Kapitel 20

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Man sollte meinen, nach so einem Tag würde man gut schlafen, sehr gut und dann würde man von dem Mann träumen in dessen Armen man den Abend verbracht hatte, aber bei mir lief es leider nicht so.
Sein Geruch hing noch in den Lacken und ich wälzte mich von einer Seite zur anderen, fand einfach keine Ruhe. Meine Gedanken kreisten um ihn, um morgen, um all das, was sein würde.

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, griff nach einem Kissen, das nicht nach ihm roch und tapste dann ins nächste Gästezimmer. Das Bett war natürlich nicht zurecht gemacht, aber als ich mich auf dem Laken niederließ, roch es nicht nach ihm und es war als würde ich noch in der Sekunde einschlafen, in der ich meine Beine aufs Bett zog.


"Miss, hier sind Sie!" Amys Stimme zog mich aus dem betäubenden Schlaf, in den ich geglitten war. "Was machen sie denn hier?" Fürsorglich strich sie über meine Haare.

Ich hatte meine Augen wieder geschlossen, meine Lippen waren noch ganz schwer und ich war eindeutig noch nicht richtig wach, denn ich nuschelte: "Drüben nicht schlafen, roch alles nach ihm." Erst als ich ihre überraschte Stille hörte, wurde mir bewusst, was ich da gesagt hatte. Abrupt setzte ich mich auf, plötzlich hellwach.

"Bitte, du darfst auf keinen Fall irgendwas Mutter sagen, ja?" Ich schaute sie flehend an.

"Miss-" Sie klang nicht sicher.

"Bitte, du weißt doch, wie sie ist. Sie würde alles kaputt machen!"

Amy seufzte resigniert. "Wie Sie wünschen."

"Danke!" Schlagartig beruhigte ich mich wieder.
"Wie spät ist es?"

"Schon kurz nach 11, Miss"

"Ach, na super... gut, dann heute ohne Schönheitsbad."

Sie sah mich fragend an. "Der Empfang ist schon um 16 Uhr. Wir haben also nur noch 4 ½ Stunden."

"Na dann dürfen wir keine Zeit verlieren."

"Ganz recht." Und mit diesen Worten stand ich auf und ging Richtung Bad.

Die nächsten Stunden vergingen im Strudel der Vorbereitungen.

Ich aß ein leichtes Frühstück, Amy frisierte mich, holte aus meinem Gesicht, mit etwas Make-up, das Beste raus und half mir schließlich ins Kleid.

Es war wunderschön, schlicht und doch ein Hingucker. Der Herzausschnitt schmiegte sich an meinen Körper, auf einer Seite war der Stoff gerafft und fiel dann locker, leicht über meine Beine. An der Seite waren ein paar funkelnde Steinchen in einem schönen Muster arrangiert. Feine Spaghetti -Träger hinderten es am rutschen und meine Haare waren zu einer eleganten und trotzdem sexy Hochsteckfrisur auf meinem Kopf drapiert. Sie betonte meinen schmalen Hals, meine Schlüsselbeine und es schien, als würden meine Augen strahlen.

"Es ist perfekt, danke Amy!" Strahlend drehte ich mich zu ihr um.

"Sie sehen aus wie eine Kön-", flüsterte sie, unterbrach sich, ließ den Blick noch einmal über mich wandern.  "Ja, es ist perfekt. Sie werden mal wieder die Schönste sein"

Ich lachte. "Das sagst du immer und nie stimmt es!"

"Heute schon." Sie nickte entschlossen.

So lange ich die Schönste für ihn bin, ist es mir egal, schoss es durch meinen Kopf.

"Dann werde ich dir wohl glauben müssen." Ich drehte mich wieder zum Spiegel, sah sie durch das Spiegelbild an, zwinkerte und dann grinsten wie beide.

"Ein Glück ist Gilbert wieder da, wie würde ich sonst zum Schloss kommen", scherze ich auf dem Weg zur Tür.

Als ich hinaus trat wartet er schon neben dem Auto, um mir die Tür des Wagens zu öffnen.

"Sie sehen ganz bezaubernd aus, Miss Ashley!"

"Danke", ich neigte ihm meinen Kopf zu, stieg ein und ließ mich auf den weichen Sitzen nieder.
"Zum Schloss, bitte!"

Er nickte, startete und wir hatten unser Anwesen noch nicht ganz verlassen, da fügte ich noch hinzu "und können sie bitte das Radio an machen?"

Er lächelte. "Ganz wie sie wünschen, Miss Ashley."


Die Fahrt zum Schloss verging wie im Flug, wobei ich mir nicht so sicher war, ob ich das gut oder schlecht fand. Ich war unglaublich nervös. Nicht so sehr wegen Tom - obwohl mich die Vorstellung, ihn wiederzusehen und dann auch noch im Anzug, schon hibbelig machte - sondern eher wegen dem, was passieren würde. Würde unser Plan aufgehen? Oder würden wir mit unserer Einladung das ganze nur noch verschlimmern? War ich dabei meine Freundschaft zu Layla aufs Spiel zu setzten?

Natürlich war ich das. Keine Frage. Die Frage die blieb, war nur, ob sie es verstehen würde.  Früher oder später musste alles rauskommen. Sollte alles rauskommen. Tom und ich - das konnten und wollten wir nicht ewig geheim halten.

"Da wären wir." Gilbert fuhr die lange Auffahrt zum Schloss hinauf. Ich lehnte mich vor und drückte seine Schulter.

"Pünktlich wie eh und je."

Er hielt vor den Treppen zum Eingangsportal. Ein Wachmann trat vor und öffnete mir die Tür. "Vielen Dank, Gilbert", sagte ich noch im Aussteigen.

Gilbert nickte nur und lächelte. "Das ist mein Job, Miss Ashley."

"Trotzdem!"

Er lachte leise auf und nickte mir noch einmal zu. "Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen, Miss Ashley!"

"Da können Sie sich sicher sein." Ich zwinkerte, dann drehte ich mich um und stolzierte die Stufen hinauf. Ich war zur Hälfte oben, als ein Hupen hinter mir mich dazu brachte, mich umzusehen.

"Ash! Huhu!" Layla stieg aus dem Wagen, ihr schlanker Körper steckte in einem pastel-roten bodenlangen Kleid, dessen Saum locker luftig um ihre Knöchel fiel und den Blick auf ein paar golden funkelnde Riemenschuhe freigab.

"Wow, du siehst fantastisch aus!", begrüßte ich sie, als sie zu mir aufschloss.

"Danke! Aber sicher nicht halb so gut wie du!"

Wir umarmten uns kurz, dann gingen wir weiter. Ich musste mein Kleid etwas anheben, um nicht auf den blauen Saum zu treten und als wir oben ankamen musste ich wohl oder übel merken, dass das Treppensteigen wohl doch etwas anstrengender war als erwartet.

Layla schien es nicht anders zu gehen. "Uff, waren das schon immer so viele Stufen?", fragte sie und wischte sich unauffällig über die Stirn.

"Soweit wie ich das mitbekommen habe, ja. Und ich bin nun doch tagtäglich hier. Mir hätte es auffallen müssen."

Tom - Oh Pardon, Prinz Thomas - stand halb verdeckt von dem großen Eingangsportal unter dem Türbogen und sah lächelnd zu uns herüber. Ich hörte Layla neben mir scharf die Luft einziehen und musste mich beherrschen, es ihr nicht nachzutun.

Ich sollte ehrlich mit mir sein: Hatte ich etwas anderes erwartet? Wahrscheinlich nicht,  aber beim Anblick seines weißen Hemdes unter dem dunkelroten Jackett, dass sich über seine Brust spannte und die oben enganliegende, ebenfalls rote Hose in Kombination mit seinen perfekt gestylten Haaren und diesem verschmitzten Grinsen im Gesicht verschlug mir glatt die Sprache. Verdammt, ich hätte doch rot tragen sollen!

Lässig stieß er die Tür auf und kam zu uns herüber. Vor mir hielt er als erstes. "Miss Ashley", sagte er und griff nach meiner Hand. Er gab sich alle Mühe, seine Gefühle zu verstecken, daran, seinen Blick nicht über mein Kleid und einen Moment zu lang über meinen Hals und meine Lippen gleiten zu lassen, scheiterte er jedoch kläglich. Ich grinste und knickste leicht, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen.

"Eure Majestät."

Hatte er etwa gerade geschluckt? Schnell hob er meine Hand an seine Lippen, küsste kurz meine Knöchel und wandte sich dann Layla zu. Oh bitte, halte dich an den Plan!

"Miss Layla! Wie schön, dass Sie die Zeit finden konnten." Auch ihr gab er einen Kuss auf die Finger. Dann richtete er seinen Blick auf ihr Kleid. "Ihr Kleid ist ja fast noch schöner als das von jenem Abend!"

Innerlich schlug ich mir die Hand vor die Stirn.

"Vielen Dank", kicherte Layla leicht übertrieben, dann fielen ihr die Benimmregeln wieder ein und sie knickste etwas unbeholfen. "Eure Majestät."

To- Prinz Thomas lächelte, drehte sich schließlich um und bedeutete uns, ihm zu folgen. "Kommen Sie, die Damen. Sie werden bereits sehnlichst erwartet."

Er hielt uns seinen Arm hin und links und rechts hackten wir uns bei ihm ein, betraten dann das Schloss und er führte uns durch die Gänge.

Und die Nachtigall singt | Tom Holland ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt