18.

2.3K 77 4
                                    


Marten erzählte gerade ausführlich von seiner gestrigen Nacht auf dem Kiez. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Zum einen war dieses Gespräch wohl eher an John gerichtet und zum anderen verstörten mich seine Erzählungen dezent. Ich hatte keine Ahnung, was Marten beruflich machte oder was er sonst so trieb, aber das was ich erfahren hatte, klang schon ziemlich ‚speziell'. Stripclubs, Schlägereien, Polizei. Das waren zusammengefasst die Ereignisse seiner gestrigen Nacht.

„Die konnten mir aber nichts nachweisen und mussten mich laufen lassen."

Die beiden Männer lachten kurz auf und Marten fuhr fort.

„War aber alles halb so wild. Wenn die Stress machen, sind die selbst schuld. Haben's verdient, auf die Fresse zu bekommen."

John bemerkte meinen skeptischen Gesichtsausdruck und begann zu grinsen.

„Und wegen sowas sollten sich kleine Mädchen wie du nicht alleine auf dem Kiez rumtreiben."

„Ich bin kein kleines Mädchen.", protestierte ich mit angriffslustiger Stimme.

„Dann halt ‚junge Frauen'. Klein bist du aber trotzdem."

Ich verschränkte meine Arme und warf meinem Bruder einen bösen Blick zu.

„Ich bin durchschnittlich groß. Nur weil ihr alle so abnormal groß seid, braucht ihr euch nicht über normal große Menschen lustig zu machen."

John zog schmunzelnd die Augenbrauen nach oben, während Marten nur vor sich hin grinste.

„Keiner sonst in unserer Familie ist so klein, oder?", richtete sich mein Bruder an Marten.

Dieser musste kurz überlegen, schüttelte dann aber auch den Kopf.

„Nee, auch keine von den Frauen."

In meinem Kopf bildeten sich dutzende Fragezeichen. Was hatte Marten mit ‚unserer' Familie zu tun?

„Wie meinst du das?", fragte ich daher an Marten gewandt nach.

„Na, alle sind größer als du Zwerg."

Ich verstand gar nichts mehr.

„Häh?"

Nun schaute ich zu John, der endlich begriff, was mich so verwirrte.

„Ich vergess immer, dass du keinen Plan von 187 hast. Marten ist mein Cousin. Deiner natürlich auch."

Sprachlos blieb ich stehen.

„Bitte was?"

John und Marten, die ein paar Schritte weiter gegangen waren, drehten sich zu mir um.

„Dein Cousin. Wusstest du das bis eben nicht, oder was?"

Marten war genauso irritiert, allerdings nicht über die Tatsache, dass wir verwandt waren, sondern über meine Unwissenheit.

„Unser Vater war der Bruder seiner Mutter.", klärte John mich auf.

Dazu fiel mir nichts mehr ein.

„Warum sagst du mir das nicht früher?"

John zuckte mit den Schultern, so als wüsste er keine Antwort auf meine Frage.

„Sonst wissen das immer alle direkt. Ich bin's halt nicht gewohnt, dass jemand keine Ahnung von meinem Leben hat."

„Ich weiß nur das, was du mir erzählt hast."

Er und Marten tauschten Blicke und ich verstand zum ersten Mal die tiefe Verbundenheit der beiden.

Marten lief die paar Schritte zu mir zurück und legte mir einen Arm um die Schultern.

Long Long Way (Bonez MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt