Als ich den Wagen in die Auffahrt reinfuhr, wurde mir schlecht. Nicht, weil ich vielleicht heute noch nichts gegessen habe. Auch nicht, weil ich emotional komplett überfordert war.
Nein, wegen des Autos in der Auffahrt. Mit einem Kennzeichen aus Kanada. Wer war das?
Langsam ging ich um das Auto herum, sah hinein. Ein Männerauto. Und dann machte es Klick.
Jonah.
So schnell es ging stieg ich wieder bei mir ein, stellte den Rückwärtsgang ein und fuhr aus der Auffahrt raus, nach rechts und Richtung Cut.
Absolut nicht.
In keiner Welt würde ich mich jetzt auch noch mit meinem verrückten Ex rumschlagen, der mich eiskalt hat sitzen lassen, wortwörtlich eiskalt.
Mit jedem Meter, den ich fahre, werde ich wütender. Tränen verschleiern meine Sicht, ich weiß nicht, ob ich immer auf meiner Seite der Straße bleibe, allerdings war es mir egal.
Ich will nur weg. Am liebsten ganz weit weg. Von der ganzen Situation, von Jonah, von JJ im Gefängnis, von seinem schwarzen Buch, von meinen Eltern, von Rafe, von allem.
Ohne es zu bemerken ende ich bei der Klippe, auf der ich mit JJ schon einmal saß. Ich stelle den Wagen ab, sehe mich kurz um, ich bin alleine.
Wie von einer Tarantel gestochen renne ich zum Abgrund.
Dann schreie ich. Und wie ich schreie. Ich schreie meine Schmerzen in die Welt hinaus.
Schreie JJ an, wieso er das getan hat. Wieso er nicht mit uns spricht. Wieso er uns mit Fragen zurücklässt, mit Fragen, die er uns nicht beantworten kann.
Schreie Rafe an, wieso er Bescheid weiß und nichts unternimmt. JJ ertrinkt und wir alle schauen nur zu. Werfen ihm Rettungsringe zu, aber er kann sie nicht erreichen. Weil er uns nicht lässt. Weil er von ihnen wegschwimmt.
Ich verfluche den Wind, die Sonne, das Meer, die Luft, ich verfluche alles.
Ich verfluche JJs Vater, weil er Schuld ist an jedem Trauma, an jeder Erinnerung, die ihn sein Leben lang nicht verlassen wird.
Ich sinke in mich zusammen, meine Kraft verlässt mich.
Bleibe sitzen. Sehe der Sonne zu. Wieder einmal geht sie hinter dem Horizont unter. Blutrot, taucht das Land in eine gespenstische Stimmung. Das Meer glitzert, ich sehe Boote zum Hafen fahren.
Es wird kühler, aber das interessiert mich nicht. Ich will nicht nach Hause. Da ist Jonah. Vermutlich haben er und meine Eltern mich angerufen. Aber das Handy liegt im Auto. Ich wünschte, ich hätte es ausgeschalten.
Ich will gar nicht wissen, wie viel Ärger ich bekomme, wenn ich heim gehe.
Ich will nicht nach Hause.
Das sollte ein neuer Anfang werden hier. Ein besseres Leben, weit weg von der Dunkelheit in Kanada. Hier scheint die Sonne den ganzen Tag. Hier riecht die Luft nach Salzwasser und Sonnencreme.
Aber der Sturm, der in Kanada nur ein laues Lüftlein war, reißt hier Bäume aus.
Wie schön die Fassade hier ist.
Wie das Paradies auf Erden.
Mir kommt es vor wie die Hölle. Und ich habe noch Glück.
„Stürz dich da bitte nicht runter, ich habe keine Badehose an."
Mein Herz setzt aus.
JJ.
Ich drehe mich um und starre ihn an. Er steht da, langer schwarzer Pullover. Beige kurze Hose. Schlappen. Seine Haare sind durcheinander, aber er lächelt.
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What We Lost
FanfictionJosy ist neu auf den Outer Banks und stößt gleich an ihrem ersten Tag auf der Insel auf die vier Freunde Kiara, John B, Pope und JJ. Ehe sie sich versieht ist sie mittendrin in einem Netz aus Lügen, Hass und einem unausgesprochenem Krieg zwischen d...