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Ich hoffe, ihr hattet, trotz Coronachaos, alle ein paar schöne Ostertage :) Wir nähern uns hier so langsam dem Ende. Nach diesem Kapitel wird noch ein allerletztes Kapitel kommen, dann ist diese Geschichte erst einmal zu Ende. Viel Spaß beim Lesen :)


Jonas hatte uns und die restlichen Jungs für den heutigen Abend zum Grillen eingeladen. Obwohl es Oktober war und die Grillsaison eigentlich längst vorbei war, hatten alle freudig zugestimmt. Es war mein letzter Abend hier in Hamburg. Morgen um 14:20 Uhr würde ich mit der Bahn zurück nach Frankfurt fahren. Immerhin musste ich am Montag wieder arbeiten.

Tatsächlich freute ich mich auf die Arbeit. Ich vermisste meine Kolleginnen Amira, Carina und Hannah sowie meinen Kollegen Hannes schrecklich. Die Kinder fehlten mir ebenso und obwohl der Urlaub mir gut getan hatte, sehnte ich mich nach meinem gewohnten Alltag. Ich ging gerne zur Arbeit und liebte die Herausforderungen, die mein Job meist mit sich brachte.

Mein Bruder und ich bemühten uns sehr, dass wieder alles gut zwischen uns lief. Es war nicht wie vorher, aber daran würden wir weiterhin arbeiten. Ich konnte nicht von 0 wieder direkt auf 100 gehen und das musste John akzeptieren.


„Halt die Schüssel ja fest! Wehe, es verirrt sich auch nur eine Nudel auf die Sitze."

Ich hatte heute Mittag noch schnell einen Nudelsalat zubereitet, der nun in einer großen Schüssel auf meinen Oberschenkeln stand. Marten fuhr mal wieder wie ein Irrer, aber daran hatte ich mich fast schon gewöhnt.

„Wenn du fahren würdest wie ein normaler Mensch, wäre es sicher leichter. Aber ich gebe mir große Mühe.", konterte ich meinem Cousin und bemühte mich, die Schüssel möglichst ruhig zu halten.

War ja typisch, dass er sich mal wieder nur um sein Auto sorgte.

„Und falls doch was daneben geht, kannst du die Rechnung der Reinigung bestimmt an John ausstellen."

Marten warf mir durch den Rückspiegel einen belustigten Blick zu, während mein Bruder nur den Kopf über mich schüttelte.

Zu Martens Fahrstil gehörte im Übrigen auch das wahllose Parken dort, wo gerade Platz war. Es war ihm egal, dass er mitten im Halteverbot stand. Schien ein Privileg der Protzautos zu sein, dass sie einfach überall abgestellt wurden und Marten seltsamerweise nie abgeschleppt wurde.


„Schön, dass ihr da seid. Kommt rein, Jonas und die anderen stehen schon am Grill."

Eine blonde Frau hatte uns die Tür geöffnet und begrüßte John und Marten freudig mit einer kurzen Umarmung.

„Du musst Johns Schwester sein, richtig? Ich bin Lisa, Jonas Verlobte."

„Genau. Jara, hi."

„Komm, ich nehm dir die Schüssel ab. Super, dass du noch einen Salat mitgebracht hast. Von den Jungs brauche ich sowas gar nicht erst zu erwarten."

Wir gingen gemeinsam in die Küche und anschließend ins Wohnzimmer. Ich half Lisa, Geschirr und Besteck zurechtzulegen. Da es draußen schon dunkel und recht kühl war, wollten wir später im Wohnzimmer am großen Esstisch essen.

„Sind das eure Töchter?", fragte ich Lisa und deutete auf ein paar Bilder, die an der Wand hingen.

„Ja, das sind Malina und Emilia. Die beiden sind heute aber bei Oma und Opa."

Schnell kamen wir auf das Thema Kinder. Lisa interessierte sich sehr für meine Arbeit und ich erzählte ihr so einige Geschichten, die ich mit den Kindern auf der Arbeit schon erlebt hatte.

Die Männer standen währenddessen klischeehaft mit einem Bier in der Hand um den Grill herum und starrten gebannt auf das Fleisch.


Der Abend war wirklich lustig. Ich genoss es sehr und fühlte mich wohl in der Runde. In den letzten Tagen waren mir die Freunde meines Bruders doch sehr ans Herz gewachsen, auch wenn ich das anfangs nicht unbedingt erwartete hätte.

„Wann fährst du morgen eigentlich?", fragte Marten, der mir quer gegenüber saß.

„Kurz nach zwei. Dann bin ich gegen 19 Uhr zu Hause und kann den Abend noch mit meiner WG verbringen. Montag muss ich dann wieder früh raus."

„Schade eigentlich." Jonas grinste schief. „Ich hatte mich echt schon daran gewöhnt, dass du bei John rumhängst."

Lächelnd schaute ich zu Jonas rüber und freute mich ehrlich, dass er und die anderen mich so schnell und so gut bei sich aufgenommen hatten.

„Ich komme sicher mal wieder, wenn's okay ist."

John schnippte mir spaßeshalber gegen den Kopf, als er meinen fragenden Blick bemerkte.

„Laber keinen Mist. Du kannst jederzeit her kommen und so lange bleiben, wie du willst. Das erwarte ich sogar."

Glücklich über seine Worte wandte ich mich wieder Jonas zu.

„Ich muss halt nur schauen, wann ich Urlaub habe. Erst wieder Anfang Dezember, glaube ich."

„Hast du Weihnachten frei?"

Ich nickte und Johns Mund verzog sich augenblicklich zu einem Lächeln.

„Hast du schon was vor oder willst du hier bei uns feiern? Ich habe am 23. Dezember auch noch Geburtstag und da gibt's die Weihnachtstage rum immer viel zu feiern."

Ich musste ebenfalls lächeln, bei dem Gedanken, Weihnachten mal wieder mit der eigenen Familie zu verbringen. Die letzten Jahre hatte ich entweder gearbeitet oder mit Freunden gefeiert. Mit meiner richtigen Familie hatte ich Weihnachten zuletzt vor sechs Jahren verbracht. Und selbst das war kein schönes Weihnachten gewesen. Seit Papas Tod waren die Feiertage keine fröhlichen Tage mehr gewesen, sondern trostlose und traurige Tage. Zu gerne würde ich dies wieder ändern und ein schönes Weihnachtsfest erleben.

„Ich würde sehr gerne kommen. Ich habe vom 22. bis zum 27. Dezember frei, weil ich dieses Jahr Silvester übernehme."

„Perfekt! Dann ist das hiermit beschlossene Sache.", rief mein Bruder erfreut aus und auch die anderen brüllten uns freudig ihre Zustimmung entgegen.

„Vielleicht schaffst du es ja vorher noch mal hier her. Dann können wir schauen, wie wir es mit dem Rest der Familie machen. Die wirst du an Weihnachten dann ja unweigerlich kennenlernen."

Mein Bruder, der neben mir saß, hatte sich etwas zu mir rüber gelehnt. Die anderen waren schon beim nächsten Thema, über das sie nun lautstark diskutierten.

„Ich weiß. Aber ich würde Weihnachten wirklich gerne hier mit dir feiern. Irgendwie wird das schon funktionieren."

Ich war wirklich zuversichtlich. Solange Johns Familie mich akzeptierte und mich unvoreingenommen bei sich aufnahm, könnte auch ich mich darauf einlassen. Allein der Gedanke daran stimmte mich glücklich.


Der Abend ging noch sehr lange. Um kurz vor vier Uhr früh hielt das Taxi vor Johns Wohnung, denn Fahren konnte heute beim besten Willen keiner mehr. Selbst Marten hatte sich ein Taxi genommen und das sollte schon etwas bedeuten.

„Schlaf heute gleich bei mir. Du hast letzte Nacht schon kein Auge zugemacht, heh? Sonst bist du morgen völlig fertig."

Mein Bruder hatte Recht. Ich war wirklich müde und konnte den Schlaf gut gebrauchen. Obwohl ich heute Nachmittag ein kurzes Nickerchen gemacht hatte, fühlte ich mich ziemlich gerädert.

Es war also kein Wunder, dass ich bereits nach wenigen Sekunden eingeschlafen war. Ich bekam nicht einmal mehr mit, wie John mich zudeckte, da ich selbst zu faul gewesen war, meine Decke aus dem Wohnzimmer zu holen.

Long Long Way (Bonez MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt