Kapitel 41

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Horace
...
Sehr geehrtes Babog H676,

es freut es, ihm mitzuteilen, dass es sich für eine Aufnahme in die Winner-Brigade qualifiziert hat. Es wird in zwei Wochen, am ersten Tag der 3., im Hauptsitz antreten, durchgecheckt und in seine Aufgaben eingewiesen. Benötigen wird es, drei Wechseloutfits und die Basic Ausrüstung. Alles weitere wird dort geklärt.
Das leitende Babog der Spezialeinheit 3, freut sich es kennen zu lernen.

Mit gehobenen Grüßen,
N 563

Der Junge konnte es nicht fassen, nicht glauben. Sie wollten ihn tatsächlich, er würde der Winner 'beitreten'!  Er staunte auch, nein wunderte sich über die Nummer des Leitenden. Wenn sie den normalen Zähleinheiten entsprach, musste dieses Babog um einiges jünger sein als er selbst, doch Horace bezweifelte, dass ein Kind die Organisation „Winner" leiten konnte. Er würde es sehen. In zwei Wochen war es soweit.

Nachdem er sich wieder gefasst hatte, grübelte der Rotschopf darüber nach, was er nun den restlichen Tag tun sollte. Weitere Ausflüge mit Hyena zu machen, hielt er gerade für keine gute Idee. Stattdessen war er vielmehr neugierig, was sein Freund, mit den Rasta Locken, wohl dazu sagen würde, wenn er vom Inhalt dieses Briefes erfuhr. Von der Bestätigung, dass die Winner doch nach Leuten suchten, die etwas anders waren als durchschnittliche Babogs und Horace dadurch eine Chance bekam, dieses große System zu infiltrieren. Es fügte sich, beinahe schon beängstigend gut, in ihre Pläne ein.

Wer hätte zu diesem Zeitpunkt auch ahnen können, in welche Richtung es laufen würde? Welche beinahe schicksalhafte Wendung alles nehmen sollte? Das bei Weitem nicht alles am Schnürchen laufen würde... Niemand.

Horace besuchte also Jesse, nicht ohne seiner Mutter kurz Bescheid zu geben und sich umzuziehen. „Hor? Kannst du bitte Hyena noch schnell etwas vorbeibringen? Ich hab ihr die Blumensamen besorgt, um die sie mich gebeten hatte", kam eine Anfrage von Nicola.

Er machte einen kleinen Abstecher und warf das Samen-Päckchen in den Briefkasten vor dem Baumhaus, dann fuhr er weiter. Seit dem Kuss scheute er sich davor, ihr gegenüber zu treten und er konnte sich nicht genau erklären, was der Grund dafür sein könnte, vielleicht fürchtete er sich vor ihrer Reaktion... Hielt sie, sie beide jetzt für ein fixes Pärchen, denn eben hierbei, war er sich nicht sicher... Und auch wenn er sie mochte, sie war in diesem Moment nicht die Gesprächspartnerin, die er suchte.

Jesse schien nicht Zuhause zu sein, auch er machte ab und an Ausflüge. Hier dachte Horace an seine vorherigen Gedanken, als er meinte, dass ihm niemand etwas über Liebe erzählen konnte, lag er falsch. Jesse hatte möglicherweise weniger gelesen als er, dafür um einiges mehr Erfahrung, was praktische Dinge anging. Der Junge mit den Rasta Locken zeigte keine Furcht durchs Feuer zu gehen und auch nicht gleich darauf ins Eis-Wasser zu springen.

Es kam Horace vor als fürchte er sich vor absolut nichts, als ob Jesse jeden Tag so leben würde, wie es ihm gerade passte und er alles ausprobieren, unternehmen konnte, ohne einen Schaden davon zu ziehen. Horace bewunderte ihn dafür, aber nicht nur, er hielt ihn auch für sehr voreilig, gewagt... Im Gedanken an des anderen zahlreichen Erfahrungen in Sachen Liebe, mischte sich auch ein wenig Eifersucht hinzu, die er jedoch sogleich wieder hinunterschluckte. 

Im Großen und Ganzen war Horace sich nämlich sicher, dass er niemals so waghalsig leben könnte. Zumindest ein wenig Sicherheit brauchte er. Sonst kam es ihm vor, als würde alles aus seinen Händen gleiten.

Norah ließ ihn dennoch ein, selbst wenn ihr Zwillingsbruder nicht da war und sie unterhielten sich. Nicht über Dinge die ihre, Jesses und seine, Pläne betrafen, nein über beinahe Belangloses. Die 'Vorhaben ihres Bruders' interessierten, das selbstbewusste, braune Locken tragende Mädchen, wenig, sie hielt sich lieber zurück und genoss ihr Leben.

Immer schon, seit er sich erinnern konnte, war sie einfach dabei, Norah  passte, so zusagen, auf ihren Bruder auf, damit er mit seinem sturen und eiligen Wesen nicht in die nächste Wand krachte.

„Wir haben grad gegessen, aber kann ich dir vielleicht was anbieten? Du weißt schon, nur das was so im Haus ist." Sie zuckte leicht entschuldigend mit den Schultern, als sie ins ,sogenannte, Wohnzimmer traten, das Tomorrowland auch als Versammlungsraum nutzten.

Der 'Thron' stand verdeckt von ein paar, zum Trocknen dort aufgehängten, Handtüchern, die dem Raum einen leicht muffigen Geruch verliehen. Horace setzte sich auf einen der, vom Wetter gegerbten Stühle, die die dort lebende Bande auch gerne auf die Terrasse stellten, um dort zu essen und dann dort vergaßen, was ihren Zustand erklärte.

Horace würde, wenn er müsste, wohl behaupten, dass Norah das genaue Gegenteil zu Hyena abgab. Sie war freundlich, dass durchaus, dennoch sie waren wie Nacht und Tag... Irgendwie war es auch eine durchaus angenehme Abwechslung, mal mit einer anderen Frau, als seiner Mutter und Hyena zu sprechen.

„Und was zieht dich hierher, oder ist es was, dass nur Jess interessieren würde? Naja, wahrscheinlich... Egal, schau was er letztens wieder angeschleppt hat... Ich hab ehrlich gesagt nicht unbedingt eine Ahnung, was wir damit anstellen sollen.", erklärte sie und zog einen Karton näher, darin waren ... „Kräuter?"

Beim genaueren Hinblicken: „Pfefferminz, Melisse, Thymian... nein echt wo hat er denn die her? Aus einem Garten geklaut?", lachte Horace und beäugte die eindeutig frisch gepflückten Pflanzen. Norah stimmte in sein Lachen ein und hob ihre Schultern. „Möglich ... er meinte man könne sie verheizen, damit es im Winter gut riecht, in den Ofen werfen, verkaufen, oder auch trocknen", gab sie preis und Horace überdrehte die Augen. So eine Aussage konnte nur von ihn kommen, versuchte wirklich aus allem etwas zu machen und so 'duften würde das nicht...

„Ach was, sag ihm, dafür sind sie viel zu schade, ihr könntet Tee draus machen, oder sie einlegen, Sirup oder so, würde Mum meinen", schlug er vor, wusste aber schon, auf was er dabei achten musste, damit sie ihm zuhörte, so ließ er es nach Sarkasmus klingen. Und tatsächlich, sie lachte und meinte dann: „Ja sicher, ich werd mal sehen, klingen zum Teil gar nicht so schlecht deine Vorschläge, Tee ist im Winter ja echt angenehmer als einfach nur warmes Wasser, Saft..."

Er half ihr noch beim Abwasch, den sie wohl sonst erst am nächsten Tag gemacht hätte und gerade als er gehen wollte, kam der Rasta-Lockenkopf herein. „Oh Hor, gehst du schon? Ich könnte dir so viel erzählen. Du hast ja keine Ahnung was ich ger...", doch bevor sich der Rothaarige die, möglicherweise, für ihn unangenehmen, Storys seines Freundes anhören wollte, verabschiedete er sich und ging nach Hause.

Jesse war ebenfalls, so grundlegend anders als er, doch ihre Ziele blieben dieselben, sie ergänzten sich.

Erst viel später erinnerte er sich an den Grund seines Besuches. Das musste nun bis morgen warten

I'm the UnderdogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt