#8 Der Wunsch nach Hass

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»Also, wieso hast du mir nichts von diesem Shenter erzählt?«, fragt mich Jason, als wir zusammen auf seinem Bett gemütlich zu Abend essen.

Na ja, bis vor kurzem war es noch gemütlich, denn jetzt greift er das Thema auf, was ich eigentlich für den Rest meines Lebens vermeiden wollte - das hätte ich allerdings sowieso nie durchhalten können.

Ich schaue ihn an, während ich das trockene Brötchen herunterwürge. »Er heißt Shelter.«

»Dann eben so. Und?«

»Was?«, stelle ich mich dumm.

Mein Freund rollt genervt mit den Augen und durchbohrt mich förmlich mit seinen Blicken. »Kriege ich jetzt eine vernünftige Antwort auf meine Frage?«

Ich seufze resigniert und lasse die Schultern sacken. »Na gut«, beginne ich und hole noch einmal tief Luft, »Du erinnerst dich an meinen letzten Auftrag und an die Eskapade mit dem Suchtrupp?«

»Das war erst gestern«, Jason zieht überrascht seine Stirn kraus, »Also ja, ich erinnere mich nur zu gut.«

Ein wenig aus dem Konzept gebracht wegen der Tatsache, dass mir jetzt gerade erst auffällt, wie langsam die Zeit vergeht und wie schnell sie einem doch im Endeffekt vorkommt, fahre ich fort:

»Eigentlich sollte es keine Mission werden wie meine üblichen. Ich hatte keinerlei Befugnis, jemanden umzubringen oder gefangenzunehmen. Ich sollte lediglich nur eine Truppe Diebe beobachten und dann Bericht erstatten, aber du kennst mich ja: Mir wurde langweilig und dann habe ich plötzlich einen Schatten in eins der Hangars laufen sehen und bin diesem gefolgt.«

»Und das war dann der Kerl?«

Ich nicke.

»Aha. Und wieso hast du ihn nicht einfach umgebracht?«, fragt Jason dann kalt, woraufhin ich augenblicklich zusammenzucke.

Ja, wieso eigentlich nicht? Dann würdest du jetzt nicht in diesem Dilemma stecken.

Entsetzt gebe ich meinem Freund einen kleinen Schlag gegen die Schulter. »Jason!«

Er hebt die Hände abwehrend in die Luft. »Was?«

»Ich bringe doch nicht einfach Menschen um, über die ich keinerlei Wissen verfüge!«

»Aber das ist auch kein Grund, den Typen mit in die Zentrale zu schleppen«, erwidert er schließlich und ich muss ihm Recht geben. Wäre Shelter nicht Shelter, dann hätte ich so etwas nie getan.

Ich schließe für einen Moment die Augen um mich zu sammeln. Soll ich Jason alles erzählen? Warum ich Shelter mit hier hergebracht habe?

»Amory? Alles in Ordnung mit dir?«, holt er mich schließlich aus meinen Gedanken. Ich merke, wie er mir eine Hand auf die Schulter legt.

»Es ist viel mehr als das, Jason«, sage ich und schaue ihm dabei direkt in die Augen, »Viel mehr.«

»Du kannst mir alles erzählen, Am, das weißt du«, merkt Jason verständnisvoll an und ich beschließe, es ihm zu sagen. Vielleicht nicht alles, aber zumindest das, was seine Frage gut genug beantworten würde.

»Ich kenne Shelter nicht nur seit gestern, sondern schon seit meiner Kindheit. Das ist der Grund, warum ich ihn nicht einfach dort zurückgelassen habe, geschweige denn an Ort und Stelle umgebracht habe.«

Nachdem ich diese Worte ausgesprochen habe, warte ich gespannt auf Jasons Reaktion. Ich habe keine Ahnung, wie diese wohl aussieht und um ehrlich zu sein, habe ich auch ein wenig Angst.

»Okay«, sagt er nur und wendet seinen Körper, sodass er jetzt auf dem Rücken liegt und die Decke anstarrt.

Okay? Einfach nur ein "okay"?

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