#45 Hangover

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Am nächsten Morgen erwache ich mit dröhnenden Kopfschmerzen.

Meine Lider sind schwer wie Beton, mein Hals ist trocken wie Las Vegas. Was zur Hölle?

Mit aller Kraft versuche ich, meine Augen zu öffnen; ganz langsam, ganz sachte. Und überraschenderweise gelingt es mir. Ich blinzle ein paar Mal, bevor ich mich an die Atmosphäre gewöhne und ich im Stande bin, meine Umgebung wahrzunehmen.

Augenblicklich zucke ich zusammen. Das Zimmer, in dem ich mich befinde, ist nicht meins. Es ist kleiner und unaufgeräumter. Außerdem riecht es komisch.

Ich rümpfe die Nase und kann den aufkommenden Schwindel nur schwer unterdrücken. Was ist passiert, verdammt?

Ich weiß, dass ich in einem Bett liege, doch die Frage ist, in wessen?

Eine Mischung aus Angst und Neugier durchströmt meinen Körper, als ich mich dazu zwinge, mich umzudrehen. Als ich dies tue, wird mir nur noch schlechter, doch all dies verfliegt, als ich Shelter direkt vor mir entdecke. Seine Augen sind geschlossen, sein Mund steht offen und er sabbert.

Erschrocken weiche ich zurück und falle ungewollt aus dem Bett.

Mit einem stumpfen Geräusch komme ich auf dem harten Boden auf und ich gebe ein schmerzerfülltes Quieken von mir.

Mein Schädel brummt und der Schwindelanfall wird schlimmer.

Ich blicke an mir herab und stelle erleichtert fest, dass ich noch meine Klamotten vom Vortag anhabe.

Vom Vortag.

Die imaginären, verstaubten Zahnräder in meinem Kopf fangen an sich zu drehen und irgendwann macht es Klick.

Gestern war mein 20. Geburtstag.

Shelter hatte eine Überraschung in dem Pick Up vorbereitet.

Wir wollten da weitermachen, wo wir aufgehört haben.

Freiheit.

Eine ganze Flasche Bourbon für uns zwei.

Schluck für Schluck.

Den Verstand gegen das Freisein eintauschen.

Blackout.

Fassungslos bette ich meinen schmerzenden Kopf in beide Hände. Heilige Scheiße.

Ich habe nicht im Ernst einen Kater, oder?

Langsam versuche ich aufzustehen und meinen schlappen Körper ins Badezimmer zu schlürfen, während ich mich frage, wann ich meinen letzten Kater hatte.

Gedankenverloren runzle ich die Stirn und denke nach. Wieso dauert das so lange? Wieso arbeitet mein Gehirn nicht schneller?

Ich komme beim Waschbecken an, drehe den Hahn auf und bücke mich, um ein paar Schlücke zu trinken. Das wird meinen Körper erstmals vom Dehydrieren hindern, während er den restlichen Alkohol in meinem Blut abbaut.

Also, wie lange ist es her, dass ich so viel Alkohol zu mir genommen habe?

Nachdenklich drehe ich mich um und lehne mich mit dem unteren Rücken ans Waschbecken.

Dann fällt es mir plötzlich wieder ein.

Es war an Silvester vor etwa vier Jahren. An dem Silvester, welches das Jahr einläuten sollte, in dem mein Bruder Luke starb. Welches das Jahr einläuten sollte, in dem ich von Zuhause verschwand und mich für die ICCJ entschied. Welches das Jahr einläuten sollte, in dem alles nur noch bergab ging.

Shelter is your NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt