John und ich hatten nach unserem Gespräch noch einige Minuten schweigend dagesessen. Ich genoss die Stille. Johns pure Anwesenheit gab mir ein Gefühl von Schutz und Geborgenheit. Nach einiger Zeit war John einfach mit mir auf dem Arm aufgestanden und in sein Schlafzimmer gegangen. Trotz kurzem Protest meinerseits, hatte er mich unter seine Decke gesteckt, ehe er schnell die andere Decke aus dem Wohnzimmer geholt hatte.
Nun wälzte er sich seit einer geschlagenen halben Stunde hin und her. Ich lag ruhig in der anderen Hälfte des Bettes und starrte die Wand an. Wir fanden beide keinen Schlaf.
„Ach verdammt. Jetzt sehe ich das die ganze Zeit vor meinen Augen.", knurrte mein Bruder in die Dunkelheit hinein.
„Jetzt weißt du, wie es mir immer geht.", gab ich schlicht zurück.
Die Decke raschelte erneut. Ich lag auf der Seite und hatte meinem Bruder den Rücken zugewandt.
„Was 'ne Scheiße."
Mein Bruder rutschte näher zu mir ran und zog mich von hinten an seine Brust. Ich spürte, wie er sein Gesicht in meinen Haaren vergrub und tief einatmete. Vermutlich suchte er gerade genauso sehr Halt, wie er ihn mir eben nach dem Gespräch gegeben hatte. Ich nahm seine Umarmung einfach hin. John hatte einen Arm um mich gelegt und drückte mich sachte an sich. Ich schob meine Hand vorsichtig unter seine riesige Pranke, woraufhin er meine Hand sofort mit seiner umschloss.
Wenige Minuten später konnte ich Johns gleichmäßigen Atem an meinem Ohr spüren. Er hielt mich immer noch fest umschlungen, so als wollte er mich vor allen Gefahren auf dieser Welt beschützen. Wenigstens hatte er es geschafft, noch einmal einzuschlafen. Mir gelang dies leider nicht mehr. Trotzdem genoss ich die Nähe zu meinem Bruder. Es war ein Moment, den ich mir niemals erträumt hätte. Dass John eine solche Nähe überhaupt zuließ und sogar selbst suchte, damit hätte ich bis vor einigen Tagen noch nicht mal im Traum gerechnet.
Der nächste Tag brachte zum Glück etwas mehr Ruhe. John und ich gingen vormittags eine große Runde mit Skittlez und schauten auf dem Rückweg kurz im 187 Ink vorbei. Während John neue Merchartikel sortierte, sah ich mir interessiert einige Tattoovorlagen an.
„Interessiert?", fragte mich Track, als er mich mit den Mappen sah.
„Sieht alles ganz gut aus, aber ich hab mega Angst vor Nadeln. Ich wüsste auch gar nicht, wofür ich mich entscheiden sollte. Solche Entscheidungen zu treffen, ist nicht gerade meine Stärke."
Track lächelte und schaute über meine Schulter mit in die Mappen.
„Falls du doch mal ein Tattoo willst, kommst du aber zu uns, ja?"
„Klar. Das verspreche ich dir."
John kam gerade aus den hinteren Räumen auf uns zu und beäugte die Szene argwöhnisch.
„Lass dir ja nichts andrehen, Jara. Egal wie gut die hier im Laden sind."
Ich verdrehte die Augen. Mein Bruder hatte unzählige Tattoos und bekam Panik, nur weil ich mir Vorlagen ansah?
„Entspann dich, davor hab ich viel zu viel Angst. Ich hab nur geschaut, ehrlich."
Vor dem 187 Ink trafen wir wieder auf ein paar Fans. Hier in der Gegend wurde mein Bruder echt alle paar Meter von irgendwem erkannt, die meisten trauten sich jedoch nicht, ihn anzusprechen.
„Oh mein Gott, Bonez.", japste eine junge Frau ungläubig und konnte ihr Glück kaum fassen.
John setzte eine professionelle Miene auf und unterhielt sich kurz mit seinen Fans. Mir hatte er, ohne nachzudenken, Skittlez Leine in die Hand gedrückt. Der Vierbeiner stand hechelnd neben mir und bekam fast genauso viel Aufmerksamkeit, wie John selbst. Ich hielt ihn so gut es ging auf Abstand, was mir nur schwer gelang.
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Long Long Way (Bonez MC)
FanfictionJohns Augen huschten hin und her, als er mein Gesicht musterte. „Und du willst jetzt einfach so wieder abhauen? Ich meine, du hast gerade erfahren, dass du noch Geschwister hast. Ich würde schon gerne wissen, wie du so bist. Ist dir das wirklich all...