Früher als Lloyd erwartet hatte, erwachte er wieder. Diesmal war er nicht wochenlang im Nichts gewesen und nicht gestorben. Murasaki hatte ihn gerettet.
Er wollte sich aufrichten, aber der Schmerz in seinem Oberkörper ließ ihn wieder in sich zusammensacken. Bandagen waren ihm um die Brust gewickelt und verdeckten die Wunden, die entstanden waren, als sich die Pfeile in seine Haut gebohrt hatten.
Seine Verletzungen zwangen ihn eigentlich, weiterhin im Bett liegen zu bleiben, aber er wagte trotzdem einen weiteren Versuch, sich aufzurichten. Allein schon, weil er wissen wollte, wo er sich befand.
Doch ein Blick durch den Raum verriet ihm gar nichts, außer dass sich seine Augen noch weiter verschlechtert hatten. Er hob eine Hand vor sein Gesicht, aber selbst sie, obwohl seine Haut weiß wie Schnee war, konnte er nur mit größter Anstrengung erahnen.
Ein leises Knarren ertönte, als sich eine Tür öffnete. Das Geräusch riss ihn von seiner Hand los und er sah in die Richtung, aber die Umrisse, die er sehen konnte, waren zu schwach, als dass er erkennen konnte, wer eingetreten war.
„Mein König, Ihr seid erwacht." Mit schnellen Schritten kam Elliot zu ihm. Das Bett knarzte leise und senkte sich leicht ab, als er sich zu dem Elfen setzte.
„Bin ich", murmelte Lloyd und versuchte aufzustehen, aber der Drache hielt ihn zurück.
„Ihr solltet Euch noch schonen", sagte Elliot." Ihr seid erst seit wenigen Stunden zurück hier."
Lloyd schnaubte zwar, aber er konnte sich nicht gegen die Fürsorge des Drachen wehren. „Wo ist Murasaki?", fragte er.
„Wer?"
„Der Erzähler, lila Haare, lila Robe, Ketten an den Stiefeln." Als er das Aussehen beschrieb, fragte er sich für den Bruchteil einer Sekunde, ob Murasaki einen tieferen Sinn mit dieser Aufmachung verfolgte oder ob er einfach nur sicherstellen wollte, dass sich jeder an ihn erinnerte.
„Ihn meint Ihr." Elliot erkannte, wen Lloyd beschrieben hatte. „Er brachte Euch nur hierher und verließ danach das Zimmer. Ich weiß nicht, ob er immer noch im Berg ist."
Lloyd seufzte. Dann war Murasaki tatsächlich gegangen, wie er es angekündigt hatte. „In Ordnung", murmelte er, legte sich zurück in das Bett und zog sich die Decke bis unters Kinn. „Du darfst wieder gehen."
Elliots Nicken sah er nicht, aber er hörte: „Wie Ihr wünscht, mein König." Seine Schritte entfernten sich aus dem Raum und ein Klicken ertönte, als die Tür hinter dem Drachen ins Schloss fiel.
Keinen Augenblick später schob Lloyd die Decke von sich und stand auf. Er humpelte durch den Raum, riss seinen Schrank auf und griff wahllos eine Robe heraus, die er sich sofort überstreifte. Rot, mit goldenen Ornamenten an Kragen, Ärmeln und Saum. In Weiß, das in dem richtigen Licht golden und orange schimmerte, war ein Phönix auf die Schulter gestickt.
Doch Lloyd sah weder Farbe noch Muster. Er brauchte nur Kleidung, um den Drachen gegenüber treten und die Wunden verbergen zu können.
Auf der Suche nach seinem Gehstock humpelte er durch sein Zimmer, bis er bemerkte, dass er ihn im Turm der Dunkelelfen zurückgelassen hatte. Und selbst wenn er sich im Raum befunden hätte, wäre es mit dem kaum vorhandenen Augenlicht eine Qual, ihn zu finden.
Er gab die Suche auf, da sie ohnehin keinen Zweck hatte und verließ ohne Gehstock das Zimmer. Auch in der Eingangshalle lichtete sich die Finsternis trotz der abertausenden strahlenden Kristalle kaum.
Nichtsdestoweniger fand er schnell die Tür– stolperte nur ein einziges Mal über eine Falte im Teppich – und trat aus seinem Palast in den Korridor.
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A King's Tale
FantasíaAls der Halbelf Lloyd für einen Auftrag in den Norden geschickt wird, ahnt er noch nicht, was er damit lostritt und welche Reise er bestreiten muss. Die Menschen sind die Bösen und die Elfen die Guten, so hatte er es gelernt, seit er ein Kind war. D...