Water [12]

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Felix rannte einen Marathon gegen die Zeit.
Sein Handy Wecker hatte den Geist, aufgrund geringen Akkus, aufgegeben. Dementsprechend hatte er verschlafen. Was komisch war, da er sonst nie durchschlief. Er schob es auf die anstrengenden letzten Tage. Und auf seine Gedanken gegenüber Changbin. Seitdem Malhaur war der Schwarzhaarige nicht noch einmal im Café vorbeigekommen. Sollte er sich darüber freuen? Schließlich konnte er somit einer direkten, höchstwahrscheinlich peinlichen, Konfrontation aus dem Weg gehen. Er schüttelte den Kopf. Er benahm sich wie ein pubertierender Teenager. Dabei sollte er sich lieber auf Wichtigers konzentrieren. Die Arbeit, seine Freunde und der baldige bevorstehende Todestag seiner Familie. Noch verdrängte er jegliche Gedanken an sie. Verdrängte jegliche Erinnerung, Erlebnisse und Schmerzen.
Er rauschte um die Ecke zur Hintertür des Ladens. Seungmin stand dort und wollte gerade aufschließen.
"Warum so in Eile?", fragte er und drehte den Schlüssel im Schloß. Bevor der Australier antworten konnte, atmete er luftschnappend ein. Seine Glieder schmerzten bis in die Knochen. Sein Atem klang viel mehr wie ein Rasseln.
"Ich habe verschlafen."
Der Braunhaarige begann zu strahlen.
"Das ist doch prima! Das heißt, dein Körper konnte sich endlich ein klein wenig erholen."
Felix verdrehte lächelnd die Augen. Das war sowas von Seungmin. Doch seine Augen wurden im nächsten Moment ernst.
"Felix, so sehr ich deine Pünktlichkeit liebe und auch, dass du immer bereit bist zu arbeiten und Überstunden zu machen, du solltest dir endlich eine Pause gönnen. Dir, deinen Gedanken und deinem Körper. Es bereitet mir Sorgen dich so zu sehen."
Das Letzte, was der Blonde sein wollte, war eine Last. Also schüttelte er bloß den Kopf und sagte es sei alles in Ordnung, obwohl nichts in Ordnung war. Er würde das alleine schaffen. Irgendwie. Irgendwann.
Seungmin seufzte. Manchmal war er der Meinung, wenn man mit Felix sprach, redete man gegen ein Wand. Diese Sturheit war zum Kotzen. Aber zwingen konnte er ihn auch nicht. Nur hoffen, dass er von selber irgendwann einsah, dass er nicht alleine war. Dass er nicht alleine damit fertig werden musste.
"Dann beginnen wir mal den Tag", erklärte der Braunhaarige und öffnete die Tür.
Ehe jedoch einer von Beiden eintreten konnte, schoss ihnen ein Schwall Wasser über die Füße. Was war denn jetzt los?
"Scheiße", fluchte Seungmin.
Felix sah ihn aus großen Augen an. Hatte der Jüngere gerade geflucht? Versank die Welt jetzt endgültig im Chaos?
"Ich glaube, wir haben einen Wasserschaden."
Der Blondschopf starrte in das dunkle Innere des Raum.
"Ach nee. Ich frage mich woran du das erkennst. Vielleicht an den zehn Zentimeter Wasser im kompletten Laden? ", rutschte es dem Blonden sarkastisch heraus. Er entschuldigte sich sofort, allerdings winkte der Braunhaarige nur ab. Der Tag konnte nicht noch besser werden. Er hatte Verschlafen, Stimmungschwankungen und außerdem hatten sie ein Wasserproblem. Er seufzte und wattete zum Lichtschalter.
"Meine Schuhe sind durchgeweicht."
"Ich sollte Wonpil anrufen. Am besten du versuchst das gröbste vom Wasser nach draußen zu schieben, wenn schon der Abfluss nicht funktioniert."
Felix nickte.

"Hast du das Schild aufgestellt?", fragte Seungmin, welcher schon seit gefühlten Stunden am Telefon hing, dabei waren es wahrscheinlich nur zwanzig Minuten. Wonpil würde vorbeikommen, sobald er Zeit fand. Den Großteil des Wassers hatte Felix in der Zwischenzeit nach draußen gekehrt.
"Damit die Gäste wissen, dass es glatt ist und sich nicht verletzen."
Der Braunhaarige klopfte ihm stolz auf die Schulter, ehe er sich abwandte und in das Telefon sprach. Wortlos fragte der Australier mit wem er redete. Es kam ein 'Jemand vom Wasser' zurück. Zufrieden mit der Antwort began Felix mit der Vorbereitung für den Tag. Kekse aus der Tiefkühlung holen, Torten vorbereiten, Sanwiches und Bagels belegen. Die Lichter im Laden anmachen. Stühle und Tische runterstellen. Gegen kurz nach neun, der Blonde hatte pünktlich geöffnet, ertönte das liebliche Läuten ihrer Klingeln, welche die Kunden ankündigten. Noch war alles nass und Felix rief zur Sicherheit nach vorne, dass man vorsichtig sein sollte. Er zog sich die Handschuhe aus mit welchen er die Donuts glasiert hatte und eilte zur Verkaufstheke.
Bevor er jedoch ankam, merkte er wie der Boden unter ihm verschwand. Wild um sich schlagend, versuchte er sich noch irgendwo festzuhalten, da war es schon zu spät. Mit einem dumpfen Aufprall knallte er gegen den Schrank direkt vor dem Kunden, der sich als Changbin herausstellte. Sein Blick nach zu urteilen, sah Felix nicht gut aus.
Er fühlte sich auch nicht sonderlich.
Der Schmerz sickerte schleichend zu ihm und dann fuhr er rasend wie ein ICE mit dreihundert Stundenkilometer über ihn herein. Das Letzte, was er sah, bevor eine schwarze Woge, viel mehr ein ganzer Ozean aus Schwärze, über ihn hereinbrach, war Changbins Entsetzen.

Coffee Love {ChangLix}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt