Kapitel 36

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PoV Eren
„Ich liebe dich."

Drei kleine Worte, die sich jeder irgendwann zu hören wünscht. Drei kleine Worte, die einen Menschen glücklich machen können. Drei kleine Worte, die eine Welt durcheinanderbringen können. Drei kleine Worte, die meine Welt durcheinanderbrachten. Drei Worte, die Levi sagte, als wäre es nichts. Als gehörte es zur alltäglichen Konversation. Als wäre er nicht der Erste, der das zu mir gesagt hätte.

„W-warum?"

Was für eine dumme Frage. Wieso fragte ich das? Sollte ich nicht einfach glücklich damit sein, dass er es gesagt hatte? Sollte ich nicht einfach zufrieden sein? Ihm glauben? Wieso konnte ich ihm nicht glauben? Wieso hatte ich immer noch Angst, dass ich nicht gut genug war, dass er seine Worte nicht durchdacht hatte?

„Warum?", wiederholte er meine Frage. Verlegen sah ich weg. Ich kam mir vor wie ein Idiot. Wer fragte denn nach einem Grund, wenn man sowas gesagt bekommen würde? Wer war denn so? Warum war ich so? So herzlos.

Levi seufzte und nahm meine Hand, streichelte meinen Handrücken. Sah mir in die Augen. „Weil du derjenige bist, der mich glücklich macht. Weil du mich kennenlernen wolltest. Weil du bist, wer du bist. Weil du versuchst taff zu sein, wenn du es nicht sein musst. Weil du wunderschön bist. Weil du sagst, was du denkst. Weil du ehrlich und schlau bist. Weil du mich zum Lachen bringst. Du bringst mich zum Nachdenken, Eren. Und immer, wenn ich daran denke, was ich in meinem Leben eigentlich wirklich will und was mir früher gefehlt hatte, landet der Gedanke nur noch bei dir. Du bist, was ich will, Eren. Du bist, was ich brauche. Du bist, was mich glücklich macht. Und ich will dich nicht mehr gehen lassen."

Ich sagte nichts. Sah ihn einfach nur an. Ich machte ihn glücklich? Ich brachte ihn zum Lachen? Ich? Wie konnte das sein? Ich war eine Katastrophe. In den meisten Fällen wusste ich doch nicht mal, was ich tat. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Und dieses Verhalten machte ihn glücklich? Meine Ungewissheit und Unsicherheit machte ihn glücklich? Ich machte ihn glücklich?

Wie? Wie konnte jemand wie ich, jemand mit so vielen Fehlern und Komplexen jemand anderen glücklich machen. „Ich weiß schon etwas länger, dass ich dich liebe. Aber ich wollte dich nicht überrumpeln. Ich wollte warten, bis deine Klausurenphase vorbei ist, du ein wenig mehr Zeit hast. Aber jetzt- ich will nicht, dass du denkst, dass du nicht gut genug für mich bist, Eren. Du bist alles, was ich will. Du bist mehr als gut genug. Du bist perfe-"

„Sag das nicht!", protestierte ich und hielt ihm die Hand vor den Mund. „Ich bin nicht perfekt. Sag das nicht. Ich bin das nicht. Ich bin alles andere als das. Und ich weiß nicht, ob du dir sicher bist oder nur irgendwelche Gefühle falsch deutest. Ich will nicht, dass du bereust, was du sagst. Ich will nicht, dass du bereust, dass du mich liebst."

Sanft schloss sich Levis Hand um mein Handgelenk, zog meinen Arm vorsichtig runter. Warum war ich so emotional? Konnte ich mich nicht einfach freuen, dass mich jemand lieben würde? Egal, ob es wahr wäre? Ich sollte einfach glücklich darüber sein. Glücklich, dass er seine Gefühle vielleicht gar nicht einordnen konnte. Wieso konnte ich nicht einfach glücklich darüber sein, dass er diese drei kleinen Worte ausgesprochen hatte?

Weil ich nicht wollte, dass er leiden musste. Dass er es bereute. Dass er sich an mich binden würde, wenn er es nicht wirklich wollte. „Eren.", seine Stimme war sanft. Er schien nicht genervt zu sein. Jeder andere hätte mich nach meiner dummen Fragerei weggeschickt. „Schau mich an."

Mein Blick ging vom Boden in sein Gesicht. Er lächelte sanft. Er sah aus, als könnte man ihm alles anvertrauen, als wäre er nur dafür hier. Um zuzuhören und zu verstehen.

„Ich bereue nichts. Ich bereue nicht, dich zu mögen, ich bereue nicht, dich in mein Leben gelassen zu haben. Und ich werde nicht bereuen, dass ich dich liebe. Bitte denk nicht immer so negativ von dir selber."

Ich nickte nur, wusste eh nicht was ich sagen sollte.

Ich sollte nicht so negativ von mir denken? Wie dann? Wie konnte ich denn positiv von mir denken, wenn ich nichts Positives sah? Wie konnte ich mir denn Optimismus vorheucheln? Wie konnte Levi denn so viel Positives in mir sehen, wenn doch nichts da war? Wenn ich so ein Chaos war. Wenn ich so unsicher und peinlich war.

„Du musst es nicht erwidern, Eren. Aber ich will, dass du verstehst, dass ich es ernst meine. Ich meine es mit dir ernst. Ich liebe dich und ich möchte sagen können, dass du zu mir gehörst."

Wieder nickte ich. „Ich- ich will das auch." Und doch, er hatte was Besseres verdient als mich. Jemanden, der offen zeigen könnte, dass er zu ihm gehören würde. Jemand reiferen. Jemand besseren. Nicht mich.

„Kannst du mich nach Hause bringen?", fragte ich kleinlaut. Hielt noch immer seine Hand. Wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. „Ich zieh mir nur kurz was an." Wieder nur ein Nicken und unsere Hände, die sich voneinander lösen mussten.

-

„Ruh dich ein bisschen aus. Versuch zu schlafen. Vielleicht geht es dir dann besser.", Levi streichelte mir durch die Haare. Noch immer hatte ich nicht geduscht. Ich fühlte mich eklig. In der Nacht hatte ich geschwitzt. Die letzte Stunde hatte ich geheult. Ich fühlte mich elend. So sollte ich mich nicht fühlen. Nicht nachdem, was Levi gesagt hatte.

Nicht nach einem Liebesgeständnis. Warum fühlte ich mich so scheiße?
Wie sollte Levi es denn mit mir aushalten, wenn diese drei Worte mich so aus dem Konzept brachten? Wie konnte er sagen, dass er mich lieben würde, wenn ich es nicht erwidern konnte. Nicht, weil es nicht der Wahrheit entsprechen würde. Ich hatte es einfach noch nicht gesagt. In meinem Kopf ging alles drunter und drüber. Die Selbstzweifel und die Scham, die ich in der letzten Stunde gefühlt hatten, hatten Überhand gewonnen und die Euphorie total verdrängt. Hatten verdrängt, dass ich mich eigentlich gefreut hatte, dass er es gesagt hatte. Dass er so fühlte.

Wieso konnte ich nicht einfach glücklich damit sein? Wieso musste so viel auf einmal in meinem Kopf passieren?

Levi schob mich in die Wohnung, wollte die Tür schließen. Vielleicht war es das Durcheinander in meinem Kopf. Vielleicht die Müdigkeit, vielleicht auch die Erleichterung darüber, dass er nicht mit jemand anderem geschlafen hatte. Vielleicht war es die verspätet angekommene Freude über seine Worte. Oder vielleicht war es eine Mischung aus allem zusammen. Doch ich legte meine Hände an seine Wangen, dachte nicht darüber nach, ob uns ein Nachbar sehen könnte, zog ihn zu mir und legte meine Lippen auf seine. Musste einfach spüren, dass das hier real war. Dass er es wirklich gesagt hatte. Dass dieser Morgen wirklich passiert war.

Levi lächelte leicht gegen meine Lippen, legte seine Hände an meine Taille und drückte mich an sich, hielt mich. Bewegte seine Lippen leicht gegen meine. Ließ mich entspannen. War es das, was ich gebraucht hatte?

Es war, als wären all die Selbstzweifel, all die Angst und die negativen Gedanken verschwunden. Es war, als wäre ich frei von Sorgen. Und in meinem Kopf gab es nur noch eine Sache. Levi. Levi. Levi.

Wie er mich ansah, wie er mir durch die Haare streichelte, wie er mich anlächelte, wie er mir diese drei kleinen Worte sagte, wie er mich küsste, wie er lachte. Nur noch Levi.
Levi war es, der mich runterkommen ließ. Der mich in die Realität zurückzog. Der mich am Boden hielt. Levi war mein Anker. Jemand, auf den ich mich verlassen konnte. Jemand, der mich beschützen und auf mich achten würde.

Er löste sich von mir, sah mich sanft an. „Du bist der erste Mensch, der das zu mir gesagt hat. Und ich das hat mich verwirrt. Du bist mir wichtig, Levi und deshalb will ich nicht, dass du etwas bereust. Bitte halte mir niemals vor, ich hätte dich nicht gewarnt.", murmelte ich leise und ließ meine Hände seine Arme runter wandern. „Ich liebe dich auch.", kam es dann über meine Lippen. Und es schien, als wäre eine unendlich schwere Last von meinen Schultern gefallen.

Als hätte er sie mir abgenommen.

I don't know you yet [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt