Kapitel 28

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Hyena

An diesem Tag wurde ich von einem lauten, durchs ganze Haus gellenden Schrei geweckt. Ich fuhr sofort aus dem Bett und stolperte zum Ausgangspunkt des Geschehens.

Außer Atem blieb ich auf dem Flur vor dem Badezimmer stehen, aus welchem der aufgeregte Ruf zu kommen schien. Vorsichtig wollte ich klopfen, da bemerkte ich den Hocker, auf dem eine kleine Gestalt probierte die Klinke herunterzuziehen und gelegentlich durchs Schlüsselloch spähte, sie Türe schien wohl verschlossen.

„Hero? Was ist geschehen, wer schreit da drinnen?", fragte ich noch etwas verschlafen. Er blickte mich augenrollend an. „Tako!", stellte er klar.

„Tako? Wo ist Taro, warum ist er nicht auch wach? Ist er auch da drin? Was ist passiert?", die Fragen sprudelten nur so aus mir heraus. Der Weißhaarige sah genervt aus, darüber das ich so schwer von Begriff schien, jedoch auch ein wenig ängstlich.

„Ja ... mein Bruder ist da drin und ich hab keine Ahnung was er tut. Taro ist in der Küche, er macht Frühstück für uns und als ich ins Bad wollte, schlug mir Tako vor der Nase die Türe zu und kurz darauf fing er an zu schreien. Hilf mir sie aufzumachen, bitte!", stöhnte er und hing sich erneut an dem Griff.

„Ich krieg es allein nicht hin." Vor Anstrengung sammelten sich in seinen Augenwinkeln Tränen, oder war es gar Sorge, sie ihm das Wasser in die Augen drängte? Ich beschloss zu helfen und hob den verzweifelten Gnom hoch.

„Tako, ... geht es dir gut? Mach auf wenn du kannst, wir wollen dir helfen.", sprach ich so mitfühlend wie möglich und wartete mit Hero im Arm gespannt auf seine Antwort. Zuerst war alles still und ich dachte schon daran, den großen blonden Mann um Hilfe bitten zu müssen, als wir eine wisperte Stimme hörten:

„Tschuldige, ... ich bin gleich so weit. Es ... ist alles ok ... denke ich. Tut mir leid für die Aufregung...". Dann vernahmen meine Ohren das Drehen des Schlüssels und der Gnom in meiner Hand stieß sofort die Türe nach innen auf.

Dies brachte den Dahinter-Stehenden aus dem Gleichgewicht, weshalb er nach hinten kippte, umfiel und das Handtuch um seine Hüften von seinem kleinen Körper rutschte. Bis jetzt hatte ich noch keinen der Zwerge nackt gesehen, und mein Staunen war groß, da ich nun auch wusste warum. Bevor ich jedoch das Thema ansprechen konnte, stürzte sich der weißhaarige Gnom auf seinen 'großen' Bruder.

„Warum schreist du so, als ob du abgestochen würdest, wenn nichts passiert ist? Ich hab einen halben Herzinfarkt bekommen. Wegen deinem Gekreische kriege ich noch Falten!", seine kleinen Fäuste drückten dabei die Schultern des Älteren zu Boden und Heros Stimme klang seltsam bedrückt.

Tako wimmerte leicht, ließ die Tortur aber über sich ergehen. „Ist schon gut Hero, es tut mir ja auch leid, wirklich!", zischte er leise. „Lass mich los, bitte... ... Ich hab mich vorhin nur erschrocken, als ich 'das' gesehen habe..." der Grünhaarige zeigte mit seinem Finger auf sein Kinn.

Hero war wieder von ihm heruntergestiegen und so kamen diese Dinge erneut in Sicht, die mich so irritierten und über welche ich zuvor sprechen wollte. „Sagt mal, ... Jungs, woher? ... Woher hast du diese Tätowierungen, Tako?", stammelte ich verdattert.

Tako und Hero zogen nun gleichzeitig die Köpfe ein. Der des Jüngeren schoss jedoch gleich wieder nach vorne.

„Wir wissen es nicht, die waren schon immer da. Vielleicht sind es Male, ... die Gnome einfach so bekommen", meinte er neunmalklug und tat als müsse er seine nicht vorhandene Brille richten. Jetzt da er seine Chance sah, es zu erklären, bevor ich falsche Schlüsse zog, legte er richtig los. Wobei ich bei Gott nicht wusste, was ich für Schlüsse ziehen sollte, geschweige dem Falsche...
„Schon gut ich glaub dir ja, war nur erstaunt. Habt ihr sie die ganze Zeit vor mir versteckt?"

Tako nickte. „Ja, ... meine Tattoos sind naja sehr verstreut. Ich weiß nicht recht, ... so als ob einfach überall wo Platz auf meinen Armen war, etwas hinkam... Aber ich denke, ... jedes von ihnen hat eine Bedeutung. ... Nur weiß ich nicht welche", gab er zu und griff sich verlegen an den Hinterkopf.

Hero hingegen entledigte sich selbstbewusst seines Pullis und legte ebenfalls seinen Oberkörper frei, damit ich auch seine Tätowierungen bewundern konnte, die er wohl nur versteckte um seinen Bruder nicht zu verraten.

Ich wollte mir denjenigen nicht vorstellen, der sich traute in ihre weiche Zwergen-Haut zu stechen. Andererseits waren sie wirklich immer schon Gnome ...?

„Na? Was sagst du? Was sagst du? ... Cool oder,... oder? Viel besser als die von dem da...", sagte er stolz und zeigte auf Tako. Ich lachte und der Ältere schien empört. „Tja, ... dafür werde 'ich' langsam ERWACHSEN!" Er dehnte und streckte das letzte Wort, damit es sehr wichtig klang und wies erneut auf sein Gesicht, oder eher auf sein Kinn. Ich konnte nichts erkennen, doch von Hero ertönte kurz darauf ein:

„Oha, wie hässlich! Was ist das, ein fettes, schwarzes Kringel-Haar?",es handelte sich tatsächlich um ein einzelnes, etwas stärkeres, schwarzes Bartstöppelchen.

„Ist es einfach so gewachsen? Über Nacht? Wie aus dem Nichts, keine Anzeichen?" hakte ich nach und erhielt von ihm ein Nicken. Ich seufzte, diese beiden stellten mich immer wieder vor Rätsel.

„Und? ... Was jetzt? Sollen wir es abschneiden?" fachsimpelte Hero und ich überlegte.

„Lieber nicht. Lasst uns erst Taro fragen, er ist schließlich ein Mann und  sollte sich mit diesen Dingen auskennen, wer weiß was passiert. ... Also, ... zieh dir erst mal was über, dann gehen wir hinuter, ja?"

I'm the UnderdogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt