#29 Let's get ready to rumble!

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Wenn meine Kinnlade nicht an meinem Kiefer verankert wäre, würde sie nun auf dem Boden liegen und mein Gesicht würde unglaublich seltsam aussehen.

Ich hätte wirklich mit jedem anderen Grund gerechnet - mit jedem, außer diesem.

In der ersten Nacht, nachdem Shelter aufgetaucht war, habe ich noch über diese Möglichkeit nachgedacht. Habe mir Hoffnungen gemacht, er könne wegen mir hier sein.

Doch diesen Spekulationen konnte ich selbst nicht glauben, vertrauen. Sie kamen mir unfassbar unglaubwürdig und absurd vor. Aber jetzt ist es genau das, was passiert ist.

Shelter hat mich gesucht. Meinetwegen hat er Brooklyn verlassen. Wegen mir ist er hier.

Ich habe keine Ahnung, was ich denken oder fühlen soll.

Bin ich gerührt durch diese Erkenntnis oder doch eher schockiert, dass er all das auf sich genommen hat - für mich?

»Das kannt nicht sein«, widerspreche ich ihm hastig.

Shelter schaut mich verwundert an. »So ist es aber.«

Ich schüttle nervös den Kopf. »Aber warum solltest du-? Ich meine, wieso könntest du-?«, ich breche ab, hole einmal tief Luft, »Du bist wirklich wegen mir hier?«

Er nickt.

»Sowas habe ich nicht erwartet«, gebe ich außer Puste zu.

»Ich merk's«, erwidert er grinsend.

»Aber warum zur Hölle hast du dich ohne Vorräte oder Klamotten auf diesen verdammt weiten Weg gemacht? Bist du vollkommen bescheuert?«, werfe ich ihm an den Kopf.

Sein Grinsen wird breiter. Diesmal schüttelt er den Kopf. »Ich hatte schon Vorräte und Klamotten, aber die wurden mir gestohlen«, gesteht er, »Und zwar in der Nähe der Hangars in Milwaukee. Von den Dieben, die du beobachten solltest.«

Auf diese Erkenntnis hin bahnt sich etwas einen Weg durch meine Kehle und als ich meinen Mund öffne, breche ich in schallendes Gelächter aus.

Ich lache so stark, wie ich es seit Jahren nicht mehr getan habe. Shelter beäugt mich amüsiert, als würde er dieses Erlebnis im Nachhinein selbst urkomisch finden. Ist es ja auch.

Prustend beginne ich, mir den Bauch zu halten, weil dieser schon vor Lachen unglaublich wehtut und sich zusammenkrampft.

Irgendwann kann ich nicht mehr, doch aufhören kommt nicht infrage. Es ist einfach zu ironisch, als dass ich den Lachanfall nun schon stoppen könnte.

Ich falle nach hinten und liege mit dem ganzen Rücken auf meinem Bett, während mein Oberkörper wie verrückt bebt und zuckt, durch mein Gelächter geschüttelt wird.

»Also langsam reicht's aber!«, merkt Shelter an.

Ich kann nur den Kopf nach links und rechts wirbeln. Die ersten Lachtränen wandern über meine Schläfen und befeuchten meinen Haaransatz.

Er seufzt theatralisch und fasst sich an den Kopf, wartet ab, bis ich endlich fertig bin.

Nach geschlagenen fünf Minuten ist es schließlich so weit: Der Anfall klingt ab und ich kann mich wieder gerade hinsetzen. Ich wische mir mit dem Handrücken über die Augen und entferne die Tränen.

»Oh, Gott«, keuche ich stets grinsend, »So viel gelacht habe ich lange nicht mehr.«

»Da musste wohl Einiges raus«, sagt Shelter und lächelt mich an.

Ich nicke. »Ja, das glaube ich auch.«

Dann werde ich langsam wieder ernst. Da sind noch Sachen, die wir klären müssen. »Also«, setze ich an, »du bist wegen mir hier, in der Zentrale. Du hast gesagt, du hattest Schuldgefühle und hast es daheim nicht mehr ausgehalten.«

Shelter is your NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt