#31 Schwarze Tage

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Es wird gute Tage geben, hat mir Doktor Connor gesagt, aber es wird auch schlechte Tage geben.

Schwarze Tage.

Tage, an denen ich einfach nur im Bett liegen will, kann, muss. An denen ich hilflos bin, an denen mir selbst Antidepressiva nichts mehr nützen.

Es wird diese Tage geben, an denen ich zu nichts im Stande bin, mich tot und leblos fühle, ausgelaugt vom Nichtstun.

Heute ist so ein Tag. Und ich hasse es. Hasse es, dass ich nichts selbstständig tun kann, hasse es, dass ich nur im Bett liege, apathisch die Decke anstarre und die unzählige Dunkelheit zähle.

Mir ist nicht warm, mir ist nicht kalt, ich spüre rein gar nichts. Kein Einfluss von außerhalb. Ich bin allein.

Nicht einmal heulen kann ich, obwohl ich zugeben muss, dass ich das auch nicht will.

Ich fühle mich taub, als wäre ich zig Meilen von der Realität entfernt. Bekomme nicht aktiv mit, was um mich herum geschieht.

Deshalb merke ich auch nicht, wie sich meine Zimmertür leise öffnet und wieder geschlossen wird, wie eine dunkle Silhouette auf mein Bett zusteuert und sich auf dessen Rand setzt, die Matratze runterdrückt.

Etwas berührt sachte meinen Arm. Ich blinzle ein paar Mal und mein Geist fährt augenblicklich in meinen Körper zurück.

Irritiert schaue ich mich um, entdecke Shelter, der meinen Unterarm berührt und mich im Dunkeln anstarrt.

Ich kann nicht sehen, was er denkt, was sein Gesichtsausdruck mir sagen will.

Mein Hals ist trocken, fühlt sich wie Pappe an. Habe keine Ahnung, wann ich das letzte Mal Flüssigkeit zu mir genommen habe.

Ich schlucke einmal kräftig und wende meinen Blick von meinem besten Freund ab.

»Ich bin ein psychisches Wrack«, krächze ich in die Stille hinein.

Schlucke ein weiteres Mal.

Shelters Griff um meinen Arm verstärkt sich leicht, bringt mich dazu, ihn wieder anzusehen, obwohl ich nicht will.

Weiß nicht, was mit mir an solchen Tagen geschieht, denke, ich werde nie mehr werden wie zuvor.

»Nein«, spricht er leise, »Das bist du nicht.«

»Dann sag mir, warum ich hier im Dunkeln liege und zu nichts in der Lage bin außer mich selbst zu bemitleiden. Sag mir, warum ich so widerliche Sachen tue, auch wenn ich das nicht will«, befehle ich ihm heiser, »Sag's mir.«

»Sag du es mir.«

Meine Stirn legt sich in Falten.

Shelter setzt sich weiter aufs Bett, legt sich schließlich neben mich, sodass ich die Möglichkeit bekomme, meinen Kopf auf seine Schulter zu stützen. Was ich auch schließlich tue.

»Sag mir, wie es sich anfühlt«, fährt er flüsternd fort.

Ich hole tief Luft. Jetzt muss ich die passenden Worte finden, was jedoch nicht einfach wird.

»Im Allgemeinen kann man sagen: Man fühlt so vieles, aber dann doch wieder rein gar nichts«, beginne ich.

Er bleibt still, wartet darauf, dass ich weiterrede.

»Man denkt, man ist dabei, innerlich zu krepieren. Man kann sich nicht bewegen, fühlt seine eigenen Gliedmaßen nicht mehr, es sei denn, man zwingt sich. Du willst einfach nur rumliegen, und dann doch wieder nicht. Du hast keinen Schimmer, was dir fehlt, was du willst, was dir hilft. Deine Sicht ist schwarz, genau wie mein Zimmer. Man hat Angst vor dem, was man ist. Man hat Angst vor der Krankheit, die du zu bekämpfen versuchst.«

Shelter is your NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt