Kapitel 9

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Ein paar Wimpernschläge stand ich reglos da und sah ihm nach, bis -

"Eure Majestät," rief ich ihm nach und lief auf ihn zu, als er sich fragend zu mir umdrehte. "Können Sie vielleicht für einen kurzen Moment noch mal Tom sein?"

Er sah mich einen Moment an, als hätte er nicht verstanden. Doch dann lächelte er, warf einen Blick nach oben in Richtung Balkon und lief dann langsam rückwärts. Ich lief ihm hinterher, unsere Blicke lösten sich nicht einmal voneinander. Ich versuchte nicht zu rennen, um möglichen Zuschauern keinen Grund zum Tratschen zu geben, aber es fiel mir schwer. Unglaublich schwer.

Dann, endlich, tauchten wir beide in den Schatten des Schlosses und verschwanden somit außer Sichtweite aller Gäste. Er lief weiter, bis ihn die kalte Steinmauer des Schlosses daran hinderte. Ich lief ebenfalls weiter, auf ihn zu, bis die Distanz zwischen uns auf eine Armlänge reduziert war. Er grinste. Ich grinste zurück.

"Aber nur ganz kurz", flüsterte er und öffnete seine Arme - eine Einladung, die ich gern annahm. Ich trat auf ihn zu und schmiegte mich an ihn, während seine Arme sich um mich schlossen. Seine Nase strich über meine Wange und kurz spürte ich ganz leicht seine Zunge auf meinen Lippen. Mir war, als würde ich überhitzen. Seine Augen fanden meine, wir verloren uns gegenseitig in denen unseres Gegenübers, vergaßen kurz, dass wir uns direkt beim Schloss und somit in Reichweite jedes Bediensteten befanden. Ich wollte nie wieder wegsehen, ihn nie wieder loslassen, diese Stimme nie wieder vergessen.

"Ash", raunte er.
"Tom", hauchte ich.

Wieder seine Zunge, dann seine Lippen auf meinen und meine Gefühle, die in meinem Bauch Karussell fuhren. Ich nahm alles in mir auf: Seinen Geruch, eine leichte Wolke aus Tannennadeln und Aftershave. Die Art, wie er seine Hand über meinen Rücken bewegte, langsam kreisend, immer nur mit den Fingerspitzen meine Haut berührend. Der Geschmack seiner unendlich weichen Lippen, süßer als weiße Schokolade und aufregender als der beste Champagner, den ich je getrunken hatte.

Seine Hüfte, die sich gegen meine drückte und diese Muskeln unter dem dünnen Stoff seines Hemdes, die sich anspannten wann immer er sich bewegte. Seine Haare, die an meiner Stirn kitzelten und wieder die Hand in meinem Nacken. Ich war im siebten Himmel.

Atemlos standen wir voreinander. Ich meinte, so etwas wie Ungläubigkeit in seinem Blick zu erkennen. Ich konnte ihn nur zu gut verstehen.

Seine Hände schlossen sich um mein Gesicht und er besah mich ganz genau. "Warst du schon die ganze Zeit so schön?", fragte er und ich wurde mit Sicherheit rot. Was ich allerdings gut durch einen weiteren Kuss versteckte.

"Tom, ich will da nicht rein", raunte ich zwischen zwei Küssen.

"Ich weiß", antwortete er. "Ich weiß." Er ließ von meinen Lippen ab und begann mein Gesicht zu küssen. Meine Wangen, meine Nase, meine Augen, meine Stirn. Ich schloss die Augen und genoss es einfach, ihm so nah zu sein.

"Aber wir müssen", sagte er schließlich, küsste mich noch einmal und schob mich dann behutsam und von sich. "Auch wenn es mir das Herz bricht."

Ich griff nach seiner Hand und drückte sie. "Wir sehen uns doch wieder?"

Er lächelte. "So sicher, wie der Nacht der Tag folgt." Ein letzter Kuss, dann löste er sich von mir und ging in Richtung Tür davon.

"Eure Majestät?"

Er drehte sich um, ein gespielt genervtes Lächeln im Gesicht. "Was denn noch?"

"Würden Sie mir einen Gefallen tun?"

"Das kommt darauf an."

Ich holte tief Luft. "Könnten Sie versuchen, Lord Haverforth und seine Frau in ein Gespräch zu vertiefen, eventuell sogar aus dem Saal zu locken? Nur für ein paar Minuten?"

Und die Nachtigall singt | Tom Holland ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt