#48 Ein Glitzern

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Jason ist seit ungefähr fünf Jahren in der ICCJ tätig und heute für das Schießtraining zuständig - darin ist er sogar noch besser als ich. Davor besaß er einen ähnlichen Job wie ich, nur nicht ganz so strikt und wichtig.

In diesem Moment sitzen wir in einem schwarzen Jeep der Zentrale und rasen Richtung Stadt. Außer Jason hat sich auch Shevre bereit erklärt uns zu helfen, doch ich wollte seine Hilfe nicht annehmen. Ich kann ihn einfach nicht mehr ansehen.

Falls Shelter sterben sollte, bezweifle ich, werde ich jemals wieder zurückkehren können. Ich könnte es einfach nicht ertragen, die ganze Zeit in Gefahr zu geraten, meinem Boss über den Weg zu laufen.

Ich weiß, dass es nicht seine Schuld ist, dass ich verfehlt habe. Das ist zu hundert Prozent mein Verdienst, und dennoch: Shevre wollte, dass Shelter mitkommt. Und genau das war der Auslöser. Für alles.

Mag sein, dass ich ihm zu sehr die Schuld in die Schuhe schiebe, aber im Augenblick ist es eines der wenigen Dinge, an die ich festhalten kann, von denen ich glaube, dass sie stimmen. Irgendwer muss nun den Sündenbock spielen und so leid es mir tut: Shevre ist es. Wird es wahrscheinlich immer sein.

Außerdem wird Morten uns von oben beobachten; er wird mit dem Helikopter zum toten Viertel fliegen und uns im Auge behalten, nur um sicherzugehen. Ich vermute, dass Shevre ihn begleiten wird, aber solange er nicht mit uns auf Augenhöhe agiert, ist alles in Ordnung.

Ich hole zitternd Luft. Nie hätte ich auch nur in Erwägung gezogen, dass ich mich mal in solch einer Situation befinden würde. Mit Jason, für Shelter. Wie ein Team.

Was ist, wenn es bereits zu spät ist? Wenn sie Shelter schon ... den Rest gegeben haben? Ich will diesen Gedanken nicht weiter verfolgen, denn er ist unerträglich, unvorstellbar. Ein Leben ohne Shelter? Ich ertrage es, wenn uns die Entfernung trennt, aber nicht der Tod.

Vor Nervosität spiele ich mit meinen Fingern, fummle an der sauberen Schnittwunde an meiner Kehle herum, die schon lange nicht mehr blutet. Allerdings bestand ich vorhin darauf, keine Zeit zu verlieren, also werden wir diese erst später richtig verarzten, weshalb immer noch getrocknetes Blut meine Haut ziert.

Aus dem Augenwinkel bemerkt Jason, wie nervös und aufgeregt und verängstigt ich bin. Ich bin ihm so dankbar, dass er versucht, so etwas für mich zu tun - so etwas für Shelter zu tun. Das ist nicht selbstverständlich.

Ich werfe ihm einen verunsicherten Blick zu. »Warum tust du das, Jason?«

Ich nehme wahr, wie sich sein Griff ums Lenkrad für kurze Zeit verstärkt. Er sieht mich nicht an, antwortet aber. »Ich tue das für dich. Und für ihn.«

Meine Kehle ist trocken und meine Zunge fühlt sich rau an, als ich schlucke. »Ich dachte immer, du kannst ihn nicht ausstehen.«

Jason zuckt mit den Schultern. »Ich bin mir selbst nicht sicher, wie ich Shelter finden soll, aber ... Aber er macht dich glücklich, also ...«, er stockt ganz kurz, »Ich will dich nicht am Boden sehen.«

Wow.

»Danke« ist alles, was ich herausbringen kann.

Jason nickt anerkennend. Dann erreichen wir die Stadt und die riesigen Gebäude umhüllen den Highway. Es ist stets hell draußen, wir haben noch genug Zeit, um meinen besten Freund zu retten.

Ich mache mich mental schon auf den bevorstehenden Kampf bereit. Die Sniper habe ich in der Zentrale gelassen; nun nützt sie mir nicht mehr viel. Stattdessen habe ich mir noch ein weiteres Messer eingepackt, Shevre noch eine Rauchbombe abgezogen und mir meine Colt Python geschnappt, sodass ich nun doppelt und dreifach bewaffnet bin. Jason trägt ebenfalls Messer und Revolver bei sich.

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