Part 22

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Ich entschuldige mich, ich vergesse in letzter Zeit öfters ein Kapitel hochzuladen...

Ich glaube, mir würde es besser gehen, denn wenn ich mich jetzt bei meiner Familie melde, würde ich jetzt Heimweh bekommen. Heimweh ist eine Sache, die mich auch schon mein ganzes Leben begleitet. Ich verfluche dieses Gefühl. Aber es ist da. Es ist in Kindertagen schon so weit gekommen, dass man mich um halb zwei nachts bei einer Freundin abholen musste. Und das zweimal. Bis heute hat sie sich nicht wirklich gelegt. Es dauert immer erst einige Tage und Nächte, bis ich eine Nacht durchschlafen kann. In der sechsten Klasse waren wir einmal im Schullandheim, eine Woche. Jeden Abend habe ich mit heulen und lesen verbracht. Außerdem bin ich 17 Mal auf die Toilette gegangen ohne zu müssen. Einfach nur damit ich etwas zu tun hatte. Bis um halb drei früh habe ich gelesen und geheult, bis ich dann immer vor Erschöpfung eingeschlafen. Nur in der letzten Nacht habe ich es mit Lesen geschafft, weil ich wusste, dass es nicht mehr so lange dauert. Auch hatte ich ein unfassbar schlechtes Gewissen, weil ich einen Ohrring verloren habe. Dadurch habe ich nur noch mehr heulen müssen. Natürlich habe ich auch viel gelacht. Zu viert waren wir in einem Zimmer gewesen. Zu dem Zeitpunkt haben wir uns alle gut verstanden. Wir haben mit einem Papierball immer Schweinchen in der Mitte gespielt. Es gab Stockbetten, von denen aus haben wir gespielt, nur leider bin ich einmal aus eben diesem runter gefallen. Es hatte nicht weh getan, aber ich habe gelacht und geheuelt gleichzeitig. Das habe ich davor noch nie erlebt. Davor habe ich auch nie gedacht, dass das überhaupt möglich ist. Jetzt weiß ich's. Irgendwann habe ich dann meinen Schal für nachts umgebunden und bin so ins Bett gegangen. Das hat mich beruhigt. Außerdem, wenn ich wo anders schlafe, behalte ich meine Klamotten vom Tag an, dann habe ich wenigstens ein bisschen was Vertrautes. Aber der Schal hilft trotzdem besser. Fast schon habe ich wie zu der Kette auch zu dem Schal eine emotionale Bindung. Also melde ich mich nicht bei meiner Familie.  Ich bin unglaublich lustlos, das bringt die Melancholie so mit sich. Und dann diese Müdigkeit. Ich fühle mich schlicht und ergreifend scheiße. Am liebsten würde ich einfach heulen. Einfach so. Aber wenn ich damit einmal anfange, kann ich meistens nur noch schlechter aufhören, und ich fühle mich noch schlechter. Da macht es nicht besser, dass ein Duft von Café und Vanille in meine Nase steigt. Dieser Geruch ist enorm schwer, und erdrückend. Das hilft mir gar nicht. Ich weiß nichts mit mir in dieser Stimmung anfangen. Ich würde anderen nur die Stimmung versauen. Das möchte ich weitestgehend verhindern, so langsam aber sicher rutsche ich ins Selbstmitleid. Das führt dazu, dass ich mir nur noch mehr leid tue. Einfach schlimm. Ich lasse mich deprimiert in mein Bett fallen, mit dem Gesicht voran in's Kissen. Mir fällt was ein. Ich gehe zu meinem Koffer, und hole eine Flasche Wein aus diesem. Ich trinke eigentlich nicht. Ich trinke nicht, ich rauche nicht und anderes Zeug nehme ich auch nicht. Den Wein hat mir die Freundin mitgegeben, bei der ich wohne. Sie hat sich nicht davon abbringen lassen, entgegen meinem Protest. Jetzt mache ich ihn auf, und nehme ein Glas. Noch während ich den ersten Schluck zu mir nehme, weiß ich, dass das ein Fehler ist und ich das hier bereuen werde. Aber trotzdem lasse ich es nicht. Ich bin Alkohol nicht gewohnt, das zeigt sich schnell. Aber so frustriert und deprimiert wie ich bin, ist mir das relativ egal. Leider. Ein Glas nach dem anderen ist weg. Ich fühle mich beschissener denn je. Ich bin kurz davor zu heulen. Warum habe ich das getan? Das war eine der beschissensten Ideen, die ich hatte. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Mein Hirn ist total benebelt. Ich beschließe zu Serra und Nora zu gehen. Das stellt sich als nicht so gute Idee heraus, denn ich schwanke deutlich. Ich muss mich an der Wand abstützen, und die Zimmernummer von den Zwillingen habe ich auch vergessen. Perfekt. Ich stehe also ratlos und erschöpft im Flur. Ich starre ins Leere, und habe vergessen, warum ich überhaupt hier bin. "Um Gottes Willen, Hillary, was ist denn mit dir los, geht es dir gut?" Es ist Steff. Mir hat gerade noch gefehlt, das ausgerechnet sie mich in diesem verwahrlosten Zustand sieht. Ich sehe sie mit wenig Ausdruck an, wie sie auf mich zugeeilt kommt. "Nein, alles gut..." sie sieht mich skeptisch an. "Hillary, du hast getrunken!" "Ja, und mir geht es echt beschissen." fauche ich sie an. Sie scheint mir das aber nicht übel zu nehmen. Glücklicherweise. "Du kannst ja nicht einmal alleine stehen! Was hast du denn gemacht, dass du dich so betrunken hast?" Ich zucke mit den Schultern. "Ich hatte einfach keinen Bock..." nuschel ich. "Keinen Bock worauf?" Ich zucke wieder mit den Schultern, welche Steff umfasst um mir in die Augen sehen zu können, denn bisher habe ich es erfolgreich geschafft ihrem Blick auszuweichen. Jetzt muss ich ihr gezwungener Maßen in die Augen sehen. Ich habe Angst, in ihnen Enttäuschung oder Ekel zu lesen, dass ich mich so hatte gehen lassen. Aber alles was in ihren Augen steht ist Besorgnis. Würde sie meine Schultern nicht festhalten, wäre ich vermutlich schon lange zusammen gebrochen. Ich scheine schwer zu werden, denn sie drückt mich etwas gegen die Wand, um ein bisschen meines Gewichts an die Wand zu geben. Ich bin zwar kein Schwergewicht, wirklich nicht, aber trotzdem schwer genug als dass Steff mich mit ausgestreckten Armen hätte halten können. "Hillary, ich kann dich nicht alleine lassen. Ich rufe kurz Yvonne an, die soll mir kurz helfen dich zu stützen. Deine Zimmernummer?" Ich sehe sie schweigend an. Meine Zimmernummer... Abwartend sieht Steff mich an. Hilflos und peinlich berührt zucke ich mit den Schultern. Steff seufzt. Dann holt sie ihr Handy aus der Jackentasche, muss mich dafür aber loslassen. Das nicht erwartend sacke ich nach unten, und bleibe auf dem Boden sitzen. Ich bekomme nur am Rande mit, was Steff in ihr Handy spricht, aber kurze Zeit später kommt Yvonne um die Ecke. Auch das noch. Als ob Steff nicht schon genug wäre, müssen mich jetzt beide so in diesem Zustand sehen. Was denken die jetzt von mir? Als Yvonne mich sieht, bekommt sie große Augen. Sehe ich so schlimm aus? "Hillary- was ist denn mit dir passiert?" Ebenso wie bei Steff sieht man ihr die Besorgnis ins Gesicht geschrieben. "Ich habe sie völlig betrunken auf dem Flur gefunden, und alleine in ihr Zimmer kann sie so nicht." Yvonne nickt, bevor sie sich zu  mir herunter beugt, "Hey, gib mir mal deine Hand." sagt sie ganz sanft und beruhigend. Mit großen Augen sehe ich sie an. Zögerlich lege ich dann eine Hand in ihre. "Und jetzt die andere." Ich mache das, was sie sagt. Sie scheint zu wissen was sie tut. Sie steht auf, hält meine Hände aber immer noch. "So, und jetzt ganz langsam aufstehen." Ich versuche es, aber so wirklich gelingen will es mir nicht. Yvonne hilft nach, doch als ich stehe, wanke ich. Schnell hält Steff mich an der Hüfte fest, sonst wäre ich vermutlich wieder auf dem Boden. Dankbar sehe ich sie an. "Wo ist denn dein Zimmer?" fragt Yvonne ruhig. Doch an meiner Stelle antwortet Steff. "Sie weiß es nicht mehr." "Okay, dann werde ich mal an der Rezeption fragen. Steff, hälst du sie solange?" Steff nickt, während ich ein wenig orientierungslos in die Luft starre. Yvonne wendet sich von uns ab, aber erst als sie sicher ist, das Steff mich wortwörtlich im Griff hat. "Ich will ins Bett..." murmel ich müde.

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