschwistern fern geblieben.
An einem anderen Ort traf er seinen alten freund Lambert, welcher vor langer Zeit das Schwarzpulver entwickelt hatte und der gestorben war, weil er dem Sheriff - und somit auch Guy - Widerstand geleistet hatte, da dieser es als Kriegswaffe einsetzen wollte.
Am härtesten trafen ihn jedoch die Begegnungen mit zwei Frauen, welche die wichtigsten in seinem Leben gewesen waren.
Er musste erneut erleben, wie der Hass auf Marian seine Liebe erstickte und er sie in einer Kurzschlusshandlung erstach.
Kaum hatte er sich von dieser Begegnung erholt, traf er die zweite Frau, welche seinetwegen gestorben war, wenn auch nicht durch ihn, sondern um ihn zu schützen.
Wieder, wie damals, hielt er die sterbende Meg in den Armen und wieder war dort die tiefe Trauer und das Gefühl des Verlustes. Wieder waren das Tränen der Verzweiflung, die er bei seinem damaligen Ich sah und die auch sein gegenwärtiges Ich auf der Haut spürte.

Robin/Marian One ShotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt