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2 Stunden später klingelte es ungeduldig an der Tür. Ich drückte den Türöffner und öffnete schon mal die Wohnungstür, die zum Treppenhaus des Mehrfamilienhauses in Berlin führte, in dem ich seit meiner Rückkehr aus Finnland wohnte. Ein strahlend blonder Finne mit blauen Augen kam die Treppen hoch und schnaufte. „Jedes Mal nimmt mich diese Treppe mit. Die nächste Wohnung suchst du dir bitte in einem Haus mit Fahrstuhl", beschwerte er sich fröhlich und drückte mich fest an sich. „Mukava tavata, Anna." „Ich freue mich auch Osmo, Lauri ist schon ganz aufgeregt, dass du uns endlich mal wieder besuchst." Schon kam Lauri angestürmt und rannte auf Osmo zu. „Onkel Osmooooo!" Osmo hockte sich hin, breitete seine Arme aus und fing Lauri auf. Dann hob er sie hoch und wirbelte sie glücklich herum. „Hei, mun pikku satuprinsessa, du bist ja schon wieder ein Stück größer geworden." Vorsichtig setzte er sie wieder auf dem Boden ab und drückte sie nochmals fest an sich. „Ich freu mich so, euch zu sehen." „Haluatko kahvia?" Osmo trat einen Schritt herein, zog sich seine Jeansjacke aus und seufzte. „Ja bitte, das wäre toll. Wir haben gestern bis in die Nacht geprobt. Dann der Flug hierher. Ich bin total fertig." Er hängte seine Jacke an die Garderobe und folgte mir in die Küche. Ich stellte die Tassen unter den Auslauf der Maschine und drückte auf den Knopf. Osmo sah mich nachdenklich an. In der Hand hielt er einen verdächtig aussehenden weißen Umschlag. „Ich habe wieder etwas mitgebracht Anna, ich weiß, du willst es nicht, aber er gibt nicht auf."

Osmo gab mir den Umschlag und ich warf einen Blick hinein. Dann klappte ich ihn wieder zu und gab ihn an Osmo zurück. „Du weißt,ich will sein Geld nicht. Bitte mach ihm das endlich klar." „Aber er will für dich und die Kleine sorgen, Anna, er sagt, wenn das das Einzige ist, was er tun kann, dann wenigstens das. Wenn du schon keinen Kontakt zu ihm willst, dann lass ihm doch wenigstens dieses letzte kleine Bisschen, was er für euch machen kann. Bitte Anna, er flippt jedes Mal aus, wenn ich mit diesem Umschlag zurückkomme und ihm den zurückgebe. Tu mir das nicht an." Ich sah auf den Boden und suchte nach den richtigen Worten. Es war jedes Mal dasselbe und Osmo tat mir leid, dass das Ganze auf ihm lasten musste, aber ich wollte Samu's Geld einfach nicht. Dazu war ich zu stolz. Ich schaffte es allein. Wir hatten nicht viel, lebten nicht im Reichtum, aber es ging uns gut. Wir hatten alles, was wir brauchten und das war genug. Osmo war das letzte Stückchen, was mir aus dem Leben in Finnland geblieben war. Er war mir in den letzten Jahren ein guter Freund und manchmal mehr geworden und besuchte uns immer, wenn es mit den Tourterminen passte. Samu wusste, dass ich mit ihm in Kontakt stehe, aber ich hatte Osmo das Versprechen abgenommen, dass er ihm weder etwas über unseren Wohnort verriet, noch sonstige Details über unser Leben. Das Einzige, was uns verband, waren diese verdammten Umschläge, die Osmo jedes Mal wieder mit anschleppte, wenn er uns besuchte. Ich wusste, er wollte das nicht, weil er vorher schon wusste, dass ich sie nicht annehmen würde. Aber Samu war stur, das war er schon immer und malträtierte Osmo jedes Mal vorher, dass er es wenigstens versuchen sollte.

The right one (Anna & Samu Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt