neunzehn

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Atemlos lief ich durch das Schloss. Die Gängen schienen heute unendlich lang zu sein. Deine Schritte hallten durch die kalten, leeren Flure. Ich fühlte mich so winzig klein in diesem mächtigen Schloss, doch trotzdem schienen die Wände auf mich zuzukommen. Alles wurde eng, mir fiel das Atmen immer schwerer, auch meine Beine gaben allmählich nach. Aus meinem Rennen wurde ein Gehen und daraus wiederum ein Schleppen. Alles fühlte sich eiskalt an. Ich blieb stehen. Beruhige dich, Sophia. Atmen. Meine Atmung normalisierte sich und ich lief ziellos weiter. Ich wollte einfach weg, doch ich wusste nicht einmal wohin.

Nach einer ganzen Weile fand ich mich am Rande des Schwarzen Sees wieder. Ich atmete durch, versuchte Gedanken und Gefühle zu sortieren. Ich versuchte zu verstehen, was ich da eben im Büro des Schulleiters unabsichtlich mitgehört hatte. Es ging offensichtlich um Draco und mich. Und Voldemort ? Auch Harry's Name war gefallen. Aber was hatte mein Vater mit all dem zu tun? Diesem Ausmaß an Gefühlen konnte ich nicht länger standhalten und ich hörte mich selber schluchzen. Ich weinte, alleine, wie sonst auch immer. Aber es war so unglaublich lange her, dass ich das letzte mal geweint hatte. Eine warme Träne lief mir über die Wange, eine weitere folgte.  Und noch eine, und noch eine. Ich biss meine Zähne zusammen, um nicht noch mehr schluchzen zu müssen, doch je mehr ich versuchte es zu unterdrücken, desto lauter weinte ich. Das Fass war übergelaufen. Ich ließ alles raus, was sich all die Zeit angestaut hatte. Meine Sicht verschwamm nun komplett und mein Herz schmerzte. Tränen liefen unaufhörlich über meine geröteten Wangen, mein Atmen wurde durch das ständige Schluchzen unterbrochen. Ich fühlte mich so unglaublich einsam in diesem Moment, wie ich es seit meiner Ankunft in Hogwarts noch nie getan hatte.

Ich weiß nicht wie lange ich noch am Rande des Sees gesessen hatte, ich hatte kein Zeitgefühl mehr, aber irgendwann, als ich mich beruhigt und ausgeweint hatte, stand ich auf. Mein Gesicht spannte von den getrockneten Tränen in meinem Gesicht, meine Augen brannten und fühlten sich angeschwollen an, meine Lungen taten weh. Die Sonne war schon weit über ihren höchsten Punkt gelangt und ging allmählich hinter den See unter. Es war also gleich schon Zeit fürs Abendessen, bemerkte ich. Ein letztes mal atmete ich die frische kalte Luft ein, in der Hoffnung sie würde mich etwas wach rütteln. Ich war nämlich ausgelaugt. Mit langsamen Schritten machte ich mich also auf den Weg zurück ins Schloss. 

In der großen Halle angekommen, ging ich geradewegs zu meinem üblichen Platz an den Slytherin Tisch. Sofort sprang Daphne auf als sie meine Verfassung bemerkte. "Was ist passiert?!" wollte sie wissen, sie klang besorgt. Ich sagte überhaupt nichts und setzte mich wortlos auf meinen Platz. Mein Blick war auf meinen Teller gerichtet, doch alle anderen Blicke lagen offensichtlich auf mir. "Haben sie sich gestritten?" flüsterte Blaise zu Daphne und ich hob meinen Kopf. "I-ich weiss es nicht. Er wollte sie suchen," stotterte Daphne mit zittriger Stimme. Erst jetzt bemerkte ich, dass Draco garnicht da war. Ich seufzte leise und richtete meinen Blick wieder auf meinen Teller. Ich aß nicht, stocherte nur in meinem Essen rum und schob es auf dem Teller hin und her. Ich hörte, wie sich schnelle Schritte in meine Richtung bewegten und hob ungeduldig den Kopf. Er drückte mich so fest an seine Brust, hielt mich fest in seinen Armen, dass sich wieder Tränen in mit stauten. Atmen, Sophia. Nicht weinen, nicht hier. 

Ich fühlte mich plötzlich geborgen, in Sicherheit. Draco war hier, ich war nicht mehr allein. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust und wollte nicht, dass er mich jemals losließ. "Ich hab mir solche Sorgen gemacht, Sophia," flüsterte er gegen meinen Kopf. Sein Herzschlag ging schnell, doch er wirkte unfassbar beruhigend. Langsam löste er sich von mir und setzte sich neben mich. "Wo hast du gesteckt? Ich habe dich überall gesucht," fragte er besorgt. Seine Augen leuchteten wieder grau und tief. Er hatte sich wirklich Sorgen gemacht. "Ich bin am See gewesen," sagte ich in einem extrem ruhigen Ton, von dem selbst ich überrascht war. "Du musst erstmal was essen, Sophia. Aber du wirst mir nachher erzählen, was passiert ist, verstanden?" Er sagte das in einem strengen, bestimmenden Ton, doch er klang trotzdem besorgt und irgendwie ruhig. Ich nickte wieder wortlos und versuchte wenigstens ein-zwei Happen zu essen. Draco's Blick lag währenddessen ununterbrochen auf mir.

part of my darkness - draco malfoy ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt