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Prompt kam natürlich auch die Frage. „Mami, warum weinst du so?" Ich versuchte, mich etwas zu beruhigen, kramte ein Taschentuch heraus und putzte mir die Nase, aber Samu kam mir zuvor mit der Antwort. „Mami hat sich mit Oma und Opa etwas gestritten, aber mach dir keine Sorgen Maus, sie vertragen sich bestimmt bald wieder. Weißt du, auch Erwachsene streiten sich manchmal." Wir waren inzwischen losgefahren und Samu lenkte den Wagen geschickt durch den Verkehr von Berlin, der scheinbar zu kaum einer Tageszeit hier weniger wurde. Auch so ein Punkt, weshalb ich Finnland vermisste. Nie hatte ich die Straßen dort so voll erlebt wie hier. Und man musste nicht weit fahren und war schnell inmitten einer wunderschönen Natur umgeben von Grün und Wasser. „Warum mögen Oma und Opa meinen Papa nicht?" Bähhm, das saß. Samu und ich schauten uns hilflos an. Insgeheim hatten wir wohl beide gehofft, dass Lauri nicht soviel von den schlechten Schwingungen mitbekommen hatte, aber sie hatte einfach zu feine Antennen, als das wir es vor ihr hätten verbergen können. Ich rang um Worte, auch natürlich, weil ich damit kämpfte, denn mein Vater hatte mit seinen Vorwürfen tief vergrabene Gefühle wieder heraufbeschworen. Eigentlich wollte diese Sachen ein für alle mal abschließen, aber scheinbar war mir das nicht vergönnt. „Weißt du Schatz, das ist alles nicht so einfach und außerdem sind das Erwachsenenprobleme. Zerbrich dir nicht dein kleines Köpfchen, wir vertragen uns bestimmt bald wieder, ok?" Ich drehte meinen Kopf nach hinten und sah in zwei große fragende Kulleraugen. Ich wusste selbst, dass sie mit diesen Informationen bestimmt nicht viel anfangen konnte, aber wie zur Hölle sollte ich ihr das alles erklären mit 4 Jahren? Jetzt ergriff auch Samu das Wort, ohne seinen Blick von der Straße zu richten. „Papa hat vor ganz langer Zeit eine große Dummheit gemacht und deine Oma und dein Opa sind deshalb immer noch böse auf mich. Aber das Wichtigste ist, dass deine Mama nicht mehr böse auf mich ist und wir uns wieder vertragen haben und weißt du was das tollste daran ist?" Lauri sah fragend in den Rückspiegel, über den Samu und sie kurzweilig Blickkontakt hielten. „Ich habe jetzt auch dich, du kleine Maus." Er lächelte glücklich. „Und ich habe dich ganz doll lieb." Endlich huschte auch über Lauri's kleines Gesicht wieder ein Lächeln. „Ich hab dich auch lieb, Papa." Jetzt strahlte Samu noch mehr. Ich griff nach seiner Hand und schluckte den Rest meiner Tränen hinunter. Oh Mann...Erschöpft lehnte ich mich zurück und schaute aus dem Fenster. Schon Morgen musste Samu wieder zurück nach Finnland fliegen und ich konnte es drehen und wenden wie ich wollte. Ich konnte mir ein Flugticket für die nächste Woche zu Osmo's Geburtstag schlicht nicht leisten. Ich wusste also nicht, wann wir uns das nächste Mal wiedersehen würden. Ich hatte ihm nicht gesagt, dass mir das Geld dafür fehlte und hoffte sehr, dass er das Thema auf sich beruhen lassen würde, da es mir einfach unangenehm war, Geld von ihm anzunehmen. Ich wollte nicht, dass er denkt, ich würde ihn ausnutzen und nur wieder mit ihm zusammen, damit Lauri und ich versorgt sind. 

The right one (Anna & Samu Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt