Prinzesschen

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Die Tage vergehen relativ einseitig. Von den Anderen habe ich nichts mehr gehört, die einzigen Highlights meines Lebens sind die etwas anzüglichen Träume, die ich seit der verhängnisvollen Nacht habe und die kleinen Shoppingtrips mit meiner Mutter, die meistens nur Teller, Vorhänge und Teppiche beinhalten.

Ansonsten dümple ich so vor mich hin, bin am Strand, gehe mit Sarah essen oder überlege ernsthaft, mir die Haare blond zu färben.

Meine Mutter meinte, sie enterbt mich, deshalb habe ich den Plan wieder verworfen. Das Haus hier ist dann doch ganz schön...

Heute schlendere ich etwas entfernt vom Strand herum, die in Poloshirts gehüllte Typen mit ihren quietschenden Mädchen waren mir dann doch etwas zu viel. Ich bin entspannt, obwohl der Stichtag, der nächste Mittwoch, der Tag an dem ich meine Tage bekommen sollte, noch aussteht. Vermutlich verdränge ich meine Nervosität aber nur.

Die Büsche werden langsam gelblich, die Sonne brennt jeden Tag brutal auf uns herab und es regnet nicht, obwohl Hurricane-Season ist. Es weht nicht mal ein Lüftchen, deshalb bin ich heidenfroh, hier im Schatten den Schotterweg langgehen zu können. Laut Google ist weiter vorne eine kleine Bucht, da zieht es mich hin, etwas weg von den ganzen angelegten Stränden, mehr in die Natur.

„...das nächste Mal bist du dran, verstanden?"

Erschrocken drehe ich mich einmal im Kreis, als ich die laute, tiefe Stimme höre. Meine Augen suchen das trostlose Gebiet ab und ich sehe links von mir einen kleinen Trampelpfad, auf dem in einiger Entfernung zwei Männer stehen. Ich ducke mich, verstecke mich hinter dem Busch und versuche zu erkennen, was sie machen.

Der eine steht angespannt da, die Hände hält der andere hinter dessen Rücken fest. Und die andere drückt ihm eine Pistole in den Hals!

Ich halte mir den Mund zu, um nicht aufkreischen zu müssen, der bringt den ja um!

Leise reden sie, durch die Zweige kann ich sehen, wie sich ihre Münder bewegen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, ich habe die unbegründete Angst, dass sie es hören können.

Mich zu bewegen traue ich mich nicht. Der eine ist bewaffnet, wenn er mich sieht, könnte er schießen.

Ich kauere also hinter dem Busch, höre nur, dass beide sehr angespannt sind und hektisch reden. Worum es geht, weiß ich nicht.

„Wenn du das bis morgen nicht in Ordnung gebracht hast, dann bringt er dich um! Ich hoffe, du weißt das!", schreit dann die tiefe Stimme wieder.

„Ist ja gut, ich habs verstanden!", brüllt die andere. Mir gefriert das Blut in den Adern.

JJ.

Und genau in dem Moment durchbricht Musik die angespannte Stille, panisch wühle ich in meinen Taschen, um mein Handy zu finden.

„Da ist jemand.", höre ich nur.

Und ich glaube, in diesem Moment habe ich das erste Mal in meinem Leben gebetet. Sie wissen, dass ich da bin. Der Typ mit der Pistole weiß, dass ich da bin.

„Na, wen haben wir denn da?"

Ich blicke langsam auf. Vor mir steht ein Mann, groß, ein bisschen dicklich, aber so breit gebaut, dass er mit seinen Schenkeln problemlos eine Wassermelone crushen könnte. Er hat die Arme verschränkt und demonstrativ seine Waffe vorne im Gürtel stecken.

Der Kopf ist völlig kahl rasiert, eine hässliche Narbe ziert seine linke Wange. Düster und leicht amüsiert blickt er auf mich herab.

„Lass sie."

Ich wirble herum, JJ kommt den Pfad entlang. Sein Gesicht hat Schrammen, der eine Wangenknochen ist lila gefärbt. Wieso sieht er immer so aus, wenn man ihn sieht?

Durch das zerrissene Shirt zeichnen sich seine Muskeln deutlich ab, wieso ich in einem solchen Moment diese Details wahrnehme, ist mir schleierhaft.

Seine Handgelenke sind feuerrot, da hat der bullige Typ ihn gepackt. An seinem Hals sieht man noch immer den Abdruck der Pistole.

„Kennst du die Prinzessin etwa?", fragt der Typ dann an JJ gerichtet.

JJs Augen mustern mich eindringlich, scheinen mir direkt in die Seele zu starren. Immer wieder blitzt sein Anblick aus dem Bus in mir auf. Wo er mich Baby genannt hat. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, überkommt mich eine Szene. Er steht direkt vor mir, ich mit dem Rücken an die Wand, es ist heiß und intensiv. Sein Blick lüstern und dunkel.

So schnell wie diese Erinnerung gekommen ist, so schnell ist sie auch wieder weg.

„Nein, ich habe sie noch nie gesehen.", sagt JJ todernst.

Ich bin gewillt, zu protestieren, aber das macht die Situation am Ende noch schlimmer, als sie ist.

„Egal. Ich weiß nicht, was sie alles mitbekommen hat. Sie kommt mit zu Eduardo."

„Ist das nötig?", fragt JJ, eine Spur genervt.

Doch der Typ hat schon mein Handgelenk genommen, die andere Hand legt er auf seiner Pistole ab.

„Ja, es ist nötig."

Dann stolpere ich ihm hinterher, zu einem klapprigen kleinen Ford, der hinter den Büschen versteckt steht.

Er drückt mich auf die Rückbank, JJ auf die andere Seite. Es riecht nach Staub und Benzin, das Auto ist unglaublich dreckig, überall Tüten, Dosen und zerfetzte Kleidungsstücke. Die braunen Flecken auf den hellen Sitzen machen die Situation nicht gerade angenehmer, wie ich mit einem Grauen bemerke.

Vorsichtig sehe ich zu JJ hinüber, der starr geradeaus blickt. Er ist sichtlich angespannt, reibt sich leicht die Hände.

Ich habe Angst. Und die Angst verstärkt sich, als wir vor einem riesigen, zerfallenden Haus anhalten und der komische Typ grinsend zu uns blickt.

„Aussteigen, meine Herrschaften. Jetzt werden wir mal sehen, ob unser JJ so tough ist, wie er sich gibt."

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