Part 27

276 14 0
                                    

Doch als ich den Inhalt sehe, lass ich ihn geschockt fallen. Blutgetränkte Taschentücher. Mit meinem Blut. Jemand muss die Taschentücher aus dem Müll geholt haben, und sie ironischer Weise sorgfältig wieder zusammen gelegt. Mit geweiteten Pupillen sehe ich die Tücher an. Langsam, ganz langsam und mit ziemlich viel Angst in den Knochen nehme ich den Umschlag wieder in die Hand, und ziehe die Tücher heraus. Außer ihnen befindet sich noch ein Zettel darin. Als ich ihn aufmache, bekomme ich es erst recht mit der Angst zu tun. Halte dich lieber daran, sonst ist sie auch dran. Vielleicht schaust du so einige Serien, aber: Wer Wind säht, wird Sturm ernten. Sie wird Steff das gleiche antun, wenn ich nicht mache was sie sagt. Wer Wind säht, wird Sturm ernten. Das habe ich schoneinmal wo gehört. Und ich weiß auch wo, und in welchem Zusammenhang. Es gibt da diese Serie, K11. Ich habe durch Zufall eine Folge gesehen. Diese trägt den Name 'Wer Wind säht'. In dieser Folge wurden Frauen umgebracht. Eine Profilerin wurde eingesetzt, doch so wirklich ein Profil erstellen konnte sie nicht. Bei den Leichen der Frauen waren Zahlencodes, und wenn man die Zahlen einem Buchstaben des Alphabets zugeordnet hat, kam eine Stelle in der Bibel heraus. Ein Vers, eben diese Worte, wer Wind säht, wird Sturm ernten. Im Endeffekt ging es um Rache, jemand wollte nur die Profilerin bloßstellen und schlussendlich auch töten, weil sie das Leben und die Karriere dieser Person zertsört hat. Rache eben. Ich fange an, nochmehr zu zittern, wenn das noch möglich ist. Langsam bekomme ich Panik, welche ich so schnell wie möglich versuche zu unterdrücken.Was mache ich jetzt? Zu Steff kann ich jetzt schlecht, auch wenn es um sie geht. Eben weil es um sie geht. Aber Rache wofür? Ich muss doch mit irgendjemandem darüber reden... Mir fällt da nur eine Person ein. Yvonne. Fast schon wieder panisch renne ich zur Türe, öffne sie und stürme nach draußen. Mir fällt nur auf einmal auf, dass ich nicht weiß, welches Zimmer Yvonne belegt. Dieses Gefühl lässt Tränen und die absolute Panik in mir aufsteigen. Ich renne immer schneller auf den Fluren des Hotels herum. Ich atme viel zu schnell, rede mit mir selber und zittere. Irgendwann renne ich geradewegs in eine Person rein, die Tränen laufen bereits. Ich habe wieder eine Panikattacke. Bewusst ist mir das nicht. Die Person hält mich an der Schulter fest. "Hillary!" Die Stimme dringt nur schwer und wie durch Watte an mein Ohr. "Nein, ich muss zu Yvonne, ich-" Meine Stimme versagt, sie ist ganz hysterisch. "Hey, Hillary, ich bin doch da!" Erst jetzt realisiere ich, dass das Yvonne ist, in die ich hinein gelaufen bin. "Ich- Yvonn, du- Ich muss zu dir, ich-" stammel ich vor mich hin, immer noch mit viel zu schneller Atmung. "Hillary, beruhig dich, du hast eine Panikattacke!" Yvonnes Stimme ist ganz sanft. Erst jetzt wird mir diese Panikattacke bewusst. Mein Blick klärt sich ein wenig, und ich kann Yvonne nun auch in die sorgenvollen blauen Augen schauen. "Ich bring dich jetzt erst mal auf dein Zimmer, dann erzählst du mir mal, warum du zu mir willst, in Ordnung?"Meine Atmung, die gerade dabei war sich zu verbessern, wird wieder schneller, und panisch sehe ich sie an. "Nein, nicht in mein Zimmer, bitte nicht!" besorgt und fragend sieht sie mich an. "Gut, dann gehen wir in mein Zimmer." Ich weiß gar nicht, wie dankbar ich Yvonne für ihr Verständnis bin. Sie führt mich an den Schultern zu ihrem Zimmer, öffnet da die Türe. Sie drückt mich sanft auf ihr gemachtes Bett, kniet sich dann vor mich, während sie meine Hände hält. "So, du atmest jetzt tief durch, dann erzählst du mir was los ist." Ich nicke langsam, und atme wie von ihr verlangt tief durch. Ich versuche ihr die Situation möglichst ohne Namen zu schildern. Sie sagt nichts, sondern nimmt mich einfach in den Arm. Mir ist immernoch ein wenig schwindelig, wegen meiner vorhin viel zu schnellen Atmung. Erschöpft bin ich auch sehr. Das bringen Panikattacken so mit sich. "Und was soll ich jetzt machen?" Sie sieht mich kurz an. "Hillary, wer war das denn? Ich meine, du trägst Verbände, und ganze Taschentücher voll Blut, dann sind die Verbände definitiv nicht umsonst, und eine Drohung, du musst sagen wer das ist!" Ich schaue sie zweifelnd an. "Aber was ist wenn sie das erfährt und es dadurch nur noch schlimmer wird?" Ich werde immer müder. "Man kann das doch stoppen, aber dafür musst du uns doch sagen, wer da dahinter steckt." Bei dem Wort uns reiße ich die Augen auf. "Nein, du darfst es niemandem sagen, bitte Yvonne!" Im Fernsehen, wenn jemand bedroht wird und es niemandem sagen will, dachte ich mir immer, ich würde ganz anders reagieren und mit jemandem reden, zur Polizei gehen. Aber wenn man selber in der Situtation ist, ist das was ganz anderes. Ich kann diese Angst nachvollziehen. "Wir müssen es wenigstens Stefanie sagen." Ich kann sie nur noch anschauen, bevor mir einfach die Augen zufallen. Noch nie hatte mich eine Panikkattacke so ausgelaugt wie heute. Ich habe schon einige gehabt, aber noch nie hatte sie solche Ausmaße wie heute.

A Talent's VoiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt