Zwietracht I

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Drei Wochen lang verbrachte Lloyd nur in seinem Palast, humpelte in der Eingangshalle auf und ab und weigerte sich strickt, den Gehstock, den Elliot ihm gegeben hatte, zu benutzen.

Nur in der ersten Woche hatte er sich kaum bewegt. Nachdem das Schmerzmittel, das Murasaki ihm gegeben hatte, seine Wirkung verloren hatte, hatte er sein Bein nicht mehr belasten können, ohne dass es ihm Tränen in die Augen getrieben hatte und er am Boden zusammengebrochen war.

In der zweiten Woche hatte er begonnen, sich halb humpelnd, halb hüpfend durch seinen Palast zu bewegen. Elliots besorgten Blick hatte er ausgeblendet.

In der dritten Woche hatte er sich fast an das Humpeln gewöhnt. Sein Bein gab nicht länger immer unter seinem Gewicht nach, nur noch die meiste Zeit. Aber obwohl Elliot ihm mehrfach eindringlich gebeten hatte, einen Gehstock zu nutzen, hatte Lloyd stets abgelehnt.

Lloyd hatte den Stock nur kurz in seiner Hand gewogen. Er war leichter als ein Schwert, der Stab mit schwarzem Leder überzogen und der silbrig glänzende Knauf geformt wie ein Drachenkopf, das Maul weit aufgerissen, um jederzeit zuschnappen zu können.

Doch nach der kurzen Betrachtung hatte er ihn in eine Ecke seines Zimmers gestellt und gemeint: „Ich brauche ihn nicht." Falscher hätte er nicht liegen können. Denn, obwohl er stetig und tagelang versuchte, normal zu gehen, verbesserte sich das Humpeln nicht und wurde sogar noch schlimmer, bis zu dem Punkt, dass er sich wieder einige Tage kaum bewegen konnte, weil sein Bein sein Gewicht nicht tragen wollte.

In diesen Wochen rief er mehrfach den Drachen zu sich, damit er ihm Gesellschaft leistete und jedes Mal schickte er ihn wieder fort, weil er doch lieber allein bleiben wollte.

Kyrat hatte sich ihm einmal gezeigt. Er war Sascha unbeschadet entkommen. Nachdem er jedoch mit Lloyd sprechen wollte, aber der Elf von den Reimen nur Kopfschmerzen bekommen und ihn fortgeschickt hatte, war Kyrat ihm ferngeblieben.

Murasaki war, seitdem er ihn zurückgebracht hatte, gänzlich verschwunden und Lloyd störte sich daran kein Stück. Er genoss sogar die Zeit, die er ohne ihn leben konnte. Keine kryptischen Worte, keine Rätsel in jedem Satz, keine Lügen und keine Täuschungen.

Nachdem er sich nun drei Wochen lang in seinem Palast verschanzt hatte, wurden ihm die Wände immer enger und die Decke immer niedriger, sodass er es letztlich nicht länger aushielt. Er holte den Gehstock aus der Ecke und verließ auf ihn gestützt den Palast, um durch den Berg zu streifen.

Schwer waren die Schritte, keine Leichtigkeit begleitete sie. Seine Brauen schoben sich zusammen. So sehr er auch versuchte, jemand anderen für die Verletzung verantwortlich zu machen, er konnte es nicht. Weder Kyrat, den er auf dem Ball gesucht hatte, noch Murasaki, der ihm die Einladung gebracht hatte, trug die Schuld. Nicht einmal Sascha, der ihm die Lanze ins Knie gerammt hatte, konnte er die Verantwortung zu schieben.

Er selbst hatte den Fehler begangen, war unvorsichtig gewesen und diese Unbedachtheit hatte ihn sein Bein gekostet.

Gedankenverloren humpelte er durch den Berg. Der Teppich verschluckte seine Schritte und auch das Klacken des Gehstockes. Trotz der Stütze fuhr bei jeder falschen Belastung Schmerz durch das Bein. Doch das brachte ihn nur dazu, die Zähne zusammenzubeißen und schneller zu humpeln.

„Laurent, Laurent, wir können doch über alles reden", hallte eine Stimme durch den Korridor. Lloyd stockte und sein Blick verfinsterte sich. Das war Murasakis Stimme.

Die drei Wochen, in denen er den Erzähler nicht gesehen hatte, hatte er ihn nicht vermisst und nun war es für ihn verlockend, einfach umzukehren, damit er Murasaki nicht über den Weg lief. Aber Neugierde packte ihn. Mit wem sprach Murasaki? Und worum ging es?

A King's TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt