Enrico und ich gehen Hand in Hand bis zum Delikatessenladen und mein Herz klopft die ganze Zeit wie verrückt. Das Gefühl unseres Kusses war unglaublich und nun läuft die Erinnerung daran in Dauerschleife in meinem Kopf.
„Ist es hier?", reißt Enricos Stimme mich zurück in die Wirklichkeit und ich sehe, dass wir bereits vor der kleinen handbeschriebenen Tafel stehen.
Hawaii - Toast oder Pizza
Hauptsache Ananas„Ja", sage ich nickend, zögere jedoch. Obst auf Pizza? Ich weiß nicht. „Wir können auch zu mir gehen und was kochen", schlage ich vor.
Enrico bleibt vor der Tafel stehen und strahlt mich mit leuchtenden Augen an.
„So verlockend ich dieses Angebot auch finde, aber ich liebe Ananas und darum würde ich das hier schrecklich gern ausprobieren."
Zärtlich drückt er seine weichen, warmen Lippen wieder auf meine und mein Herz setzt erneut für eine Sekunde aus.Kann man beim Küssen sterben? Gibt es wohl eine Warnung für Menschen mit Herzerkrankungen sich nicht zu verlieben? Und warum verliebe ich mich ausgerechnet in jemanden, der Ananas mag?
Bevor ich meinen Gedanken wieder nachhängen kann, zieht Enrico mich mit sich in das kleine Geschäft.
„Hi", begrüßt er die liebe, rothaarige Verkäuferin hinter der Theke, deren Namen ich noch immer nicht kenne. „Ich bin Enrico und mein Freund Robin und ich würden gern Ihr Hawaii-Angebot ausprobieren."Er hat Freund gesagt. Er hat mich seinen Freund genannt! Ich muss dringend einen Termin beim Kardiologen machen, denn mein Herz rastet gerade vollkommen aus. Was waren die Symptome für einen Herzinfarkt nochmal?
Enricos Finger an meinen streicheln beruhigend darüber und ich bemühe mich ruhig zu atmen.Die junge Frau strahlt uns an, ihr Blick fällt kurz auf unsere Hände und ihr Lächeln wird noch breiter, bevor sie antwortet: „Hey, ich bin Jill. Es ist sowohl noch Toast als auch Pizza da, ich mache euch aber auch gern eine halbe Portion von beidem, wenn ihr euch nicht entscheiden könnt."
Enrico lächelt und nickt zufrieden.
„Das hört sich großartig an, denn ich könnte mich wahrlich nur schwer entscheiden."
Jill wendet sich an mich und kichert leise, als sie meinen offensichtlich zögerlichen Blick sieht.
„Ganz klar kein Axtmörder", stellt sie fest und ich sehe sie fragend an.
„Nein", erwidere ich. „Ich bin überhaupt kein Mörder."
Ich verstehe ihre Aussage nicht.Enrico neben mir lacht und streichelt weiterhin mit seinem Daumen über meinen Handrücken.
„Es heißt, Menschen, die Pizza Hawaii mögen, wären aggressiv. Ich kann das nicht bestätigen, ich habe meine Axt noch nie aus dem Keller holen müssen."
Jill lacht leise und auch ich muss ein wenig grinsen.„Wie haben dir denn die Flammkuchen geschmeckt, Robin?", erkundigt sie sich.
„Großartig", erzähle ich lächelnd. „Wobei ich den Herzhaften etwas lieber mochte."
„Ja, nicht jeder mag Obst im Essen. Willst du trotzdem die Ananas probieren?"
Ich schaue kurz zu Enrico, dessen Augen mich fröhlich anfunkeln und lächele unwillkürlich.„Ja, probieren zahlt sich ja manchmal aus", sage ich entschlossen. „Ich nehme einmal den Toast."
„Super", freut sich Jill. „Nehmt ihr alles mit?"
„Oh", kommt es von Enrico, als er den kleinen Tisch in einer Ecke des Ladens sieht. „Wenn es dir recht ist, würden wir gern hier essen."
„Absolut", entgegnet Jill. „Setzt euch schon mal, ich bringe euch das Essen gleich."Enrico zieht mich mit sich zu dem kleinen, hölzernen Tisch und wir beide setzen uns nebeneinander auf die Stühle, die daran stehen.
„Wenn wir jetzt zu dir gingen, wäre ich doch etwas... abgelenkt", gibt Enrico verlegen zu und ich brauche einen Moment bis ich realisiere, dass wohl ich die Ablenkung wäre. Ich lächele beschämt und sehe auf unsere noch immer miteinander verbundenen Hände.Ist es töricht von mir, mir zu wünschen, dass sie für immer so bleiben? Es fühlt sich für mich so an, als gehörten Enricos Finger genau dorthin.
„Also, Robin", beginnt Enrico neugierig. „Erzähl mir von deiner Recherche."
Nervös presse ich meine Lippen aufeinander, bevor ich leise beginne zu erzählen: „Naja, ich wollte einfach nichts falsch machen. Wenn du schon zustimmst, dass ich es mit dir probieren darf, wollte ich wissen, was ich tun muss. Wie bei den Kaugummiblasen."Enrico lächelt und nickt, hört mir aber weiterhin interessiert zu.
„Also habe ich ‚Männer küssen' in die Suchmaschine eingegeben", berichte ich weiter und sehe, wie Enricos Augenbrauen sich heben und er sich sichtlich bemüht, sein Grinsen zu verkneifen.
„Du scheinst das Ergebnis zu kennen", lache ich unbeholfen.
„Ich kann es mir denken", kichert er. „Und?"
„Was und?"
„Wie war es?"„Puhh", mache ich und hoffe, mein Gesicht ist nicht so rot wie es sich gerade anfühlt. „Interessant, würde ich sagen. Zumindest wurde mir ziemlich schnell klar, warum du mich gestern gefragt hast, woran ich denke, wenn... du weißt schon."
Enrico nickt und sieht mich erwartungsvoll an, er möchte offenbar, dass ich weiterrede.„Was nur so merkwürdig war, ist, dass ich dabei die ganze Zeit an dich denken musste. Bei diesen Videos, meine ich", rede ich ehrlich weiter. „Ich habe mir vorgestellt, all diese Dinge mit dir zu tun. Die Männer in den Videos haben mich gar nicht interessiert."
Enrico lächelt noch immer und streicht langsam mit der Spitze seines Zeigefingers über meine Fingerknöchel.
„Und war es gut?"
„Was?"
„Die Vorstellung."
Ich seufze leise und schließe kurz meine Augen, um meine Konzentration nicht völlig zu verlieren.
„Und wie", gebe ich zu.Als ich meine Augen wieder öffne, ist Enricos Gesicht ganz nah vor meinem. Sein Blick ist auf meine Lippen gerichtet und ich kann erkennen, dass seine Pupillen stark geweitet sind, während er mich fixiert. Oh, will er mich nochmal-
„So", macht Jill fröhlich neben uns und wir zucken schuldbewusst auseinander. „Knutschen könnt ihr später noch, Jungs. Ich hab hier einmal halb Pizza, halb Toast für Enrico und einmal Toast für Robin."
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Wandelmut | ✓
RomanceRobin Harrissons Leben ist einfach und strukturiert, doch ungewöhnliche Fragen von noch ungewöhnlicheren Menschen lösen einen unerwarteten Wandel in ihm aus. Gibt er der Veränderung nach oder kehrt er zurück zu seinen alten Mustern? ------------ ❝...