#49 Das Symbol des Raben

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Sobald wir die ICCJ erreichen, bringt Jason den Jeep abrupt zum Stehen.

Der Helikopter ist anscheinend vor uns angekommen und steht zirka 50 Meter von uns entfernt. Shevre und Morten kommen auf uns zugerannt.

Jason steigt rasch aus, öffnet die linke Tür der Rückbank und versucht Shelter aus dem Wagen zu hieven, was ihm nur kläglich gelingt.

Ich stoße die Tür zur anderen Seite auf und stürme aus dem Jeep. Meine Schulter brennt höllisch, dagegen ist die Wunde an meiner Wade ein Nichts. Blut sickert durch meine Kampfmontur, tränkt sie in dunkles Rot. Ich kann die Flüssigkeit heiß auf meiner Haut spüren.

Keine Ahnung, wie viel Milliliter oder Liter ich bereits verloren habe, aber es ist spürbar. Alles um mich herum verschwimmt für einige Sekunden, bis ich mich wieder fange.

Mein Blick wandert zur Seite und ich entdecke meinen besten Freund, der mühevoll von Jason getragen wird. Er regt sich nicht mehr.

Ich sollte ihm helfen, doch ich spüre nur den Schmerz, die Unbeweglichkeit.

Mit schleppenden Schritten trotte ich hinter Jason her, Shevre und Morten kommen immer näher und als sie Shelter erreichen, helfen sie Jason, ihn zu tragen.

Die Geräusche um mich herum, die Stimmen, die versuchen mein Trommelfell zu erreichen - sie sind so weit weg und dann doch wieder so nah dran, rascheln und rauschen.

Während sich Shevre und Jason immer mehr von mir entfernen und schnell auf den Eingang der ICCJ zusteuern, kommt Morten auf mich zu. Sein Mund bewegt sich, doch ich kann's nicht hören, ich habe keinen Schimmer, was er da redet.

Und plötzlich flammt der Schmerz in meiner Wade wieder auf und bringt meine Glieder zum Zittern, meine Knie werden wackelig und ich sinke zu Boden.

Ich glaube, Morten ruft meinen Namen. Oder vielleicht auch nicht.

Mein Sichtfeld verschwimmt, Mortens Abbild wird zur Seite geschleudert. Wasser tränkt alles um mich herum, die Wolken werden zu einem Tornado, verschlingen mich. Ich will mich übergeben, aber ich weiß nicht, wie das geht.

Ich nehme eine Hand an meiner Schulter wahr, an meiner Wange. Meine Pupillen suchen nach dem dazugehörigen Menschen, doch sie fuchteln nur wie wild herum, wissen nicht wohin.

Und dann kippe ich endgültig zur Seite. Kieselsteine bohren sich in die eine Hälfte meines Gesichts.

Alles vergeht wie in Zeitlupe.

Ich blinzle. Einmal, zweimal. Dreimal. Viermal.

Beim fünften Mal bleiben meine Lider geschlossen.

. . .

Als ich erwache, ist alles um mich herum weiß wie Schnee.

Ich weiß sofort, dass ich mich auf der Krankenstation befinde.

Schwester Caroline erneuert gerade den Verband um meiner Wade. Ich kann es spüren. Ihre sanften Hände an meinem Bein, wie sie es vorsichtig mit dem Mull umkreisen, nicht zu fest, nicht zu locker.

Ich blinzle ein paar Mal. Mein Blick ist starr auf die Decke gerichtet.

Es dauert einige Sekunden, bis ich wieder vollends Gefühl über meinen ganzen Körper habe.

Und eins der ersten Dinge, die mir in den Sinn kommen, ist Angst. Angst um Shelter.

Ich will nicht wissen, wie viel Zeit seit dem Vorfall vergangen ist, wie viel inzwischen passiert sein mag. Ich will mich nicht aufsetzen und erfahren müssen, dass er es vielleicht nicht überlebt hat, dass wir ein paar Minuten zu spät waren.

Shelter is your NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt