Paradise on earth

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Mein ganzer Bauch fängt an zu kribbeln, als ich das letzte Kissen etwas schief zwischen den anderen drapiere.

Endlich fertig. Endlich.

Ich lasse den Blick durch mein neues Reich schweifen. Bilder von den Bergen zuhause, lavendelfarbene Wände, ein großes, neues Bett... ich habe mich selbst übertroffen. Meine Eltern waren so gütig und haben mir eine komplette neue Einrichtung erlaubt, für unser neues Haus am Strand auf den Outer Banks in North Carolina.

Nachdem mein Vater, der in der Immobilienbranche tätig ist, ein neues Jobangebot hier bekommen hat, haben meine Eltern nicht lange gezögert und sind aus Kanada hier her gezogen.

Mir war das ganz recht, meine letzte Beziehung in Kanada war ein Graus und nach der Trennung haben sich auch meine Freundinnen gegen mich gewendet, also passte mir der Tapetenwechsel ganz gut in den Kram.

Strahlend gehe ich zum Fenster, völlig überzeugt, hier einen Neuanfang zu machen und alles hinter mir zu lassen.

Und beginnen werde ich diesen indem ich die Umgebung erforsche.

Aufgeregt ziehe ich mir ein riesiges T-Shirt über meinen Bikini und die kurze Hose, knote es vorne zusammen und schlüpfe in meine völlig ausgelatschten, nicht mehr ganz weißen Nikes.

Ich hüpfe die Treppe nach unten, werfe ein „Ciao!" ins Wohnzimmer, das meine Eltern noch ein wenig dekorieren und öffne die Türe nach draußen.

Sofort schlägt mir eine Wärme entgegen, die mich kurz aufatmen lässt. Eine leichte Brise trägt den Geruch des Ozeans, Salz und dieser gewisse Fisch-Algen-Geruch zu mir, irgendwo kreischen Möwen.

Entschlossen greife ich nach dem Schlüsselbund, sperre das Cabrio auf und springe auf den Fahrersitz.

Aus den Boxen ertönt Dads alte Reggae-CD, die er auf dem Speicher in seinen Kisten aus der Jugend ausgegraben hat. Bob Marley erkenne ich, alle anderen Künstler nicht.

Ich mag die Musik, drehe sie ein wenig lauter, als ich durch die geraden Straßen des Ortes fahre.

Die Häuser könnten kleine Schlösser sein, die Gärten sind top gepflegt und die Autos in den Auffahrten sehen teuer aus. Hier und da spazieren Leute, meistens tragen die Männer weiße Hosen und Hemden und die Frauen kurze, luftige Kleidchen und riesige Sonnenbrillen, die beinahe ihr ganzes Gesicht bedecken.

Ich weiß, dass meine Eltern nicht schlecht verdienen, jedoch habe ich diesen Zwang, Marken zu tragen und zu zeigen, dass man Geld hat nie verstanden. Mein T-Shirt ist auch von meinem Dad, er hat es aussortiert.

Mein Weg führt mich durch die Hauptstraße, rechts und links sind Läden mit Namen wie „Ralph Lauren", „Camp David" und sogar einen „Prada" habe ich gesehen. Hier ist sehr viel mehr los, als ich an einer Ampel halte beobachte ich die Mädchen in meinem Alter, die mit teuren Handtaschen und Starbucks-Kaffeebechern vor den Schaufenstern stehen und sich angeregt unterhalten.

Ich hoffe, dass ich hier bald Freunde finde, nur nicht so welche... zuhause konnte ich mit ihnen schon nichts anfangen, ich hatte den Eindruck alles was in ihren blonden Köpfchen zu finden ist sind Diäten, Jungs und kaufen, kaufen, kaufen.

Die Ampel wird grün und ich lasse das Gewusel schnell hinter mir.

Das Straßenschild verweist mich auf eine Brücke, die mich aus „Figure Eight" hinausbringt.

Ich lasse meinen linken Arm aus dem Fenster hängen, als ich die Brücke passiere. Relativ direkt ändert sich die Landschaft.

Das Schild, dass auf ein Angelverbot hinweist, ist mit Graffiti übersprüht, an den Ufern des Durchflusses unter der Brücke hängen vereinzelt kaputte Boote oder Bojen.

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