So vergingen Stunden. Stunden, in denen Lloyd apathisch auf einem Sessel saß. In der Hand eine Tasse Tee, die der Erzähler unberührt wechselte, sobald sie erkaltet war.
In diesen Stunden hatte der Erzähler das Stück Teppich, auf dem sich Lloyd übergeben hatte, herausgeschnitten und vor die Tür geworfen. Er hatte seine Robe gewechselt und saß lange Zeit mit einem Buch in einem Sessel vor dem Elfen und las. Nur wenn der Tee aufgehört hatte zu dampfen, stand er auf, um ihm eine neue Tasse zu geben.
Sobald Lloyd stumme Tränen weinte, sah der Erzähler von seinem Buch auf und trocknete mit einem Taschentuch dessen Wangen.
Doch irgendwann versiegten die Tränen und sein Blick klärte sich. Zum ersten Mal seit Stunden schien er das Haus um sich herum wahrzunehmen. Der Raum, in dem er sich befand, war ein Wohnzimmer, glich mit den hohen Regalen aber eher einer Bibliothek.
Er sah auf die Tasse in seinen Händen. Sie war nur halbgefüllt. Die Flüssigkeit schwappte hin und her, weil seine Hände nicht aufhören wollten zu zittern.
Sein Blick schweifte auf dem Teppich entlang, bis er auf dunkle Stiefel traf. In Verschlüssen waren silberne Ketten daran befestigt. Keine Zierde. Ein Gefängnis.
Er konnte den Blick des Erzählers auf sich spüren, doch er wagte es nicht, ihn zu erwidern. Ein Blitz zuckte durch seine Gedanken. So grell, dass Lloyd für einen kurzen Augenblick Kopfschmerzen bekam.
Argon und Cahlia.
„Sie sind im Verlies", sagte der Erzähler. Er klappte das Buch, das er zu lesen vorgab, zu und stand auf, um es an seinen Platz in dem Regal zurückzustellen. „Noch bevor sie die Katakomben betreten hatten, wurden sie in der Ruine gefunden."
Lloyd sah zu ihm und verfolgte ihn, während dieser durch den Raum ging und sich wieder auf dem Sessel niederließ. Ein metallisches Klirren ertönte, als er seine Beine überschlug.
„Ich muss sie retten." Er flüsterte. Trotzdem kratzten diese Worte in seinem Hals.
Stumm musterte der Erzähler ihn. Lloyd wich dem goldenen Blick aus und sah zurück zu seiner Tasse.
„Das eilt nicht. Für die Morde werden nicht sie sondern Ihr verantwortlich gemacht. Eure Verbündeten werden lediglich verhört und wenn das beendet wird, dann werden Verhandlungen mit Leandras abgehalten. Cahlia ist schließlich seine Tochter. Die Menschen hier werden ein hohes Lösegeld für sie verlangen können. Und Euren Vater werden sie versuchen, zu Eurer Auslieferung zu bewegen."
Lloyd nickte. Langsam kroch ihm ein Schauer über den Rücken. Der Erzähler wusste mehr, als er eigentlich wissen sollte.
Doch dann schüttelte er den Kopf. Es gab keinen Grund einfach auf ihn zu hören. Es könnte kein Funken Wahrheit in seinen Worten stecken.
„Ich", begann Lloyd seinen Satz, doch das Öffnen einer Tür unterbrach ihn. In dem Flur kam Kyrat zum Vorschein, der die Tür mit einem lauten Knall wieder ins Schloss fallen ließ. Seine Kleidung war durchnässt. Er hinterließ Tropfen auf dem Teppich und seine Stiefel quietschten, während er durch den Raum ging.
Sein Blick fiel zuerst auf das Loch in dem Teppich. Dorthin, wo der Erzähler Lloyds Erbrochenes herausgeschnitten hatte. Dann sah er kurz zu dem Elfen. Doch als er den Erzähler sah verdunkelte sich sein Blick. Jeden anderen hätten die Funken in den Augen sofort umgebracht.
„Oje, Kyrat", sagte der Erzähler gespielt überrascht. „Was ist dir denn zugestoßen?" Alle Fürsorge oder Wärme hatte die Stimme verlassen.
Der Junge antwortete nicht. Er nahm nur seinen Zylinder von seinem Kopf und schleuderte ihn dem Erzähler entgegen. Dieser aber fing ihn ohne Schwierigkeiten auf und legte ihn neben sich auf den Boden.
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A King's Tale
FantasíaAls der Halbelf Lloyd für einen Auftrag in den Norden geschickt wird, ahnt er noch nicht, was er damit lostritt und welche Reise er bestreiten muss. Die Menschen sind die Bösen und die Elfen die Guten, so hatte er es gelernt, seit er ein Kind war. D...