Ich schnaubte und warf den Umschlag samt Brief auf meinen Nachttisch. Sicher würde ich ihn anrufen. Sicher würde ich ihm hinterherlaufen. Immerhin war er der Prinz und einem Prinzen schlug man nichts aus. Aber ich sicher nicht. Nicht nach heute. Nicht nach dem, was er mich vorhin hatte fühlen lassen.
Ich ließ mich auf mein Bett fallen, vergrub das Gesicht in meinem Kissen und zog mir die Decke bis zum Kinn. Jetzt Augen zu und schlafen.... bitte ruf mich an .... ich will sie nicht ...
Seufzend öffnete ich die Augen wieder. Konnte nicht mal eine Nacht vergehen in der er mich nicht daran hinderte, zu schlafen? Langsam drehte ich mich um, sodass ich mit dem Gesicht zu meinem Nachttisch lag. Meine Lampe brannte noch, ich konnte weiße Papier sehen. Die schwarze, geschwungene Schrift.
Wahrscheinlich liegt er jetzt genauso wach wie du.
Meine Finger spielten mit dem kühlen Stoff meines Bettlakens.
Wahrscheinlich liegt er da, starrt auf sein Handy und wartet. Auf dich. Darauf das du anrufst.
Ich biss mir auf die Unterlippe, so feste, dass ich Blut schmeckte.
Darauf, dass du zurückkommst.
Es ratschte. "Verdammt!" Beschämt zog ich den Finger aus dem Loch in meinem Bettlaken, dass ich gerade hineingerissen hatte. Ich stöhnte genervt auf, drehte mich auf die andere Seite und schloss die Augen. Ich würde ihn nicht anrufen. Ich würde ihm nicht hinterherlaufen. Er war mir egal!
... Lass es mich erklären ... T ...
Wie von selbst drehte sich mein Kopf wieder zu dem weißen, glitzernden Papier. Es war ein Blickfang auf dem dunklen Holz. Meine Finger trommelten auf meinem Kissen, dann schnappten sie nach dem Papier und zogen es zu mir. So lag ich einige Minuten lang da, auf den Rücken gedreht, das Blatt mit seiner wunderschön ebenmäßigen Schrift in der Hand vor meinem Gesicht und einem ausdruckslosen Blick.
"Nein." Meine Stimme war fest, fast so, als müsste ich mich mit meinen Worten selbst überzeugen. Ich warf das Papier auf meine Decke und drehte mich um.
Schlaf jetzt. Hör auf, an ihn zu denken. Er schläft wahrscheinlich eh schon.
Ich setzte mich auf und griff nach dem Brief. Prüfend hielt ich ihn ins Licht und begutachtete die schwarzen Buchstaben. Tatsächlich: Sie waren verwackelt. Allesamt. Vor allem sein T am Ende. Als hätte er beim Schreiben gezittert. Ich schluckte.
Und wenn schon. Soll er sich doch beschissen fühlen. Geschieht ihm recht!
Meine Augen tasteten mein Zimmer in der Dunkelheit ab. Schließlich entdeckten sie mein Handy auf dem Couchtisch und wie von selbst stand ich auf und nahm es in die Hand. So stand ich eine Weile da, starrte abwechselnd auf das schwarze Display und das weiße Papier, hin- und hergerissen.
Nein, vergiss es. Du kriegst mich nicht zurück.
Ich kniff die Augen leicht zusammen, als das Display aufleuchtete. Wie von selbst öffnete ich die Telefonapp, zögerte.
Dann tippte ich, ohne Nachzudenken. Die ersten zwei Ziffern. Wieder zögern. Dann die nächsten Drei. Zögern. Die letzten zwei noch, dann schwebte mein Daumen über dem grünen Hörer. Sollte ich?Nein. Nein, solltest du nicht! Jetzt leg das Handy weg, geh ins Bett und schlafe endlich. Vergiss ihn!
Es klingelte. Einmal. Dann: "Hallo?"
Er musste gewartet haben. Wie sonst hätte er so schnell abheben können? Ich sagte nichts. Wusste nicht was.
"Hallo? Wer ist da?"
Ich schwieg noch immer. Durch das Telefon konnte ich seinen Atem hören. Leicht schwerfällig.
Er legte nicht auf. Selbst als ich nach einer Minute noch immer nichts gesagt hatte. Schließlich seufzte er.
"Ash?"
Mein Herz klopfte. Ich verfluchte es dafür. Ob es ihm genauso ging?
"Ash? Ash bist du es?" Seine Stimme klang beinah schon weinerlich. Wie die, eines kleinen Jungen, der seine Mutter verletzt hatte und sich jetzt entschuldigen wollte.
"Ich habe ihn weggestoßen." Ich erschreckte mich fast vor meinen eigenen Worten, so laut erschienen sie mir. Auf der anderen Seite hörte ich ihn seufzen. "Ich wollte es nicht."Schweigen. Dann: "Ich weiß, Ash."
Ich nickte, obwohl er es nicht sah. Wartete. Mehrmals setzte er zu einer Antwort an. Ich hörte es. Sein plötzliches Einatmen, dann das Zögern, schließlich wieder das langsame Ausatmen.
War ja klar.
"Gute Nacht, Thomas."
Schweigen.
"Gute Nacht, Ash. Schlaf gut."
Dann legte ich auf."Schön, dass du uns auch mit deiner Anwesenheit beehrst" kam es schneidend von meiner Mutter, als ich mich, mit etwas Verspätung, am Frühstückstisch nieder ließ.
Daran, dass ich gestern doch noch eingeschlafen war, konnte ich mich nicht erinnern. Allerdings wusste ich noch sehr wohl, dass mich die Gedanken an ihm gequält hatten. Vor allem der total verquere und unpassende Wunsch, sein Atmen, durch das Telefon noch einmal zu hören.
Da küsste er eine andere und mein kleines, dummes, naives Herz wollte ihn trotzdem. Aber das kam gar nicht in Frage, zumindest solange mein Kopf noch ein Wörtchen mitzureden hatte.
Es war bestimmt besser für mein allgemeines Wohlbefinden, wenn ich die Finger von ihm ließ. Wie hieß es so passend in einem Lied?If you play with fire, do think twice and if you get burned, oh baby don't you be surprised
Na wie passend. Doch jetzt musste ich erst mal das Essen mit meinen Eltern hinter mich bringen.
"Tut mir leid, Mutter" sagte ich in meinem ich-bin-ein-braves-Mädchen-Ton und griff nach einem Apfel.
Kurz war es still, dann hatte sie ihren Bissen hinunter geschluckt und fing wieder an.
"Gestern erreichten uns noch Nachrichten aus dem Schloss. Am nächsten Freitag wird wieder ein Ball stattfinden und wir sind, natürlich, eingeladen."
Ich schluckte, das konnte ja lustig werden.
"Ich hoffe du strengst dich das nächste Mal ein bisschen mehr an, dem Prinzen aufzufallen" fügte sie noch hinzu und schob sich dann ein Stück Obst in den Mund.
Anscheinend war ihr entfallen, dass ich mich letztes mal mit besagter Person weg geschlichen hatte, aber mir sollte es nur recht sein.
"Jetzt setz sie nicht so Unterdruck, Annabell", nahm mein Vater mich in Schutz und ich warf ihm einen dankbaren Blick zu.
"Wie auch immer" tat sie seine Bemerkung ab, "da ich nun wieder da bin, bereiten wir den Empfang zusammen vor. Ich zeige dir einmal wie alles geht und worauf du achten musst und dann machst du es beim nächsten Mal allein." Mit diesen Worte stand sie auf. "Ich erwarte dich in 30 Minuten im großen Salon" und dann rauschte sie aus dem Zimmer.Ich sacken praktisch in mich zusammen, als die Tür hinter ihr zu schlug.
"Jaja, deine Mutter ist eine Wucht", war das ein verschmitztes Lächeln?
"Wie bekommst du es nur hin, alles positiv klingen zu lassen?" Das Seufzen konnte ich zum Glück noch zurück halten.
Mein Vater grinste nur in seine Tasse und nahm dann einen Schluck Kaffee, während ich nach dem Obstteller griff.
"Es kam nicht nur die Nachricht, wegen des Balls, aus dem Schloss" deutete er an und obwohl ich es mir denken konnte, sah ich ihn fragend an.
"Der König höchst persönlich hat mir geschrieben, wie beeindruckt er und der Präsident von deinen Ausführungen waren. Was genau hast du ihnen erzählt, dass sie mir sogar persönlich schreiben?""Ähm.." ich schob mit ein Stück Obst in den Mund um Zeit zu gewinnen. "Ich habe nur ein wenig die wirtschaftliche Lage der USA auseinander genommen und ihnen dargelegt.", murmelte ich dann.
"Und was hast du gesagt, dass sie so von den Socken waren?" Er sah mich interessiert an.
Ich konnte nicht den Hauch von Überlegenheit in seinen Augen erkennen. Also fing ich an, ihm genau das zu schildern, was ich auch dem Präsidenten und dem König gesagt hatte. Immer mal wieder sah ich ihm in die Augen und es schien, als würden sie jedes mal mehr leuchten."Wow", sagte er, als ich fertig war. Er war genauso beeindruckt, wie die anderen, wenn nicht sogar noch mehr "wann hast du denn all das gelernt?"
"Ich hab mir ab und zu deine Bücher ausgeliehen", gab ich leise zu und hatte schon Angst. Aber es schien ihn überhaupt nicht zu stören, im Gegenteil. Er strahlte, beteuerte, wie gut er das fand und dass er mir gleich mal ein paar Bücher hinlegen würde, wenn ich das wollte.Dieser Zuspruch war genau das, was ich brauchte um die nächsten Tage wieder in einem guten Licht zu sehen, also bejahte ich und kurz bevor auch er den Raum verließ, kam er zu mir, drückte mir einen Kuss auf den Kopf und sagte: "Ashley, ich bin wirklich stolz auf dich. Der König lässt sich nicht von jedem beeindrucken und der Präsident erst recht nicht", er sah mich ernst an und als ich lächelte und nickte, legte er kurz seine Hand auf meine Schulter und ließ mich dann allein.
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Und die Nachtigall singt | Tom Holland ff
FanfictionAshley Maria Barthon ist eine der wenigen - wenn nicht sogar die Einzige - die sich ihr Leben als englische Adelstochter sicher anders vorgestellt hat als der Durchschnitt. Tee mit anderen Hofdamen im fein geschmückten Salon, königliche Bälle mit M...