Kapitel 74

4 2 10
                                    

Hero

Im Nachhinein hätte ich mich dafür selbst erwürgen können. Was brachte mich zu dieser hirnrissigen Entscheidung, die Liebe meines Lebens einfach stehen zu lassen? Hyena zu ignorieren. Das sah mir nicht ähnlich, seit kurzer Zeit passierten häufiger solche Ausrutscher. Kurz gesagt, in den letzten Wochen war einiges passiert. Wahrscheinlich bot dies die Erklärung...

Seit meinem ersten Tag in der Schule, meinem Aufeinandertreffen mit Jesse, bekam ich kaum noch eine ruhige Minute. Nach dem Unterricht, an meinem ersten Tag, sprach der Dunkelhäutige mich an, erkundigte sich, wie weit ich bereits mit der Stadt bekannt gemacht wurde, wie viel von der Underdog-Welt ich schon erkunden durfte.

Wie ich hierbei feststellen durfte, war die Antwort ziemlich dürftig.
Viel hatten sie mir nicht gezeigt, weshalb der Jesse mir freundlicherweise anbot den Job des Fremdenführers zu übernehmen. Lange Rede, kurzer Sinn, nach der Stadttour landeten wir beim Hauptquartier Tomorrowlands, oder auch 'Jesses Haus mit Schlammteich, der noch an einigen Stellen zugefroren war.'

Von der Organisation Tomorrowland, erfuhr ich während dem Gehen, Jesse erzählte, dass er sie zusammen mit einem Freund gegründet hätte, der jedoch zur Zeit auf einem geheimen Einsatz unterwegs wäre.

Effektor stellte sich als wirklich interessant heraus. Es gab um einiges mehr zu sehen, als ich bisher angenommen hatte. Vorallem die Musikshops hatten es mir angetan, sodass wir bei eben solchen mehrere Pausen einlegen mussten, damit ich die Wühltische genau unter die Lupe nehmen konnte.

Nun, dann aber befand ich mich in ihrem Hauptquartier. Auf dem Tisch standen zwei Säckchen mit meinen Einkäufen. „Danke fürs Mitkommen, super, dass du noch Zeit hattest. Darf ich was anbieten? Hast du vielleicht Hunger? Oder Durst?“ Jesse, der neben seiner Zwillingschwester stand, Norah, wie sie mir soeben vorgestellt wurde, wieß auf den Kühlschrank. Ganz sicher, was ich nun sagen sollte, war ich mir nicht, doch ich nickte auf ein Getränk hin, meine Kehle fühlte sich etwas trocken an.

Der Junge mit den Rastalocken warf mit einen freundlichen Blick zu und drückte mir kurz darauf eine Dose in die Hand. Etwas befremdlich drehte ich das Teil in meinen Händen und hoffte, dass dieses Ding nicht schon etliche Jahrzehnte alt sei. Schließlich wurden Getränke-Dosen seit Zeiten der Babogs nicht mehr hergestellt, oder? Aber auf dem blechernen Dosenboden ließ sich das nicht feststellen, denn ein Ablaufdatum stand dort nicht.

„Keine Sorge, das kannst du trinken, der Typ, der die macht lebt noch, am Rande der Stadt. Keine Sorge, kein Gift, kein Schimmel, sind so gut wie frisch.“, beruhigte mich der Dunkelhäutige und grinste. Die Leute hatten schon eigenartige Hobbies... Dosen und Getränke herzustellen, wäre sicherlich nicht mein Ding.

Vorsichtig öffnete ich die metallene Klappe am Deckel und konnte von Glück sprechen, dass mir nicht der gesamte Inhalt über das T-Shirt schwappte. Ich fluchte und bemühte mich, den 'Wasserschaden' gering zu halten, bevor ich einen Schluck nahm. Beinahe hätte ich bei dem bekannten Geschmack, vor Nostalgie, Tränen vergossen. Wieder einmal, ohne driftigen Grund, doch ich konnte mich beherrschen. Wie lange hatte ich das schon nicht mehr getrunken... Cola.

Dieser Abend machte mir begreiflich, was mir die ganze Zeit über gefehlt hatte. Freunde, wirkliche Freunde, mit denen ich reden konnte, bei denen ich keine Angst haben musste, ihnen weh zu tun. Freunde, die nicht einer Familie gleichzusetzen waren. Jesse trat also zum perfekten Zeitpunkt in mein Leben.

Oja, kleiner vorausblickender Hinweis… perfekt, um Meilensteine losrollen zu lassen, die eben diese Idylle zerstören würde, in welcher ich bis zu diesem Zeitpunkt gelebt hatte.

An diesem denkwürdigen Tag unseres Kennenlernens, redeten wir bis spät in die Nacht. Nicht über uns sebst, eher über Interesse und Gedanken. Endlich konnte ich das, im Buch, Geschriebene auch mit jemandem anderen besprechen, als mit Akrebia. Jesse war ein toller Zuhörer und hatte selbst auch ein paar beeindruckende Geschichten auf Lager. Meist handelten sie davon, wie der Rasta-Lockenkopf und sein Kindheitsfreund, dessen Namen er nicht erwähnte, kleine, krumme Dinger drehten. Es klang nach einer lustige Zeit.

I'm the UnderdogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt