#47 Die Hoffnung in Person

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Ich bin nicht in der Lage mich zu bewegen. Ich kann einfach nur starren. Starren auf die leere Stelle vor mir, auf der einst mein bester Freund noch stand.

Nun ist er weg. Und es fühlt sich so an, als würde mir man die Welt aus den Händen reißen.

Meine Glieder beginnen zu zittern und ich kann nichts tun - ich kann nichts tun.

Das Entsichern einer Waffe zerrt mich aus meinen Gedanken. Langsam und angespannt drehe ich mich um. Die zwei Männer stehen immer noch an Ort und Stelle und ich frage mich, wie viel Zeit vergangen ist, seitdem ich bemerkt habe, dass Shelter - mein bester Freund - weg ist. Wie lange mein Körper vom Schock kontrolliert wurde und es jetzt noch wird.

Ich versuche den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken, doch meine Kehle ist einfach zu trocken, fühlt sich pappig und staubig an.

»Wo ist er?«, krächze ich und starre die zwei Typen an. Sie waren es. Sie haben Shelter. Sie haben ihn dir genommen.

Meine linke Hand ballt sich kramphaft zur Faust. Ich verliere die Kontrolle über meinen Körper.

»Nicht hier«, antwortet der dunkelhäutige Mann mit einem halben Grinsen, »Wie du siehst.«

Meine Fingernägel nagen sich in mein Fleisch. Der Schmerz hilft mir zu denken, hält mich am Boden. Denn ich schwöre, wenn dieser nicht wäre, hätte die Rachlust schon längst mein inneres Biest herausgelassen.

Was wäre daran eigentlich schlimm? Sie haben es verdient.

»Was habt ihr mit ihm angestellt?«, presse ich hervor. Mein ganzer Kiefer ist vor Wut angespannt. Ich will wissen, wo mein Freund ist. Ich will wissen, ob er noch am Leben ist, was sie mit ihm vorhaben.

»Nichts«, erwidert der hellhäutige, »Noch nichts.«

Ich zucke augenblicklich zusammen. Am liebsten würde ich dem Kerl den Kopf abreißen - hier und jetzt, ohne zu zögern.

»Lasst ihn frei und wir gehen. Wir gehen und lassen euch in Ruhe«, versuche ich zu verhandeln. Ich brauche Shelter lebend und ich habe keine Ahnung, was sie mit ihm anstellen, wenn ich ihnen drohe.

Beide lachen. Zornesröte steigt mir in die Wangen. Wie können sie es wagen...

Und ganz plötzlich ist es still. Das Gelächter verstummt und ich weiß, es wird ernst. Es wird gefährlich. Die werden mich nicht einfach so gehen lassen. Sie wollen nicht nur Shelter, sondern auch mich - tot oder lebendig, das weiß ich nicht. Ich setze mal eher auf die zweite Möglichkeit.

Meine Sinne schärfen sich, das Adrenalin pumpt durch meine Venen. Ich spüre die aufkommende Wut und Kraft und Trauer und Macht in mir. Sie ist so stark.

Der Griff um meine Smith-and-Wesson verstärkt sich. Ich werde diese Mistkerle umbringen - koste es, was es wolle. Sie haben Shelter verschleppt.

Ich bemerke, wie die beiden Männer einen kurzen, viel sagenden Blick austauschen und bin sofort auf einen nahe kommenden Angriff gefasst. Meine linke Hand lasse ich in eine kleine Tasche meines Gürtels gleiten. Unbemerkt fische ich die Rauchbombe heraus, verstaue sie unauffällig in meiner Faust.

Dann warte ich darauf, dass sie den ersten Schritt machen. Einer von ihnen wird es tun, da bin ich mir sicher. Ich starre sie abwartend an, lasse keinen Zentimeter von ihnen zu lange aus den Augen, bin wachsam wie noch nie.

Und dann passiert es.

Der Finger des dunkelhäutigen Mannes zuckt am Abdruck und ab da an weiß ich, was ich zutun habe, wie ich reagieren werde. Blitzschnell hebt er seinen Arm mit der Knarre, zielt auf mich, denkt, ich würde nichts erahnen, doch das tue ich und er wird dafür büßen.

Shelter is your NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt