Fortsetzung zu 5

141 7 1
                                    

,,Hey, sei nicht böse, bitte!", bettelte ich, machte große Augen und eine Schmolllippe.
,,Hermine Granger", feixte er, ,,ich bin dir nicht böse. Es ist alles gut. Wenn du lieber bei Ron und Harry sein willst..."
Ich wusste, dass er mich nur provozierte, doch trotzdem klappte es.
,,Sag sowas nicht! Das... Man kann euch noch gar nicht vergleichen", rief ich.
,,Nein?"
,,Nein."
,,Und wieso nicht, wenn ich fragen darf?"
,,Weil..." Ja, gute Frage. Wieso eigentlich nicht? Harry und Ron waren meine besten Freunde, und Draco war... Keine Ahnung, was Draco war.
Er legte den Kopf schief und grinste mich an. Ich merkte schnell, dass er es wirklich wissen wollte, diesen Wissensdurst allerdings spielerisch verpackte.
,,Weil?"
,,Bin mir nicht sicher", antwortete ich schlicht, um ihn aus seinem Versteck zu locken. Es klappte schnell.
,,Jetzt komm schon, sag es einfach", bemerkte er ernst.
Ich lachte nur und stand von ihm auf. ,,Tschüss, du Slytherinprinz."
,,Tschüss, ungekrönte Gryffindorprinzessin."
Kurz vor der Tür bückte ich mich nochmal nach einem Kissen und warf es nach ihm. Ich war mir nicht sicher, wie es dort gelandet war.
Nach einem kurzen Blick zurück riss ich die Tür auf und schlüpfte hindurch.

Der Korridor war zum Glück genauso ausgestorben wie zu Beginn unseres Treffens. Während ich durch die Schule hastete, lauschte ich angespannt, ob vom Spielfeld noch Lärm zu mir herüber drang, doch selbst wenn das Spiel noch nicht zu Ende wäre, würde ich es ab diesem Abschnitt noch nicht hören können.
Nach einer Weile empfing mich ohrenbetäubender Jubel. Ich horchte genau hin, doch ich konnte nicht erkennen, ob er von den Gryffindors oder Slytherins kam.
Als ich endlich das Feld betrat, begrüßten mich ein strahlend blauer Himmel und das leichte Kitzeln der schon hoch stehenden Sonne. Ich atmete genussvoll die warme Sommerluft ein und lief die Tribünen nach oben. Nach einer Weile suchen entdeckte ich endlich Lunas blonden Haarschopf und ihren brüllenden Löwenhut, der jedem im Umkreis von fünf Kilometern klarmachte, welches Haus sie unterstützte. Neben ihr stand Neville und hatte seine Hand um ihre gelegt. Es war wahnsinnig niedlich.
,,Hey, Leute", unterbrach ich die beiden wohl oder übel.
,,Hallo", sagten Neville und Luna gleichzeitig. Der Löwe gab ein erschreckendes Brüllen von sich. Ich zuckte leicht zusammen.
,,Du kommst jetzt erst, oder?", fragte Luna mit ihren blauen, durchschauenden Glubschaugen. Verdammt.
,,Ja, ich... ähm...", stotterte ich und kratzte mich am Hinterkopf, ,,ich war noch... beschäftigt." Hätte Draco das gehört, hätte er nun unangebracht gegrinst.
Apropos Draco, was machte er jetzt eigentlich? Er war doch Sucher der Slytherins, doch als ich mich weiter über das Geländer lehnte, erkannte ich Blaise' dunklen Haarschopf und nicht die weißblonde Pracht. Wie hatte er es hinbekommen, alles so früh abzusagen? Hatte er gewusst, dass er mich heute rumkriegen und keine Zeit für seine Pflichten als Sucher des Quidditchteams von Slytherin haben würde? War ich wirklich so berechenbar?
,,Hermine?", hakte Neville nach und unterbrach meine Gedanken. Luna legte beruhigend eine Hand auf Nevilles Arm.
,,Schau weiter das Spiel, du siehst doch, dass es ihr unangenehm ist, darüber zu reden", beschwichtigte sie ihn. Neville wandte sich schulterzuckend wieder dem Geschehen auf dem Feld zu. Ich schenkte Luna ein dankbares Lächeln, welches sie sanft erwiderte.
Nach zwanzig Minuten stand es siebzig zu vierzig für Slytherin, und Harry flog immer noch auf und ab, auf der Suche nach dem Schnatz. Blaise schien einen Gedankenblitz gehabt zu haben, denn er flog weit in die Höhe mit seinem Besen, blieb dort eine Weile und sauste dann gerade Richtung Boden. Zirka fünf Meter davor riss er den Besen wieder nach oben; so gute Reflexe wie Harry besaß niemand in Hogwarts. Augenblicklich wurde ich stolz auf meinen besten Freund.
Doch es sah nicht gut für Harry aus; er flog noch immer merkwürdig planlos auf und ab. Blaise hatte den Schnatz gesichtet, er sauste etwas kleinem, goldenen hinterher und kam gefährlich nah an das Etwas heran. Was war nur los mit Harry? Er war einer der besten Sucher, den Hogwarts je gesehen hatte. Irgendwas stimmte doch hier nicht. Es war ähnlich wie in unserem ersten Jahr, in dem, wie sich anschließend herausstellte, Quirrel Harrys Besen verhext hatte.
Natürlich! Inzwischen wusste ich, wie man so etwas in den Griff bekam. Und das, was Harrys Besen da kontrollierte, musste derselbe Zauber wie der von damals sein. Ich zückte meinen Zauberstab, hielt ihn auf Harry gerichtet und murmelte eine brauchbare Formel. Innerhalb von Sekunden war alles wieder in Ordnung. Harry riss seinen Feuerblitz herum und stürzte Hals über Kopf in die  Tiefe, in der Hoffnung, vor Blaise beim Schnatz zu sein... doch es schien hoffnungslos.
Blaise streckte seinen Arm nach der goldenen Kugel aus und hatte sie nach einigen, atemraubenden Momenten fest im Griff.
In meinem Magen breitete sich ein seltsames Gefühl der Schuld aus, als ich sah, dass sie Gryffindormannschaft, einschließlich Harry und Ginny, die sich danach umarmten, mit hängendem Kopf zu Boden sank und von ihren Besen hinunter stieg.

Die EinzigeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt